Seewölfe - Piraten der Weltmeere 544. Burt Frederick

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 544 - Burt Frederick


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seiner Gedanken geschlossen hatte. So waren sie denn alle besessen von jener Idee, die sie verfolgten. Keine Schande. Beileibe nicht.

      Er nahm die Feder, tunkte die zugeschnittene Spitze ins Tintenfaß und schrieb. Er mußte zu Papier bringen, was ihn bewegte. Vielleicht gab es einmal Zeugnis von sinnloser Phantasterei. Vielleicht wurde es aber auch der geistige Grundstein einer Entdeckung, die für die Kultur des Abendlandes von unerhörter Bedeutung war.

      Was nämlich eine Verkürzung des Seewegs von und nach Indien für Europa bringen konnte, konnte man in Europa nicht einmal im entferntesten abschätzen.

      Wir sind zum Stillstand verurteilt, schrieb der Seewolf, und es scheint, als ob unsere Besessenheit zu einer aufgezwungenen Pause verurteilt ist …

      Der Mann, der im Bugraum des flachen Bootes kauerte, hatte nur die eine Aufgabe: An ihm lag es, das Ziel rechtzeitig zu erspähen, damit sie bei dem dichten Nebel nicht in eine unliebsame Überraschung rauschten. Denn obwohl die sechs Männer auf den Duchten äußerst behutsam pullten, glitt das Boot doch mit hoher Fahrt über das Wasser. Es bewies, über welche Muskelkraft die Männer verfügten.

      Unvermittelt stieß der Späher einen scharfen Zischlaut aus. Warnend hob er die rechte Hand, obwohl seine Kumpane es nicht sehen konnten, da sie ihm den Rücken zuwandten.

      Augenblicklich hoben sie die Riemenblätter an und ließen das Boot auslaufen. Schon ein Streichen hätte nach ihrer Überzeugung zu geräuschvoll sein können. Denn bei dem augenblicklichen Nebel klang selbst der leiseste Laut so, als würde er auf geheimnisvolle Weise verstärkt.

      Die graugekleideten Männer auf den Duchten hielten die Riemen über Wasser und wandten sich um. Aufmerksam spähten sie in die Richtung, in die der schlanke Bug des flachen Bootes wies.

      Und plötzlich waren die hohen, dunkel aufragenden Konturen da. Das Schiff wirkte riesengroß und drohend in dem Nebel, der es umhüllte und Einzelheiten nicht erkennen ließ.

      Der Späher beugte sich vor und ergriff die Ankertrosse, die aus der Wasseroberfläche lang durchhängend zum Heck der Galeone aufstieg.

      Das Boot gelangte zum Stillstand. Während der Mann im Bug es langsam unter die Trosse manövrierte, legten die anderen die Riemen vorsichtig auf die Duchten. Völlige Lautlosigkeit war das oberste Gebot, das sie sich selbst gesetzt hatten. Und sie waren geübt darin, dieses Gebot einzuhalten.

      Etwaige Deckswachen hatten keine Chance, sie zu entdecken. Von den Verschanzungen der Galeone aus war das Ende der Ankertrosse nicht zu sehen. Und dann verlief die Trosse so geradlinig nach achteraus, daß sich die Wachtposten an Bord des Schiffes schon über die Heckbalustrade hätten beugen müssen, um zu sehen, was sich abspielte.

      Der erste der Graugekleideten aus dem Boot richtete sich auf und packte die armdicke Trosse. Mit geschickten, katzenhaften Bewegungen begann er, sich emporzuhangeln.

      Die anderen folgten ihm mit geringem Abstand. Im Boot blieb nur der Späher, dessen Aufgabe es nun war, auf alles Weitere genau zu achten, damit ein reibungslos verlaufender Rückzug möglich wurde. Der Mann im Boot spähte zu den erleuchteten Fenstern im Heck des Schiffes. Keine Bewegung einer menschlichen Silhouette war dort zu erkennen.

      Der erste erreichte die Heckgalerie. Mit einer fließenden Bewegung schwang er sich hinüber. Es hatte den Anschein, als schlucke der Nebel jedes Geräusch. Doch der Mann im Boot wußte, daß dieser Eindruck falsch war. Seine Kumpane beherrschten ihre Körper bis in die winzigste Muskelfaser. Bei ihrem Vordringen gab es nichts, was nicht vorausberechnet gewesen wäre.

      Geduckt pirschten sie auf der Heckgalerie unter den Bleiglasfenstern entlang, auf das Schott zu, das üblicherweise in die Kapitänskammer führte. Sie kannten die Bauweise dieser Schiffe der Ungläubigen hinreichend, um zu wissen, wie sie sich orientieren mußten.

      Zwei Graugekleidete verharrten unmittelbar vor dem Schott. Die anderen warteten mit jeweils einem Schritt Abstand. Ein Schiff, daran glaubten sie, war wie ein eigenständiges Wesen. Sie versuchten, diese Wesenszüge in sich aufzunehmen.

      Es reagierte nicht feindlich auf sie. Kein Knarren und kein Ächzen waren zu vernehmen. Das Schiff war so stumm, wie sie eingeschätzt hatten. Ihm fehlte dieser Atem, den ihm Wind und Wellengang eingehaucht hätten. Ohne die Kräfte der Natur war ein solches Schiff gar nichts.

      Es war so wehrlos, wie die Graugekleideten es voraussetzten.

      Und dem Klang der Schritte nach zu urteilen, befanden sich die Wachen weiter vorn, auf dem Hauptdeck.

      Alle äußeren Voraussetzungen waren hervorragend und günstig. Jetzt hieß es nur noch, die eigene Energie und die eigene Willenskraft so zielstrebig einzusetzen, daß eine Gegenwehr von vornherein zum Scheitern verurteilt war.

      Philip Hasard Killigrew legte den Federkiel beiseite und verschloß das Tintenfaß mit dem Korken. Er überflog noch einmal die Zeilen, die er zu Papier gebracht hatte. Und er versuchte, sich vorzustellen, wie auf einen Außenstehenden die Begründung dafür klingen mochte, daß sie in etwas hoffnungslos Ungewisses vorstießen.

      Abwegig.

      Welcher Außenstehende vermochte sich überhaupt vorzustellen, was eine Crew wie die Arwenacks bewegte? Wer war imstande, einzuschätzen, woher diese Männer ihre Kraft nahmen? Die Kraft beispielsweise, mitten in die Hölle zu segeln, um dem Gehörnten nur mal eben auf den Pferdefuß zu treten.

      Die Männer der „Santa Barbara“ und zuvor der „Isabella“ hatten mehr als tausendfach bewiesen, daß sie den Teufel ebensowenig fürchteten wie alle anderen Gefahren dieser Welt.

      Was bedeutete es – gemessen daran – schon, einmal eine unbekannte Schiffahrtsroute zu erforschen?

      Etwas wie ein Windstoß fuhr in die Kapitänskammer.

      Der Seewolf schnellte von seinem Stuhl hoch. Nur sein Instinkt reagierte. Für Gedanken war keine Zeit.

      In dem Moment, in dem er herumruckte, war es wie eine graue Masse, die auf ihn zustieß.

      Dem Seewolf blieb nur noch Zeit, in Abwehrstellung zu gehen. Der Cutlass und der Radschloßdrehling lagen unerreichbar weit auf dem Schapp. Nur seine Fäuste blieben ihm.

      Die huschenden Kerle wichen auseinander und schlossen ihn ein. Fünf Mann. Einer hielt das Schott, damit es kein Geräusch verursachte. Die Lautlosigkeit der Kerle war verblüffend.

      Den ersten, der zuschlagen wollte, trieb Hasard mit zwei gnadenlos harten Fausthieben von sich. Der Mann war wie eine Katze. Er schrie nicht, er stolperte nicht, und er riß keinen Gegenstand um, der ein Poltern verursacht hätte. Selbst unter Schmerzen war jede seiner Bewegungen noch genau berechnet.

      Noch einen Atemzug lang schaffte es der Seewolf, die jetzt um so heftiger nachdrängenden Kerle auf Distanz zu halten. In der Sekunde, in der er losbrüllen wollte, um Alarm zu geben, war es zu spät.

      Ihn traf ein Hieb, der alles auslöschte. Es war wie eine Explosion auf seinem Hinterkopf.

      Der Blitz dieser scheinbaren Explosion versiegte in der Schwärze der Bewußtlosigkeit.

      Hasard spürte nicht mehr, wie seine Gegner sofort zupackten, damit er nicht zu Boden schlug. Er konnte auch nicht über ihre Geschicklichkeit staunen, als sie ihn auf die Heckgalerie trugen, um ihn dann mit Schlingen an Hand- und Fußgelenken an die Ankertrosse zu hängen und abwärts rutschen zu lassen.

      Es spielte sich innerhalb von drei Minuten ab. Der Nebel verschluckte die Entführer. Als sie sich wieder lautlos in die Riemen legten und dabei scharf horchten, waren sie ihrer Sache bereits sicher.

      Kein Laut drang aus der trübgrauen Wand, hinter der das Schiff nun erneut verborgen lag. Niemand hatte also das Verschwinden des Kapitäns bemerkt.

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