Seewölfe - Piraten der Weltmeere 251. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 251 - Roy Palmer


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glaubte es zu ahnen. Eine Gestalt schob sich in den schmalen Streifen weißlichen Mondlichtes, der durch das Fenster drang.

      „Stell dich nicht schlafend“, flüsterte Fausia. „Ich weiß, daß du wach bist. Jeden Abend wartest du auf mich, nicht wahr, Kabil?“

      Er sah ein, daß es keinen Zweck hatte, ihr etwas vorzutäuschen.

      „Ich schlafe noch nicht“, gab er zu. „Aber trotzdem irrst du dich. Mir ist an dir nichts gelegen. Außerdem steht es einem Sklaven nicht zu, so etwas zu tun.“

      Sie lachte leise. „Ein wenig nett zu deiner Herrin zu sein? Das gehört mit zu deinen Pflichten, mein lieber Junge.“ Sie trat näher an ihn heran und nestelte an ihrer Kleidung. „Willst du den Schlüssel? Ich habe ihn weggesteckt. Wenn du ihn haben willst, mußt du ihn suchen. Komm schon.“

      Kabil rührte sich nicht, überlegte aber angestrengt, was er am besten tun solle. Er mußte achtgeben, denn vielleicht neckte sie ihn nur und versuchte, ihn hereinzulegen.

      „Ich will den Schlüssel nicht“, sagte er.

      „Unsinn. Du würdest nichts lieber tun, als dieses Haus zu verlassen und auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden, gib es ruhig zu.“

      „Nein.“

      „Sabr ist nicht da, und zu mir kannst du offen sprechen.“

      „Der Herr bringt mich um, wenn er uns hier zusammen sieht.“

      „Er sieht uns aber nicht!“ zischte sie. „Er sitzt bei seinen Freunden Achmed und Ali und Osman und erzählt sich mit ihnen Witze. Und bestimmt fingert er auch an ihren Weibern herum, wie ich ihn kenne. O nein, er wird nicht erfahren, was hier passiert – zwischen uns beiden, Kabil.“ Sie kniete sich auf die Kante seines Lagers und öffnete die Knöpfe ihres Kleides.

      Kabil richtete sich mit einem Ruck auf.

      „Das ist unmöglich, Herrin“, raunte er ihr zu. „Wir geraten beide in größte Schwierigkeiten. Ich …“

      „Sei still“, sagte sie sanft. „Hol dir den Schlüssel. Oder willst du mich niederschlagen, um ihn zu kriegen? Ich weiß, daß du es nicht tust, Kabil. Du bist nicht der Typ dazu. Außerdem würde ich schreien, verstehst du? Im Nu wäre die gesamte Nachbarschaft auf den Beinen. Willst du, daß ich schreie?“

      „Nein.“

      „Dann stell dich nicht so an wie ein dummer kleiner Junge. Du weißt doch, wie man eine Frau anfaßt, oder?“

      „Ja.“

      „Siehst du – und ich brauche ein wenig Zärtlichkeit und ein bißchen Abwechslung. Komm her. Dein Leben wird von jetzt an angenehmer, wenn du mich nicht enttäuschst.“ Mit einer einzigen Bewegung legte sie ihren Oberkörper frei, und ihre großen, festen, leicht bebenden Brüste schienen ihn anspringen zu wollen.

      Das war selbst für ihn zuviel. Er kroch über sein Lager auf sie zu und sah, wie sie lächelnd ihre weißen, makellosen Zähne entblößte.

      Das Schiff, eine kleine spanische Galeone, ging oberhalb des Dorfes vor Anker, so dicht unter Land, wie es irgend möglich war. Santiago Espronceda, der Kapitän, atmete auf, als der schwere Stockanker endlich an seiner Trosse ausrauschte und klatschend in den Fluten versank.

      „Wir haben Glück gehabt“, sagte er zu seinem Ersten Offizier Narciso de Salomon, der neben ihm auf dem Achterdeck stand. „Leicht hätten wir im Dunkeln auf eine der verfluchten Sandbänke laufen können.“

      De Salomon, der um zehn Jahre jünger und schlanker an Gestalt als sein Kapitän war, grinste. „Unser Vorhaben scheint also unter einem günstigen Stern zu stehen, Capitán.“

      „Vorausgesetzt, wir kriegen keinen Ärger mit den Türken, mit irgendwelchen Strauchdieben oder mit den elenden Krokodilen.“

      De Salomon lachte amüsiert auf. „Die Türken gehen um diese Zeit mit ihren Frauen ins Bett. Die Krokodile schlafen. Und um uns gegen ein paar lausige Nilräuber zu sichern, brauchen wir bloß genügend Leute mit an Land zu nehmen.“

      „So? Nun, Sie scheinen ja von dem Erfolg der Sache voll überzeugt zu sein.“

      „Sie vielleicht nicht?“

      Espronceda strich sich mit der Hand über den Bauch und schob die Unterlippe vor. Er sann eine Weile nach, dann erwiderte er: „Ich habe so ein dummes Gefühl. Früher oder später kriegen wir gerade mit den Türken Verdruß.“

      „Capitán – bislang hat man uns nicht kontrolliert, und das wird auch weiterhin nicht der Fall sein. Ob Türken oder Ägypter, sie alle haben Angst vor uns, vor unseren Kanonen und Musketen. Ich bitte Sie, nicht zu pessimistisch zu sein.“

      Espronceda fixierte sein Gegenüber. „Ich freue mich, daß Sie Ihrer Sache so sicher sind, mein bester de Salomon, das steckt natürlich auch mich an. An Land wartet also reiche Beute auf uns? Ausgerechnet in dem erbärmlichen Fellachendorf da drüben?“ Er wies auf die Lichter, die schwach in der Finsternis funkelten.

      „Der Eindruck täuscht. Zumindest dieser Sabr Chamal soll ein reicher Mann sein. Er reißt sich unter den Nagel, was er kriegen kann, und verkauft alles an die Türken, Schmuck, Gold und Silber, kleine Statuen und anderes Zeug, na, Sie wissen schon.“ Der Erste Offizier atmete tief durch. „Die Information ist verläßlich, dafür garantiere ich.“

      „So, wie Sie den Burschen behandelt haben, der in Manfalut an Bord kam …“

      „Dieser Narr“, sagte de Salomon verächtlich. „Er hielt sich für besonders schlau und glaubte, die Sache gegen klingende Münze an uns verkaufen zu können. Aber keinen Piaster hat er von uns gekriegt.“

      „Und jetzt haben die Krokodile ihn und seinen Dolmetscher vertilgt“, sagte Santiago Espronceda. „Hoffen wir, daß auch das keiner herauskriegt.“

      „Keiner wird je nach ihnen suchen. Wer kümmert sich schon um zwei so verwahrloste Halsabschneider und Halunken?“

      „Es sind nicht nur zwei, sondern viel mehr“, brummte der Kapitän. „Langsam fange ich an, mir Gedanken darüber zu machen.“

      „Skrupel? Für die Krone darf uns kein Opfer zu groß sein. Philipp II., Seine Allerkatholischste Majestät, wird uns für unseren Fang reich belohnen.“

      „Falls wir jemals in die Heimat zurückkehren.“

      „Capitán“, sagte de Salomon mit einem Lächeln. „Es zieht Sie mit aller Macht zurück nach Spanien, deshalb sind Sie heute nacht so niedergeschlagen. Aber wir alle wollen zurück nach Malaga und nach Cadiz, zurück zu unseren Familien. Keiner dieser schmutzigen Heiden wird uns daran hindern können.“

      „Nun gut“, sagte Espronceda. „Dann also – auf zur Tat. Lassen Sie das große Beiboot abfieren. Wir zwei, mein Bester, gehen mit einem Dutzend Männern an Land. Wie weit ist es bis zum Dorf?“

      „Höchstens noch zwei Meilen.“

      „Zwei Meilen Fußmarsch sind schon reichlich. Aber nehmen wir auch das in Kauf.“

      Du wirst alt, dachte de Salomon, alt und fett. Nur wenn du genug Wein getrunken hast, bist du noch so aufgekratzt wie in früheren Zeiten. Es wird Zeit, daß jemand anderes an deine Stelle tritt.

      Santiago Espronceda hingegen sagte sich im stillen: Ich muß aufpassen, dieser Mann ist zu selbstbewußt und zu überheblich geworden.

      Wenig später dümpelte das Beiboot neben der Bordwand der Galeone. Die Spanier enterten an der Jakobsleiter ab, nahmen auf den Duchten Platz und legten ab. Fast lautlos glitt das Boot zum Ufer.

      Was die Krokodile betraf, so behielt de Salomon recht. Kein Tier behelligte den vierzehnköpfigen Trupp, nichts regte sich im Ufergestrüpp.

      Santiago Espronceda hoffte, daß sein Erster Offizier auch mit seinen übrigen Voraussagen recht behalten würde.

      Sie zogen das Boot auf den Ufersand und versteckten es im Dickicht. Dann brachen sie zu dem Dorf auf, wo niemand


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