Seewölfe - Piraten der Weltmeere 159. John Curtis

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 159 - John Curtis


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es ihn.

      „Aufs Achterkastell, Männer!“ brüllte er. Kämpfend deckte er seine Männer, bis auch der letzte die Stufen erstiegen hatte, dann zog er sich selber zurück und wunderte sich, warum keiner der Küstenwölfe auf ihn und seine Männer geschossen hatte.

      Der Capitan wußte nicht, daß er das dem verletzten Anführer jener Plünderer zu verdanken hatte, die zuerst an Bord des Zweideckers geentert waren.

      „Ich will diesen Bastard lebend!“ hatte er gesagt und mit der Rechten seine blutende Wunde am Leib zugehalten. „Ich will sie alle lebend, hört ihr?“ Er hatte sich auf die Füße gequält, unterstützt von zweien seiner Männer. Haß loderte in seinen Augen.

      Die anderen respektierten seinen Befehl. Sie waren daran gewöhnt, ihm bedingungslos zu gehorchen.

      Der Capitan erreichte das Achterdeck – und wieder geschah etwas völlig Unbegreifliches.

      Pedro stürmte auf ihn zu.

      „Ein Boot, Senor Capitan, schwer bewaffnete Männer versuchen …“

      Weiter gelangte er nicht. Der Seewolf tauchte mit seinen Männern an Backbord auf. Zunächst unbemerkt von den Franzosen, die nur Augen für die immer noch kämpfenden, aber inzwischen merklich erschöpften Spanier hatten.

      „Drauf! Ar-we-nack!“

      Erst dieser Ruf ließ die Plünderer herumfahren. Zu spät, denn die Seewölfe brachen wie ein Orkan über sie herein. Neben Hasard der riesige Profos, der gleich zwei von ihnen packte, ihre Köpfe zusammenschlug und sie dann kurzerhand über Bord warf. Danach gab es kein Halten mehr. Mit ihren Fäusten und Entermessern räumten die Seewölfe auf. Batuti schwang seinen gewaltigen Morgenstern und rollte dabei mit seinen Augen geradezu furchterregend.

      Die Plünderer begriffen nichts von alledem, was ihnen geschah. Sie begriffen nur eins, daß ihre einzige Rettung in der Flucht lag. Ein paar von ihnen sprangen über Bord. Die anderen folgten, als wären tausend Teufel hinter ihnen her.

      Minuten später herrschte Stille an Bord der „El Cid“. Capitan Manuel de Diaz lehnte nach Atem ringend an der Schmuckbalustrade des Achterkastells. Er sah die Männer an, vor allem ihren Anführer. Einen Riesen mit eisblauen Augen, pechschwarzen schulterlangen Haaren, die im Wind wehten. Er hatte irgendwann und irgendwo einmal von diesem Mann gehört, aber er war viel zu erschöpft, um seine Gedanken wirklich ordnen zu können.

      Der Capitan stieß sich von der Schmuckbalustrade ab und wollte hinunter in die Kuhl, zu jenen Männern, die ihn und die Seinen vor einem schmählichen und entsetzlichen Ende bewahrt hatten, aber der Seewolf war schneller. Er enterte zusammen mit Ben Brighton die wenigen Stufen zum Achterkastell auf. Dann trat er auf den Capitan zu, um den sich die übrigen siebzehn Spanier im Halbkreis geschart hatten und ihm erwartungsvoll entgegenstarrten.

      Capitan de Diaz streckte dem Seewolf die Hand entgegen.

      „Wer Sie auch sein mögen, Senor, ich danke Ihnen, ich und diese Männer da. Sie waren buchstäblich in allerletzte Sekunde zur Stelle“, sagte er in erstklassigem Spanisch.

      „Sie haben mir nichts zu danken, senor Capitan. Wir dulden nicht, daß tapfere Männer, die die Schlacht um die Armada überlebt haben, von dieser feigen Mörderbrut gemeuchelt werden. Wir werden Ihnen helfen, Ihr Schiff aufzuklaren, Notmasten zu errichten und Ihnen eine Besegelung anfertigen, die Sie befähigt, aus eigener Kraft nach Spanien zurückzukehren. Freunde von uns suchen indessen nach überlebenden Spaniern, sie werden zu Ihnen an Bord gebracht. Auf diese Weise kriegen Sie eine Besatzung zusammen.“

      Der Capitan starrte ihn an. Lange.

      „Und wer, Senor, sind Sie? Wem verdanke ich das alles?“

      Statt des Gefragten antwortete ein anderer. Ed Carberry hatte sich zwischen Ben Brighton und Hasard geschoben.

      „Man nennt ihn den Seewolf, Senor. Und das dort ist Mister Brighton, der erste Offizier und Bootsmann der ‚Isabella‘ …“

      Der Capitan spürte, wie das Schiff um ihn zu kreisen begann. Er merkte nicht, daß der eisenharte Profos zupackte und ihn stützte.

      Durch die Spanier ging ein Raunen. „El Lobo del Mar“, hörte Carberry sie flüstern, und scheue, ehrfürchtige Blicke streiften den Seewolf.

      Der Capitan hatte sich wieder gefaßt.

      „Senor, Sie, ein Engländer, retten mir und meinen Männern nicht nur das Leben, sondern Sie bieten mir auch noch großzügig Ihre Hilfe an?“

      Wieder sah er den Seewolf lange an, und dann nickte er.

      „Ja, das paßt zu all den unglaublichen Geschichten, die ich über Sie gehört habe. Es muß an meiner Erschöpfung liegen, daß ich Sie nicht sofort erkannt habe, daß ich …“

      Er sackte plötzlich in sich zusammen. Carberry bettete ihn vorsichtig auf die Planken. In seinen sonst so harten Zügen war Mitleid, als er den Seewolf anblickte.

      „Es muß für sie alle, die Hölle gewesen sein, ich glaube, wir sollten …“

      Hasard nickte, ehe Carberry seinen Satz beendet hatte.

      „Der Kutscher muß her, und unser Segelmacher. Diese tapferen Männer sollen aus eigener Kraft nach Hause segeln!“

      Alle Seewölfe waren sofort einverstanden, und schon begannen sie, an Deck des Zweideckers aufzuklaren. Sie legten die Toten zur späteren Bestattung zusammen, beseitigten die gröbsten Trümmer und untersuchten das Schiff auf seine Seetüchtigkeit. Die Spanier halfen ihnen dabei, immer noch grenzenlose Verwunderung in den Augen.

      Das kleine Beiboot brachte den Kutscher an Bord. Ebenfalls den Segelmacher Will Thorne. Auch diese beiden Männer begaben sich schweigend an die Arbeit. Doch dann geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte und das die friedliche Szene mit einem Schlage wieder veränderte.

      2.

      Es hatte sich schon bald herausgestellt, daß es auf den Wracks vor Calais etwa noch dreißig überlebende Spanier gab. Für Ribault war es unmöglich gewesen, diese Spanier mit dem Beiboot der „Le Vengeur“ zur „El Cid“ zu bringen. Außerdem hatte die Suche eine Menge Zeit in Anspruch genommen, immerhin hatten Ribault und seine Männer mit ihrem Boot elf Wracks abgesegelt und untersucht, und oft waren sie mit Mißtrauen und voller Abwehrbereitschaft empfangen worden.

      Die Männer der „Isabella“ waren ebenfalls voll mit ihrer Hilfeleistung bei den Sänden beschäftigt. So mußte die „El Cid“ unter unsäglichen Mühen ins tiefere Wasser verholt werden, wenn man nicht riskieren wollte, daß sie bei ablaufendem Wasser auf die Sände geriet.

      Es war kein Wunder, daß die Restbesatzungen sowohl der „Isabella“ als auch der „Le Vengeur“ mit ihren Gedanken und Blicken zumeist dort drüben waren, wo die Wracks der Spanier lagen und sich auch die „El Cid“ befand.

      Wie es wirklich passiert war, wußte später keiner mehr so recht. Aber plötzlich war die Schaluppe der Franzosen da, unbemerkt von See herangesegelt, und sie hatte es auf die „Le Vengeur“ abgesehen, das zeigte sich sofort.

      Sven Nyborg, der Decksmann, entdeckte die Schaluppe in dem Augenblick, als sie eine scharfe Wendung vollführte und dabei ihr Großsegel zu killen begann. Gleichzeitig flogen aber auch schon die Enterhaken, und die Schaluppe schor längsseits.

      Der Decksmann stieß einen lauten Warnruf aus. So laut, daß Karl von Hutten, der zu dieser Zeit das Kommando über die „Le Vengeur“ führte, aus seiner Kammer flitzte. Auf der „Isabella“ schlug der Warnruf Sven Nyborgs wie eine Salve ein. Auch die Seewölfe wirbelten herum.

      Ferris Tucker fluchte lauthals, als er die Bescherung sah. Ihm war sofort klar, daß sie von Bord der „Isabella“ aus überhaupt nichts unternehmen konnten, ohne die Freunde auf der „Le Vengeur“ zu gefährden.

      Eine maßlose Wut bemächtigte sich des hünenhaften Schiffszimmermanns. Sein lauter Ruf mobilisierte die Seewölfe schlagartig. Aber leider


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