Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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du vielleicht Arwenack erschießen?“ fragte Al Conroy fuchtig.

      „Wo kommt der Affe denn so plötzlich her?“ fügte Jeff Bowie hinzu. „Ich denke, der pennt mit den anderen im Mannschaftslogis.“

      Luke Morgan begann unterdrückt zu lachen.

      „Das hat er wohl auch“, prustete er. „Aber auch einen Schimpansen packt manchmal ein gar menschliches Rühren, und ich vermute, daß Arwenack aus eben diesem Grund an Deck gestiegen ist. Wahrscheinlich wollte er sich auf die Galion verholen, das hat er sich ja schon lange so angewöhnt. Dabei muß Batuti wohl über ihn gestolpert sein.“

      Luke Morgan hatte die Situation auf Anhieb richtig eingeschätzt. Es hatten sich tatsächlich keine Schnapphähne an Bord geschlichen, sondern Arwenack war von Batuti und Will Thorne, die auf der Back Wache gingen, im dichten Nebel zu spät erkannt worden.

      Batuti bestätigte es.

      „Was kann Batuti dafür?“ maulte er in seinem holprigen Englisch. „Plötzlich rennt kariertes Affenarsch über die Back. Batuti wirbelt herum und wirft sich auf die dunkle Gestalt. Erst auf den Planken hat er gemerkt, daß er Arwenack an Genick hat.“

      Edwin Carberry hätte vor Lachen am liebsten laut losgebrüllt, dann aber besann er sich in letzter Sekunde auf den Rest der Crew, der in den Kojen lag.

      „Hoffentlich turtelst du nicht eines Tages im dichten Nebel mit einer Schönen herum“, sagte er, „sonst tätschelst du womöglich noch ihrer Urgroßmutter den Hintern, bevor du den Irrtum bemerkst, ha!“

      Die Lage entspannte sich rasch wieder.

      Arwenack verschwand gemäß seinem ursprünglichen Vorhaben auf der Galion, und die Männer der Ankerwache verzogen sich wieder auf ihre Stationen – den neuen Tag und klares Wetter herbeisehnend.

      Niemand von der kleinen Bootscrew ahnte die tödliche Gefahr, in der Big Old Shane schwebte – bis zu jenem Moment, in dem Dan O’Flynn, der jetzt als Backbord-Schlagmann pullen sollte und zu diesem Zweck seinen Degen aus der Hand legen wollte, eine schattenhafte Bewegung hinter Shane wahrnahm.

      Blitzartig begriff Dan.

      „Vorsicht, Shane!“ brüllte er.

      Während sich der grauhaarige Schmied geistesgegenwärtig zur Seite warf, riß er den Degen hoch und hechtete mit einem gewaltigen Satz, der die Jolle weit nach Backbord krängen ließ, zur Heckducht.

      In diesem Augenblick zuckte die Hand mit dem Messer nach vorn, um dem verhaßten Engländer den Todesstoß zu geben.

      Da sich Shane aber zur Seite geworfen hatte, schoß die Klinge an seiner linken Schulter vorbei und riß ihm den Wamsärmel in Fetzen.

      Der Pirat schaffte es nicht mehr, seinen heimtückischen Angriff zu wiederholen, denn der Degen Dan O’Flynns fuhr ihm in die Brust und ließ ihn mit einem Aufstöhnen ins Wasser zurücksinken. Wie es aussah, würde er keine Hand mehr zum Meuchelmord erheben.

      Die übrigen Seewölfe hatten den kurzen Kampf mit entsetzten Gesichtern verfolgt. Alles war viel zu schnell erfolgt, als daß sie noch Zeit zum Eingreifen gefunden hätten. Shane schien rettungslos verloren zu sein.

      Nun aber war die Gefahr gebannt.

      „Danke, Dan“, sagte Shane.

      „Keine Ursache“, erwiderte Dan O’Flynn. „Ich konnte lediglich einen zweiten Dolchstoß verhindern. Den ersten hättest du voll abgekriegt, wenn du nicht so geistesgegenwärtig reagiert hättest.“

      „Mag sein“, sagte Shane, „aber zu dieser Reaktion wäre es nie gekommen, wenn du mich nicht rechtzeitig gewarnt hättest.“

      „Schon gut“, wehrte Dan ab. „Wir sollten jetzt lieber wieder pullen, sonst können wir das Schinkenklopfen gleich fortsetzen. Die anderen Beutelschneider müssen in der Nähe sein.“

      Gleich darauf setzte sich die Jolle wieder in Bewegung. Tatsächlich vernahmen sie wenige Minuten später laute Rufe. Die Piraten, die noch immer suchend in der Gegend herumpullten, mußten den Lärm des Kampfes gehört haben und wollten jetzt sicherlich ihren Kumpanen zu Hilfe eilen.

      Die Stimmen rückten ständig näher.

      „Wir fallen nach Steuerbord ab“, entschied Big Old Shane.

      Aber dazu war es bereits zu spät.

      Ein Boot schoß wie ein dunkles Ungeheuer aus der Nebelmasse hervor und hielt direkt auf den Bug der Jolle zu. Gleichzeitig setzte ein wildes Gebrüll ein. Jetzt, nachdem es bereits etwas heller geworden war, hatten die Piraten rasch erkannt, daß es sich bei der Jolle nicht um eines ihrer Boote handelte.

      Ein weiterer Kampf war nicht mehr zu umgehen.

      „Wir benutzen zuerst die Riemen!“ rief Big Old Shane. „Schußwaffen werden nur dann eingesetzt, wenn es sich nicht mehr umgehen läßt. Dafür wird auch Hasard Verständnis haben.“

      „Das wäre ja gelacht, wenn wir diese verdammten Schlickrutscher nicht schaffen würden“, knurrte Paddy Rogers. „Notfalls reiße ich die Duchten raus und haue sie diesen Ratten auf die Eierköpfe.“

      Den Seewölfen blieb nicht viel Zeit, den bevorstehenden Kampf gegen die schwedischen Piraten vorzubereiten. Das Boot der Angreifer schoß pfeilschnell auf sie zu.

      Big Old Shane und seine Mannen hatten bereits mit dem Pullen aufgehört und die Riemen aus den Dollen genommen.

      Das Gebrüll der Angreifer wurde immer lauter. Die Seewölfe wußten nur zu gut, daß dieser Lärm auch das dritte Boot der Schnapphähne herbeilocken würde.

      „Was brüllen die da eigentlich?“ Sam Roskill blickte Stenmark fragend an.

      „Das erzähl ich dir lieber nicht“, erwiderte dieser grinsend, „sonst kriegst du glatt Minderwertigkeitsgefühle.“

      Big Old Shane erhob sich von der Heckducht.

      „Der Tanz beginnt, Leute! Laßt sie nur nahe genug heran. In dem Augenblick, in dem sie zu entern versuchen, geben wir ihnen was auf den Scheitel.“ In seinen mächtigen Pranken hielt er einen Bootsriemen und sah den Dingen, die da kommen sollten, gelassen entgegen.

      Das Boot der Piraten schor längsseits, und die Seewölfe ließen das auch geschehen. Mit lautem Wutgeheul schickten sich die ersten Galgenstricke an, auf die Jolle hinüberzuspringen. Auch sie waren mit Blankwaffen jeder Art sowie mit Äxten, Spaken und Riemen bewaffnet.

      Da aber traten die Seewölfe in Aktion.

      „Ar-we-nack!“ brüllte Big Old Shane mit donnernder Stimme. Seine Crew wiederholte den alten Schlachtruf derer von Arwenack-Castle, der zum Kampfruf der Seewölfe geworden war.

      Dann brach augenblicklich die Hölle über die Schweden herein.

      Den ersten Ansturm wehrten die Männer von der „Isabella“ mit den schweren Riemen ab. Diesmal war es Mac Pellew, der damit den ersten Angreifer über Bord stieß. Sein ewig griesgrämiges Gesicht sah dabei aus, als habe er soeben einen ganzen Essigkrug ausgetrunken.

      Im Nu krachte Holz gegen Holz, dazwischen war das Klirren der Hieb- und Stichwaffen zu hören.

      Big Old Shane hatte sich einem nordischen Kleiderschank mit wildem, blondem Bartgestrüpp zugewandt. Der Kerl schwang ein Enterbeil über dem Kopf und war sich wohl noch nicht recht über den Einsatzort der Waffe im klaren.

      Shane nahm ihm die Entscheidung ab, indem er mit dem Riemen, den er in den Fäusten hielt, blitzartig zuschlug. Einen Lidschlag später erwischte er damit die Waffe des Schweden und prellte sie ihm aus der Hand.

      Während das Enterbeil einem anderen Piraten, der nur zwei Schritte von seinem Kumpan entfernt war, gegen den Kopf knallte, stieß der blonde Kleiderschrank einen fast tierischen Wutschrei aus, hechtete über die Dollborde und warf sich Big Old Shane mit den blanken Fäusten entgegen. Er hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, nach seinem Messer zu greifen.

      Doch Shane war auf den Angriff vorbereitet.


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