Seewölfe - Piraten der Weltmeere 260. Fred McMason

Читать онлайн книгу.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 260 - Fred McMason


Скачать книгу
dieser Rasul hat doch gesagt, das Wasser steigt und fällt in unregelmäßigem Rhythmus“, wandte Jeff Bowie ein.

      „Hör mit dem Namen Rasul auf!“ brüllte der Profos außer sich vor Wut. „Ich kann das nicht mehr hören! Dieser Mistbock hat schon viel gesagt, und er hat es geschafft, uns in eine perfekte und tödliche Falle zu locken. Verdammt, ich gehe doch noch in die Berge!“ schrie Ed. „Der hockt da irgendwo, beobachtet uns und lacht sich halbtot über uns.“

      „Und später holt er sich in aller Ruhe die Schätze“, meinte Ferris, „das ist es, was mich außerdem noch so wurmt.“

      „Er wird keine Schätze holen“, sagte Hasard hart. „Nichts, aber auch gar nichts von den Reichtümern wird ihm in die dreckigen Finger fallen, dafür sorge ich.“

      „Und wie willst du das anfangen, Sir?“ fragte Ed aggressiv. „Willst du dich auf den ganzen Krempel setzen und ihn bis ans Ende deiner Tage bewachen? Er braucht doch nur zu buddeln, wenn wir eines Tages hier verschwunden sind.“

      „Da wird er lange buddeln können, er wird nichts finden.“

      „Wir können es nicht mitnehmen, Sir“, sagte Ferris Tucker.

      „Weiß ich, mir ist schon etwas eingefallen. Aber das schieben wir noch ein wenig hinaus. Vorerst bleiben wir hier, wir können gar nichts anderes tun. Wir sind von jeglicher Zivilisation abgeschnitten, wir sind nur von Felsen und Sand umgeben, und wir müssen diese fürchterlichen Sandstürme abwarten. Das können wir aber nur in den Räumen unserer Lady, draußen überleben wir nicht. Wenn diese Sandstürme vorbei sind, werden wir wohl oder übel aufbrechen müssen, und dazu brauchen wir die Beiboote. Wir werden sie an Deck umgedreht festzurren, so daß wir sie jederzeit wieder ausbuddeln können. Und jetzt steht uns eine Menge Arbeit bevor, die wir sofort anpacken.“

      Nachdem sie sich noch einmal davon überzeugt hatten, daß jede Buddelei oder Ausgraberei völlig unsinnig war, teilten Hasard und Ben die Seewölfe zur Arbeit ein. Es mußte sinn- und planvoll vorgegangen werden, um das Überleben zu sichern.

      Damit war aber auch gleichzeitig die „IsabellaVIII.“ aufgegeben worden. Zwar sprach das niemand aus, aber sie wußten es alle. Das Schiff diente nur noch als Unterkunft und zum Schutz gegen die heulenden Sandstürme.

      Da mußte einiges umgebaut werden, geändert, improvisiert und verbessert, so lange ihre Lage das noch zuließ.

      Doch der Chamsin zog ihnen einen Strich durch die Rechnung. Gegen Mittag verdunkelte sich die Sonne, und dann ging es wieder los. Schlimmer als je zuvor.

      2.

      „Schnell unter Deck!“ befahl Hasard. „Geht in den Aufenthaltsraum, alle. Und du, Ferris, nimm deine Werkzeugkiste mit, wir werden sie gleich brauchen.“

      Die beiden Beiboote der „Isabella“, die kleine Jolle und das größere Beiboot, waren auf dem Hauptdeck festgezurrt worden. Die Zurrings sicherten es gegen den Sandsturm, damit die Boote in der Schräglage nicht zerschmettert wurden. Die beiden Boote konnten später ihre Rettung bedeuten, sonst blieb ihnen nur die Möglichkeit, zu Fuß zum Meer zurückzukehren.

      Als das Heulen einsetzte, liefen die Seewölfe mit besorgten Gesichtern zur Messe, dem Aufenthaltsraum, den Ferris Tucker aus einem Teil des achteren Laderaumes gebaut hatte. Dieser Raum bot der ganzen Crew Platz, und in ihm hatte einst ein gewaltiger Ofen aus Silberbarren gestanden – damals, als sie sich noch in den eisigen Regionen des Nordens befunden hatten. Da war der Ofen mangels anderer Brennstoffe mit Walspeck beheizt worden. Jetzt war das Ungetüm seit langem verschwunden, es wurde nicht mehr gebraucht, und dadurch hatten sie mehr Platz.

      Der Schimpanse Arwenack hockte schon hier unten, und auch der karmesinrote Arakanga Sir John, hatte sein Plätzchen auf einer langen Stange in der Ecke, die die Zwillinge aus einem langen Ast gesägt hatten.

      Das Schott donnerte zu. Wütend knallte es der Sandsturm dem letzten Mann fast noch ins Kreuz.

      Dann begann der Chamsin zu winseln und zu klagen. Bösartig fiel er über das Schiff her, nagte mit seinen schmirgelnden Zähnen in der aufgegeiten Leinwand und fuhr singend durch die Wanten. Sofort begann auf der „Isabella“ wieder das Ächzen und Knarren, das Knacken und Prasseln, das alle erschauern ließ.

      Hin und wieder knackte es laut in den Planken, die jetzt mit dem Wasser kaum noch Berührung hatten. Das Holz verzog sich unter der erbarmungslosen Hitze, und wo ein feiner Riß entstand, da schob und drückte der Sand nach und zwängte sich mit tausend Köpfen hindurch.

      Die Männer lauschten diesem Todeslied, dieser Melodie des Satans, der im stehenden Gut seine teuflische Mandoline erklingen ließ und mit immer lauterem Geheul über das Holz fuhr.

      „Wir gehen deutlich hörbar unserem Ende entgegen“, sagte der alte O’Flynn, und die anderen nickten düster. Oh, sie würden sich hüten, dem Alten noch einmal zu widersprechen, den sie anfangs wegen seines scheinbar grundlosen Mißtrauens verhöhnt hatten, denn wegen Othman Mustafa Ashmun, wie Rasuls Name als türkischer Hafenbeamter gewesen war, hatte es handfesten Krach gegeben.

      Jetzt vermieden die anderen ängstlich, das Thema zu berühren, denn die Niederlage war reichlich beschämend und entwürdigend.

      Nebenan im Laderaum rumpelte etwas. Vielleicht war durch die leichte Schräglage eine der Schatztruhen umgefallen, oder ein Faß hatte sich losgerissen und polterte jetzt zur Steuerbordseite.

      Hasard hatte die Arme auf die lange Back gestützt, sah sich im Kreis seiner Männer um und fragte sich beklommen, wie lange sie wohl noch zusammen sein mochten, wie lange es sie auf der alten Lady noch hielt, bis sie entweder im Sand versank oder von Sturm, Sonnenglut und weiteren Sandmassen zerstört wurde.

      Fiel sie vorher auseinander? Oder versank sie für immer in dem konservierenden Grab des heißen trokkenen Sandes? Vermutlich würde sie so mumifiziert werden wie die Mumien in ihren jahrtausendealten Wüstengräbern im westlichen Theben.

      Aus und Ende der „Isabella“, dachte der Seewolf weiter. Klar, genau betrachtet war sie ein Ding aus Holz und Eisen, so konnte man es auch sehen, aber sie war auch zugleich Heimat und sicherer Hort für sie alle gewesen, und mit ihr waren tausend Erinnerungen an Fahrten in alle Länder der Welt verbunden. Ein bißchen Sentimentalität schlug sich dann schon nieder, wenn man daran dachte, wie sicher und prächtig das alte Mädchen sie über alle Meere der Welt getragen hatte.

      Aber jetzt war nicht die Zeit dazu, obwohl Hasard an den Gesichtern der Männer sah, daß alle so ähnlich dachten. Nur nicht sentimental werden jetzt!

      Er räusperte sich und sah die Männer an, die in langer Reihe auf der umlaufenden Bank um die Back saßen. Manche unterhielten sich, einige starrten wortlos und grüblerisch auf die schwere Tischplatte und überlegten wohl, wie es jetzt weiterging.

      „Hört mal zu“, sagte Hasard. „An Deck ist jetzt jeder Aufenthalt unmöglich geworden. Dort können wir vorläufig gar nichts tun. Also werden wir hier in der Messe mit der Arbeit beginnen. Hält der Sturm einige Tage an, was durchaus der Fall sein kann, dann sind wir hier abgeschnitten und erledigt. Wir gelangen nicht einmal an die Wasserfässer und den Proviant heran.“

      „Und was sollen wir von hier aus unternehmen?“ fragte Smoky.

      Hasard zeigte auf das schwere Schott. Er mußte lauter reden, denn der „Wüstenorkan“ wie der Profos den Sandsturm nannte, erreichte offenbar einen Höhepunkt an teuflischer Wut. Er heulte und pfiff durch die Takelage, zerrte und rüttelte an allem und erschütterte das Schiff mit harten Schlägen.

      „Ich habe es schon einmal gesagt: Wir werden die ‚Isabella‘ verlieren. Das ist eine Tatsache, und die muß jeder zur Kenntnis nehmen und sich ständig vor Augen halten. Alles andere wäre Schönfärberei und verklebt uns nur die Augen. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, wann wir das Schiff verlassen werden, und das wiederum liegt an dem Sandsturm, der uns zuweht.“

      „Und dem Mahlstrom, der uns weiter nach unten zieht“, fügte Blacky hinzu.

      „Richtig,


Скачать книгу