Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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sah ihn verblüfft an. „Ich weiß es nicht. Ich denke, Reagan wurde von der fallenden Rah erschlagen und außenbords gerissen.“

      „Das denkst du? Aber befand sich Reagan später, bei der Schlacht in der Bucht von Elba, nicht plötzlich an Bord der ‚Isabella‘?“

      „Nein, nein“, flüsterte der Berber. „Das ist doch gar nicht erwiesen.“

      „Ich behaupte noch immer, Reagans Todesschrei gehört zu haben“, sagte Scoby. „Unsere eigenen Kugeln haben ihn getötet, glaube ich. Es will mir nicht aus dem Kopf. Schwöre, daß du an seinem Verschwinden keine Schuld hast, Mechmed.“

      „Ich schwöre es“, sagte Mechmed hastig. „Bei allem, was mir heilig ist.“

      „Dir ist nichts heilig“, brummte Scoby. „Dir glaube ich kein Wort. Ich bin immer noch nicht überzeugt, verstehst du? Halte dir das stets vor Augen. Ich beobachte dich, verlaß dich darauf.“

      Über ihren Häuptern stieß Codfish plötzlich einen Ruf aus. „Ich sehe Land! Backbord voraus! Das kann nur Rhodos sein!“

      „Ausgezeichnet.“ Lord Henry stieß den Berber von sich. „Los, hau ab nach vorn auf die Back, da müssen noch ein paar Fallen dringend klariert werden.“

      Mechmed lief davon, froh, dem Griff des Piratenführers entwichen zu sein. Henry drehte sich zu Tim Scoby, Dark Joe und den beiden anderen Männern um. „Wegen der Sache mit Reagan unterhalten wir uns später noch, ich will endlich Klarheit haben. Jetzt sehen wir nach, ob sich Killigrew irgendwo am Ufer der Insel verkrochen hat. Wir runden sie im Westen und gehen dabei dicht unter Land, so daß uns keine Einzelheit entgehen kann.“

      Er malte sich aus, wie es sein würde, wenn sie wieder mit den Männern der „Isabella“ zusammentrafen. Philip Hasard Killigrew ahnte ja nicht, daß es ihm, Henry, in Neapel gelungen war, sich aus der Affäre zu ziehen.

      Don Gennaro hatte die Männer der „Cruel Jane“, zur Rechenschaft ziehen wollen, denn Henry hatte ihm eine dicke Lüge aufgetischt: Er hatte behauptet, der Seewolf und dessen Mannschaft wären spanische Spione. Gennaro hatte folglich einen Erzhaß auf die Seewölfe entwickelt und sich nur zu gern mit Henry gegen die vermeintlichen Feinde verbündet.

      Dann aber hatte Killigrews Bootsmann den Piratenkönig von Neapel gefangengenommen und ihn über seinen Irrtum aufgeklärt. Gennaro, kaum wieder an Land gelassen, hatte sich auf Henry stürzen wollen, doch Henry und den anderen war es inzwischen gelungen, ein Boot zu besetzen und an Bord der „Cruel Jane“ zurückzukehren. Schleunigst hatte man den Anker gelichtet und war von der Reede des Hafens verschwunden.

      Überall hatte Henry nach dem Seewolf gesucht – auf Sizilien, in Piräus und auf Kreta, weil er annahm, daß die „Isabella“ weiterhin östlichen Kurs segeln würde. Nun hatte er durch den dicken Levantiner die Bestätigung erhalten, daß seine Annahme richtig gewesen war.

      Wenn auf Rhodos eine Begegnung stattfinden sollte, würden dem Seewolf die Augen übergehen! sicherlich rechnete er nicht damit, daß die „Cruel Jane“ jemals wieder seinen Kurs kreuzen würde.

      Killigrew, dachte Lord Henry, ich töte dich und hole mir den Schatz der Medici-Familie zurück. Diesmal siege ich, diesmal bringe ich dich um und lasse dich für die Schmach bezahlen, die du mir zugefügt hast.

      „Vier Strich Backbord!“ rief er über Deck. „Wir fallen vom Wind ab und gehen auf Kurs Nord-Nord-West!“

      9.

      Selim saß auf der Estrade in Lagios’ und Iris’ Haus und wartete. Er würde hören, wenn Jella und die anderen Frauen mit den Fremden das Dorf betraten. Dann brauchte er seinen Männern, die sich überall in den übrigen Gebäuden verschanzt hatten, nur ein Zeichen zu geben, und sie würden diese Narren zusammenschießen.

      Die drei Frauen, die mit den sieben anderen von Jella und Ali von den Schiffen geholten Frauen nach Pigadia heraufgekommen waren, hatte er außerhalb des Ortes postiert, damit sie als zusätzliche Lockvögel mit Weinkrügen bereitstanden. Die Männer der Galeone sollten die Augen aufreißen, der Wein und der Anblick der weiblichen Formen sollte sie trunken stimmen und ihren Verstand soweit verblenden, daß sie bereitwillig in die Falle gingen.

      Dobran erblickte genau zu diesem Zeitpunkt von Bord der „Grinta“ aus, daß sich Boote der Schebecke und der Ghanja näherten – Boote, die aus dem Nichts aufgetaucht zu sein schienen.

      Männer saßen auf den Duchten der Boote, jedenfalls sah es in der nur zögernd verblassenden Dunkelheit so aus.

      Die Schebecke und die Ghanja hatten die Anker gelichtet und schickten sich an, zu wenden und mit dem Ebbstrom die Bucht zu verlassen, doch es war vorauszusehen, daß die Boote sie noch vorher erreichen würden.

      „Zurück!“ schrie Dobran ihren vermeintlichen Insassen von der Back der „Grinta“ aus zu. „Zurück, oder wir schießen!“

      Die Boote glitten mit unverändertem Kurs auf die Piratenschiffe zu. Dobran dachte an die jungen Männer des Dorfes Pigadia, die angeblich zum Fischen ausgelaufen und dann vom Sturm überrascht worden waren. Jetzt schienen sie zurückgekehrt zu sein und wußten offenbar schon über das, was sich im Ort ereignet hatte, Bescheid. Hatten die Frauen und Kinder, denen die Flucht gelungen war, es ihnen gesagt?

      Wie waren die Boote jedoch in die Bucht gelangt, ohne vom Ausguck der Schebecke und der Ghanja bemerkt zu werden? Gab es etwa noch eine zweite, geheime Zufahrt?

      „Zurück!“ rief Dobran noch einmal, aber wieder erhielt er weder eine Antwort, noch trafen die gedrungenen Gestalten auf den Duchten irgendwelche Anstalten, den Befehl zu befolgen.

      „Sie wollen entern!“ schrie einer der Piraten auf der Kuhl der Schebecke.

      „Vielleicht haben sie Pulver, mit dem sie uns in die Luft jagen!“ rief ein anderer.

      Dobran tat genau das, was er nicht hätte tun sollen. Er griff nach einer Muskete und legte auf die Boote an.

      „Eröffnet das Feuer!“ befahl er den anderen.

      Musketen- und Arkebusenläufe schoben sich reihenweise über das Schanzkleid der „Grinta“, und auch drüben auf der Ghanja bereitete man sich in aller Eile auf die augenscheinlich bevorstehende Auseinandersetzung vor.

      Dobran drückte als erster ab. Sein Schuß peitschte auf, eine weißliche Qualmwolke puffte hoch. Er traf eine der „Gestalten“, und jetzt feuerten auch die anderen. Ein Stakkato von Schüssen entlud sich in die Boote. Auf den Duchten sanken die von Lagios’ Freunden präparierten Attrappen zusammen. Einige fielen mit dumpfem Klatschen ins Wasser.

      Plötzlich erkannte Dobran, daß sie getäuscht worden waren.

      „Beim Scheitan!“ stieß er zornig hervor. „Das sind ja gar keine Männer! Wir sind einem faulen Trick aufgesessen!“

      Das erste Boot stieß mit dem Bug gegen die Bordwand der „Grinta“ und legte sich längsseits.

      „Wir müssen Selim benachrichtigen, was geschehen ist“, sagte einer der Piraten.

      „Keine Zeit!“ rief Dobran. „Wir laufen sofort aus und segeln zu der anderen Bucht! Hoffen wir, daß unsere Schüsse dort nicht gehört worden sind, sonst sind die Männer der Galeone gewarnt!“

      Er ahnte nicht, daß sich seine Befürchtungen bereits bewahrheitet hatten. In der Ankerbucht der „Isabella“ ließ Ben Brighton, aufgeschreckt durch die knallenden Gewehrschüsse, Klarschiff zum Gefecht rüsten. Die Stückpforten der „Isabella“ wurden in aller Eile hochgezogen, die Siebzehnpfünder ausgerannt. Vorsorglich ließ Ben den Anker lichten, um beweglich zu sein.

      Mit sorgenvoller Miene blickte er zum Ufer. Hasard hatte ihm die Anweisung gegeben, nur dann mit Verstärkung an Land zu gehen, wenn er ein bestimmtes, vorher vereinbartes Zeichen mit seinem Radschloß-Drehling gab. Aus der Art, wie die Schüsse gefallen waren, ließ sich jedoch nicht schließen, daß er, der Seewolf, es gewesen war, der gefeuert hatte.

      „Was


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