Seewölfe - Piraten der Weltmeere 388. Burt Frederick

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 388 - Burt Frederick


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Unterbrechung.

      „Ehrlich gesagt, Arne, es wäre eine Strafe, wenn ich wirklich in meinen alten Beruf zurück müßte.“

      Von Manteuffel drückte die schwere Eichentür hinter sich zu. Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch.

      „Das überrascht mich. Seit wir hier in Havanna sind, habe ich den Eindruck, daß du richtig auflebst. Als Schreiber und Faktorei-Gehilfe gibst du wirklich eine prächtige Figur ab.“ In der Tat hatte Jörgen Bruhn diese Schein-Aufgabe von Anfang an zur vollsten Zufriedenheit Arnes erledigt – was nicht verwunderlich war, denn Jörgen hatte als Jüngling in der Hansestadt an der Elbe eine Ausbildung als Kaufmannslehrling absolviert. Danach hatte er aber beschlossen, sich den Seewind um die Ohren wehen zu lassen.

      Jörgen grinste breit.

      „Du weißt, von was ich rede. Was Havanna erträglich macht, ist das Nachtleben. Und die Aussicht, daß unsere Aufgabe irgendwann einmal beendet ist. Hoffentlich bald, sonst werde ich noch kurzsichtig von der Kontorfuchserei. Sieh dir diese Funzelei an.“ Er beschrieb eine ausladende Handbewegung. „Wenn das gut für die Augen ist, lasse ich mich teeren und federn.“

      „Letzteres wird dir erspart bleiben“, sagte Arne und nickte. „Du hast nämlich recht. Aber vorläufig werden wir unsere Mission aufrechterhalten.“

      „Daran gibt’s wohl nichts zu rütteln“, entgegnete Jörgen und seufzte. „Alles in allem waren wir ja auch viel zu erfolgreich damit, stimmt’s?“

      Arne lächelte. Es hatte sich wirklich gelohnt, die Faktorei als Tarnung für ihre eigentliche Aufgabe in Havanna einzurichten. Dem Bund der Korsaren waren mittlerweile einige beachtliche Raids gelungen, die nur auf die Nachrichtenverbindung zwischen Jussufs Taubenschlägen in Havanna und auf der Schlangen-Insel zurückzuführen waren. Solange es irgend möglich war, sollte dieses gut funktionierende System bestehen bleiben.

      Arne trat an eins der Fenster und schob den Vorhang beiseite. Der Monat Mai verabschiedete sich auf unfreundliche Weise. Es war einer dieser Tage, an denen man den Abend möglichst rasch herbeiwünschte. Im Hafen herrschte die gewohnte Betriebsamkeit, wenn auch die Menschen ihre Arbeit mit eher mürrischen Mienen verrichteten. Unter der enormen Luftfeuchtigkeit hatten alle zu leiden, auch die jüngeren.

      „Mit welchen Geschäften befassen wir uns heute?“ fragte Arne und wollte den Vorhang zufallen lassen.

      „Wir übernehmen die Partie Tabakballen, die uns letzte Woche avisiert wurde“, antwortete Jörgen Bruhn. „Das gibt einen schönen Geruch im Haus, wenn wir die Dinger einlagern und …“

      Arne unterbrach ihn mit einer Handbewegung, ohne sich umzudrehen. Es war ein Sinnesimpuls, der ihn veranlaßt hatte, den Vorhang doch noch offenzuhalten. Wie gebannt spähte er hinaus, und jetzt sah er überdeutlich, was ihm ins Auge gestochen war.

      „Kaum zu glauben“, flüsterte er und winkte Jörgen herbei.

      Der Hamburger beeilte sich, der Aufforderung Folge zu leisten. Denn jede Abwechslung in der Monotonie des Kontorlebens war ihm mehr als willkommen. An der Seite von Manteuffels starrte er durch die Fensterscheiben.

      Von einer der nahen Piers bogen die drei Männer auf die Kaistraße ein. Beim Näherkommen stellte sich heraus, daß einer der drei noch sehr jung war, dem Kindesalter eben entwachsen. Der Ältere neben ihm konnte dem Gesichtsschnitt nach sein Vater sein: die Murenas! Die beiden waren jedoch nur Begleiter, das zeigte sich daran, daß sie dem anderen mit einem respektvollen Schritt Abstand folgten.

      „Don Juan de Alcazar!“ stieß Jörgen entgeistert hervor. „Himmel, der sieht elender aus, als ich gedacht habe.“

      Arne nickte nur. Zwar hatte er schon lange damit gerechnet, daß der Sonderbevollmächtigte wieder in Havanna auftauchen würde. Aber es war dennoch eine Überraschung, ihn jetzt so unverhofft zu erblicken. Vor allem lag das sicherlich an dem bemitleidenswerten Zustand Don Juans.

      Mit Hilfe eines Stockes bewegte er sich humpelnd vorwärts, seine gesamte Statur wirkte erschreckend zusammengesunken. Vielleicht wurde dieser Eindruck aber auch nur durch sein eingefallenes Gesicht und die dunklen Ränder unter den Augen hervorgerufen.

      Arne schloß den Vorhang und wandte sich Jörgen zu.

      „Wir wissen natürlich von nichts“, sagte von Manteuffel. „Schärfe dir das ein, Jörgen. Wir haben de Alcazar zuletzt gesehen, als er mit der ‚Pax et Justitia‘ Havanna verließ.“

      „Stimmt ja auch“, entgegnete der Hamburger grinsend.

      „Du weißt genau, was ich meine“, sagte Arne knurrend.

      Jörgens Grinsen schwand.

      „Klar doch. Ich bin der ahnungsloseste Engel, den man sich vorstellen kann.“

      „Hoffentlich. Ich bin sicher, daß Don Juan bei uns hereinschauen wird. Wenn ich dich dann hinausschicke, verständigst du Jussuf. Er darf auf keinen Fall unversehens hereinplatzen. Es könnte sein, daß er sich verplappert.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Arne von Manteuffel wußte, daß er sich auf seinen Mitarbeiter verlassen konnte. Das galt auch für Jussuf. Zu dritt waren sie eine verschworene Gemeinschaft. Jeder von ihnen war sich darüber im klaren, daß ihr Geheimnis unter keinen Umständen gelüftet werden durfte.

      Don Juan konnte nicht ahnen, daß der blonde Deutsche über alles informiert war, was sich seit der Versenkung der Karavelle „Pax et Justitia“ abgespielt hatte. Ermöglicht hatte dies die Nachrichtenverbindung durch Jussufs Brieftauben. Und weder Don Juan noch irgendein anderer Spanier in Havanna durften jemals erfahren, was es mit der Taubenzüchterei des Türken in der deutschen Faktorei wirklich auf sich hatte.

      Minuten später erwies sich Arnes Vermutung als richtig.

      Schritte näherten sich dem Eingang der Faktorei. Dann hallten die Schläge des Türklopfers durch das Haus.

      Arne begab sich in sein Besprechungszimmer auf der anderen Seite des Korridors, und Jörgen ging nach vorn, um die Besucher hereinzulassen. Im nächsten Moment war die überraschte Stimme des Hamburgers zu hören. Arne, der ein Geschäftsjournal vor sich auf dem Tisch aufgeschlagen hatte, mußte lächeln. Jörgen spielte seine Rolle wirklich überzeugend.

      Don Juans unbeholfene Schritte dröhnten durch den Korridor, und nach Jörgens Klopfen betraten die Besucher den holzgetäfelten Raum mit dem anheimelnden Lampenlicht.

      Arne sprang von seinem Sessel auf, als er den Kopf gehoben hatte.

      „Nein!“ rief er und schüttelte fassungslos den Kopf. „Ich kann es nicht glauben. Don Juan de Alcazar! Himmel, keiner von uns hat damit gerechnet, Sie jemals wiederzusehen.“

      „Weshalb nicht?“ entgegnete de Alcazar mit kratzender Stimme.

      Lag da aufkeimendes Mißtrauen in seiner Stimme?

      Arne bewahrte bei seiner Antwort dennoch Gelassenheit und Gleichmut.

      „Wissen Sie, wie lange Sie abwesend waren? Warten Sie, lassen Sie mich nachrechnen …“

      Don Juan winkte mit einer fast schroffen Handbewegung ab.

      „Schon gut. Sie haben recht, Arne. Ich hätte selbst fast nicht mehr daran geglaubt, Havanna wiederzusehen. Dabei hat diese Stadt für mich nicht einmal sehr viel Reizvolles.“ Der hochgewachsene Spanier brachte ein Lächeln zustande.

      „Ich kann es Ihnen nachempfinden“, antwortete Arne und lachte. Dann wurde er wieder ernst. „Sie müssen Schlimmes durchgestanden haben. Man sieht es Ihnen an. Wie fühlen Sie sich?“ Es fiel Arne nicht schwer, trotz seines Bemühens, den Überraschten glaubhaft darzustellen, gleichzeitig auch Herzlichkeit an den Tag zu legen. Denn Don Juan und er hatten gemeinsam etliche Gefahren gemeistert. Es waren gewisse kameradschaftliche Bande zwischen ihnen entstanden, die sich nicht mehr wegwischen ließen.

      Aus der Nähe betrachtet, sah Don Juan noch viel schlechter aus als beim ersten Blick durch das Kontorfenster. Sein Gesicht war nicht nur eingefallen, sondern auch


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