Seewölfe - Piraten der Weltmeere 7/I. John Roscoe Craig

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 7/I - John Roscoe Craig


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      Die „Isabella“ war ein wendiges, gut zu segelndes Schiff. Das hatte sich so richtig erst herausgestellt, als sie entladen worden war. Die dreißig Tonnen Silber, die Capitan Romero Valdez im Bauch der „Isabella“ aus der Neuen Welt nach Spanien hatte bringen wollen, hatten das Schiff schwerfällig wie eine Seekuh gemacht.

      Hasards Blick fiel hinüber zur Küste. Unter den Leuten, die an der Hoe Pier standen, glaubte er für einen Augenblick Ben Brighton und Blacky zu erkennen, aber er hatte keine Zeit, genauer hinzuschauen.

      „Verdammt, holt die Schoten dicht!“ schrie er, als die Fock zu flattern begann.

      Bei Ben Brighton wäre das nicht passiert, dachte Hasard grimmig, doch dann nahm die Kriegsgaleone, die den neuen Feind erkannt hatte, seine volle Aufmerksamkeit in Anspruch.

      Der Kapitän der Kriegsgaleone schien die „Isabella“ nicht für voll zu nehmen, denn er feuerte weiter auf die Zitadelle. Die kleine Karavelle allerdings stellte die Bombardierung der Handelsschiffe im Cattewater ein und wandte sich dem Gegner zu.

      Fast tausend Yards lagen zwischen den beiden Schiffen – eine zu große Entfernung, um sichere Treffer anbringen zu können. Dennoch begannen die Geschütze der Karavelle zu feuern. Die erste Breitseite lag gar nicht einmal so schlecht. Zwei Kugeln zischten kurz vor dem Rumpf der „Isabella“ ins Wasser.

      Hasard sah Ferris Tuckers fragenden Blick. Er reagierte nicht darauf. Wenn er Erfolg haben wollte, mußte er das Risiko eingehen, näher an den Feind heranzusegeln. Die Karavelle hatte noch die feuerspeiende Kriegsgaleone als Rükkendeckung. Hasard war auf sich allein gestellt. Die Batterien auf der Zitadelle hatten inzwischen ganz zu feuern aufgehört.

      Um nicht von der Backbordbreitseite der Kriegsgaleone bedroht zu werden, hielt Hasard auf das Heck der Galeone zu. Dadurch gab er sich gegenüber der Karavelle eine Blöße, aber das gehörte zu dem Risiko, das er einging.

      Er merkte, wie seine Männer unruhig wurden, obwohl keiner ein Wort sprach. Er blickte über die Schulter zurück zu den beiden anderen spanischen Kriegsschiffen. Sie hatten es nicht geschafft, in den Hamoaze einzudringen. Die Kanonen von Fort Western King hatten sie zum Rückzug gezwungen.

      Hasard wollte sich gerade wieder umdrehen, als eine gewaltige Explosion eine der beiden Kriegsgaleonen vor Devil’s Point förmlich in Stücke riß. Eine Stichflamme raste in den Himmel. Spieren und Planken flogen durch die Luft. Die Masten zersplitterten, und dann sackte das Heck der Galeone innerhalb von Sekunden ab.

      Die Explosion hatte auch die Spanier auf der Kriegsgaleone vor der Zitadelle in Atem gehalten. Sie hatten das Feuer eingestellt. Hasard wußte, daß der Augenblick der Entscheidung nahte, denn jetzt würde sich die Galeone der „Isabella“ zuwenden, um sie mit ihren Feuerschlünden auf den Grund des Plymouth Sound zu schicken.

      Alles mußte jetzt blitzschnell gehen. Die „Isabella“ mußte ihre erste Breitseite abgefeuert haben, bevor die spanische Kriegsgaleone ihr Segelmanöver beendet hatte.

      An Deck der Karavelle stiegen wieder graue Rauchwolken auf. Der Kanonendonner wehte herüber. Die „Isabella“ erzitterte. Eine Kugel war an Steuerbord in den Bug geschlagen. Ein Zischen ließ Hasards Kopf hochrucken. Er sah das Loch im Großbramsegel.

      Hasard richtete den Blick stur auf die große Galeone. Er konnte und durfte sich jetzt nicht um die Karavelle kümmern. Die sechsunddreißig Geschütze der Kriegsgaleone waren der Feind, den sie ausschalten mußten, wenn sie überleben wollten.

      „Hart Backbord!“ brüllte er, als die Kriegsgaleone langsam herumschwang. Die „Isabella“ beendete ihr Manöver schneller.

      „Feuer!“

      Ein einstimmiger Schrei stieg aus den Kehlen der Männer. Die Spannung machte sich Luft. Das Warten war zu Ende. Jetzt galt es zu kämpfen und zu siegen. Die Kanonen brüllten auf und jagten ihre tödlichen Ladungen dem Feind entgegen.

      Ferris Tucker und Al Conroy trieben die Männer an, die hinter den Kanonen standen und durch den beißenden Qualm nicht erkennen konnten, ob ihre Kugeln ins Ziel gestoßen waren.

      Der Seewolf ließ kein Auge von der Kriegsgaleone. Er hatte die aufsteigenden Pulverwolken am Heck der Galeone gesehen und wartete jeden Moment auf den Einschlag der Kugeln. Doch nichts geschah. Nicht einmal das Eintauchen der Kugeln ins Wasser hatte er gesehen.

      Die Kriegsgaleone schien ihr Manöver unterbrochen zu haben. Hasard kniff die Augen zusammen, um mehr erkennen zu können. Und dann sah er, daß Conroy und Tucker ganze Arbeit geleistet hatten.

      Die Kugeln der „Isabella“ waren ins Zwischendeck eingeschlagen und hatten unter den spanischen Geschützmannschaften gewütet. Die Zähne an der Backbordseite des Kriegsschiffes waren stumpf geworden.

      Die Männer auf der „Isabella“ arbeiteten wie die Verrückten. Hasard schrie ein paar Befehle zu Carberry hinüber, und wenig später schwenkte die „Isabella“ von der Kriegsgaleone fort. Die Männer, die gedacht hatten, sie würden jetzt der Kriegsgaleone den Rest geben, blickten erstaunt zum Quarterdeck hoch. Doch als sie Hasards unbewegliches Gesicht sahen, wußten sie, daß der Seewolf wieder einmal seinem Namen gerecht werden wollte. Er setzte alles auf eine Karte.

      Er wollte die lästige Wespe, die unablässig ihre Kanonen auf die „Isabella“ abfeuerte, ausschalten. Dabei mußte er der Kriegsgaleone seine Backbordseite zeigen, aber Hasard hoffte, daß bei den Dons Zustand herrschte und sie nicht in der Lage waren, ihre Backbordkanonen in Aktion zu bringen.

      Die Karavelle reagierte zu spät. Wahrscheinlich hatte der Capitan nicht damit gerechnet, daß sich der Engländer einfach vom stärkeren Feind abwenden und auf den schwächeren stürzen würde.

      Die Karavelle wollte abdrehen, doch da schlug die „Isabella“ bereits zu. Die Kartuschen schleuderten Stangenkugeln und Langgeschosse zum Spanier hinüber, die die Spieren und die Takelage der Karavelle einfach hinwegfegten. Es sah aus, als sei jemand mit einer riesigen Sense über das Schiff gefahren.

      Nur Sekunden, nachdem die Breitseite abgefeuert war, fuhr die „Isabella“ eine enge Halse. In dieser Zeit schafften es Conroy und Tucker, die Geschütze erneut zu laden.

      Die Männer schrien vor Begeisterung. Jetzt hatten sie den übermächtig erscheinenden Gegner in der Klemme. Und der Seewolf hatte nicht die Absicht, den angeschlagenen Feind zu schonen.

      „Die erste Breitseite in die Spieren, Ferris!“ schrie er.

      „Aye, aye!“ brüllte der Schiffszimmermann zurück, der sich mit Al Conroy, dem Geschützführer von der „Isabella“, so gut verstand, als seien sie ein jahrelang eingespieltes Gespann.

      Die „Isabella“ schob sich langsam an die Kriegsgaleone heran, die jetzt ihr Heil in der Flucht suchte und zwischen der St.-Nicholas-Insel und Bottlenose Point das freie Meer erreichen wollte.

      Hasard beobachtete, wie an Bord des spanischen Schiffes hektisch gearbeitet wurde. Der Spanier war vom Jäger zum Gejagten geworden. Er war angeschlagen, und das ließ ihn gefährlich werden.

      Die Heckkanonen der Kriegsgaleone wurden abgefeuert, und im ersten Moment glaubte Hasard, die Schüsse gelten der „Isabella“. Doch dann sah er das hochaufspritzende Wasser. Die Spanier hatten auf zwei Boote gezielt, die auf die Galeone zugepullt wurden. Hasard erkannte John Thomas und Ben Brighton.

      Der Seewolf hätte gern noch ein paar Minuten gewartet, bis er auch gleicher Höhe mit der Kriegsgaleone gewesen wäre. Doch er mußte schon jetzt handeln. Die Gefahr, daß die nächsten Kugeln eines der beiden Boote treffen könnten, war zu groß.

      Er gab Ferris Tucker ein Zeichen, und dann sprachen die Geschütze der „Isabella“ ein weiteres Mal. Wirbelnde Eisenkugeln fuhren aus den Feuerschlünden und rissen die Takelage des Spaniers in Fetzen.

      Hasard sah, wie Splitter durch die Luft flogen und Spieren und Stengen auf das Deck des Kriegsschiffes krachten. Der Großmast knickte in der Mitte ab und senkte sich nach Steuerbord. Noch wurde er von den Wanten gehalten, aber das nutzte dem spanischen Capitan nichts mehr. Sein Schiff war manövrierunfähig geworden. Er war dem Feind


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