Seewölfe - Piraten der Weltmeere 308. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 308 - Fred McMason


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      Dieser Neger jedoch war sozusagen viel frischer und glänzte noch, als sei er gerade frisch aus den Windeln gestiegen.

      Ein merkwürdiger Mensch war das, fand der Hafenmeister erstaunt und verwundert. Als das Schiff jetzt anlegte, wunderte er sich noch mehr, stellte aber vorerst keine Fragen, als er die Gesichter der wilden Gesellen sah. Die sahen alle so aus, als sei mit ihnen nicht gut Salz lecken, besonders dieser Kapitän nicht, der eine schroffe und ablehnende Art zu haben schien.

      Also konzentrierte er seine Blicke wieder auf den merkwürdigen Mann, der in seiner seltsamen Kleidung von vorn nach achtern ging und dabei immer laut sang, allerdings sehr krächzend und so, als hätte er ganz verdammte Angst.

      Aus der Nähe stellte sich dann auch heraus, daß es gar kein Neger war. Da hatten die doch glatt einen Kerl angestrichen, dem die Farbe noch auf dem Körper und im Gesicht antrocknete.

      Vielleicht war das so eine Art neumodischer Kram, dachte der Hafenmeister, oder die Kerle waren ein bißchen verrückt. Vielleicht war der Angepönte aber auch besoffen, oder der Kapitän schätzte es ganz besonders, immer einen angestrichenen Kerl auf dem Schiff zu haben, der fragwürdige Lieder sang.

      Der Hafenmeister blieb noch ein wenig stehen und wartete ab, denn schließlich war es üblich, daß der Kapitän sich bei ihm meldete.

      Aber nichts dergleichen geschah. Der Blonde mit dem stark eingekerbten Kinn kümmerte sich nicht um den Hafenmeister und ging auf die Kuhl des Schiffes.

      Der Hafenmeister, den die Neugier immer stärker plagte, trat bis dicht an das Schiff heran, grüßte freundlich und stellte sich vor.

      Der Kapitän schenkte ihm nur einen frostigen abweisenden Blick.

      „Ein herrliches Schiff“, sagte der Hafenmeister anerkennend nickend, „eine Prachtgaleone. So was sieht man selten.“

      „Ja, aber hin und wieder doch“, sagte Hakulinen schroff.

      „So eins sah ich schon mal“, sagte der Hafenmeister. „Wollen Sie Ladung übernehmen, oder bleiben Sie länger?“

      Die Antwort war wieder knapp und abweisend. Der Kapitän war fraglos ein ungehobelter Flegel.

      „Ich brauche ein paar Leute, falls Sie nichts dagegen haben.“

      „Da werden Sie hier gut …“

      Hakulinen reagierte gar nicht darauf, ihn interessierte nicht, was der Hafenmeister sagte, und so wandte er ihm unhöflich den Rücken und unterhielt sich mit einem anderen.

      Üble Gesellen, taxierte der Hafenmeister verärgert. Aber er wollte sich keine zweite Abfuhr holen, und so stellte er auch keine weiteren Fragen mehr. Schließlich hieß das Schiff ja auch nicht „Isabella“.

      Auf der „Wappen von Kolberg“ erregte die Galeone ebenfalls großes Interesse, ganz besonders bei Arne von Manteuffel, der sie von vorn bis achtern musterte und ein paarmal den Kopf schüttelte.

      Neben ihm stand der ebenfalls hochgewachsene und schlanke Erste Offizier Renke Eggens. Auch er blickte gebannt zu der Galeone hin.

      „Das gibt es doch nicht, Renke“, sagte Arne verwundert. „Das Schiff gehört meinem Vetter Hasard, ich kenne es ganz genau, ich kann mich nicht so täuschen. Ich würde meinen Kopf dafür hinlegen, daß es die ‚Isabella‘ ist. Es kann von diesem Schiff gar keine Zweitausgabe mehr geben, die Galeone ist einmalig und erregt überall Aufsehen. Sie ist unverwechselbar.“

      Renke Eggens nickte bekräftigend.

      „Ja, sie ist unverwechselbar“, erwiderte er, „aber sie scheint es doch nicht zu sein. Ihr Name lautet: ‚Katkorapu‘, so steht es in breiten Lettern auf dem Heck.“

      „Was ist schon ein Name?“ fragte der blonde Hüne. „Man nimmt einen Pott Farbe, übermalt ihn und setzt einen anderen an die Stelle. Und schon heißt das Schiff ganz anders – wie ‚Krabbe‘ zum Beispiel. Die meisten stutzen, weil sie den Anblick dieses Prachtschiffes kennen, lesen dann aber den anderen Namen und lassen die Angelegenheit auf sich beruhen.“

      „Und was willst du unternehmen, Arne?“

      Der Blonde mit den eisblauen Augen und dem männlichen kantigen Gesicht stieß sich von der Schmuckbalustrade des Achterdecks ab und stand federnd auf den Beinen.

      „Ich werde der Angelegenheit auf den Grund gehen, denn ich kann mich nicht so irren“, sagte er hart. „Es ist die ‚Isabella‘ meines Vetters, daran besteht kein Zweifel. Da muß etwas passiert sein. Sieh dir einmal diese Kerle an, Renke. Sieh sie dir genau genau an. Da sind ein paar Visagen dabei, die nach allem anderen, nur nicht nach ehrlichen Handelsfahrern aussehen. Und was soll überhaupt dieser schwarz angemalte Kerl darstellen? Die scheinen alle ein wenig übergeschnappt zu sein.“

      „Den Hafenkapitän behandeln sie auch wie den letzten Dreck“, stellte der Erste fest. „Der Blonde gibt ihm nicht einmal eine Antwort und dreht sich bei einer Frage einfach um.“

      „Das ist sehr merkwürdig“, sagte Arne von Manteuffel.

      Erst vor ganz kurzer Zeit hatte er seinen Vetter Philip Hasard Killigrew durch Zufall kennengelernt und ihm hier in Wisby auch gleich aus der Patsche geholfen. Danach war Hasard weiter ins Baltische Meer gesegelt, wollte aber auf der Rückfahrt noch einmal in Wisby „reinschauen“.

      Jetzt lief sein Schiff ein, aber von der Crew war keiner mehr an Bord, was Arne mit immer größerer Sorge erfüllte.

      „Was können wir unternehmen, Arne?“ wollte der Erste wissen.

      „Vorerst mal das Schiff beobachten“, sagte der Mann, der so aussah, daß er fast als Zwillingsbruder Hasards durchgegangen wäre, hätte er ebenfalls schwarze Haare gehabt.

      „Wenn der Kapitän es verläßt, werde ich ihm folgen und herausfinden, was er hier treibt. Du übernimmst das Kommando über das Schiff, solange ich weg bin. Ich werde mit dem Bootsmann dann später an Land gehen.“

      „Bist du dir ganz sicher, daß es die ‚Isabella‘ ist?“

      „Absolut sicher“, erwiderte Arne überzeugt. „Ich wüßte auch nicht, daß die Finnen solche Galeonen haben. Solche Schiffe werden erst in einigen Jahren gebaut, und daher ist es unverwechselbar.“

      Bei dem Ersten blieb noch ein winziger Unsicherheitsfaktor. Seinen Kopf wollte er dafür nicht hinhalten, denn er dachte daran, daß das Schiff keinerlei Beschädigungen aufwies, er andererseits sich aber nicht vorstellen konnte, daß solche Kerle wie die Seewölfe einfach und kampflos ihr Schiff aufgaben. Zumindest hätte es eine Menge Kleinholz an Bord geben müssen.

      Das sagte er Arne aber nicht, denn der hatte sich jetzt in die Sache verbissen und ging sie mit der ihm eigenen Zähigkeit und Gründlichkeit an.

      Etwas später gesellte sich auch der Bootsmann zu ihnen, Hein Ropers, ein urwüchsiger harter und verläßlicher Mann, den es von der Niederelbe aus Stade an die Ostsee verschlagen hatte. Hein Ropers fuhr jetzt seit acht Jahren bei Arne von Manteuffel und ging mit ihm durch dick und dünn.

      Ropers hatte den Braten ebenfalls gerochen, für ihn war das Schiff so unverwechselbar wie für Arne auch.

      „Die haben den Namen überpönt“, erklärte er. „Dafür lasse ich mich untermangeln. Aber wo sind die anderen geblieben? Die haben ihr Schiff doch nicht kampflos aufgegeben.“

      „Darüber grübele ich schon die ganze Zeit“, erwiderte Arne. „Nur zu einem brauchbaren Ergebnis hat es noch nicht gelangt. Scheint so, als steckt da eine ganz dicke Teufelei dahinter.“

      „An Bord sind sie jedenfalls nicht gefangen“, meinte der Bootsmann, „sonst hätten sich die Eisenkerle durch die Planken gefressen und die Finnen zum Frühstück verspeist. Diese rund zwanzig Kerle waren wohl auch kaum in der Lage, dreißig Männer umzubringen, schon gar nicht diese Männer.“

      Arne von Manteuffel nickte. Das Rätsel um das Schiff wurde immer größer, und damit das Problem um seinen verschwundenen Vetter und die anderen Männer.


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