Seewölfe - Piraten der Weltmeere 298. Roy Palmer

Читать онлайн книгу.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 298 - Roy Palmer


Скачать книгу
hoch und belegten alles mit einem lodernden Teppich.

      Der schwarze Viermaster war an seinem Gegner vorbei, jagte den beiden Galeonen, die ihn verfolgten, ein paar Schüsse vor den Bug und nahm direkten Kurs auf das Flaggschiff.

      Colyer begann zu toben und gab drei von seinen Begleitschiffen das Zeichen, diesem „verrücktgewordenen Hund“ einzuheizen. Sofort drehten die Segler und steuerten auf den Viermaster zu, während das Flaggschiff und die drei restlichen Galeonen erneut die „Hornet“ mit ihren Kugeln eindeckten.

      Plötzlich aber befanden sich auch auf der „Hornet“ zwei Kerle oben in den Wanten und kletterten über die Umrandung des Großmarses. Colyer konnte genau beobachten, wie sie mit Pfeilen und Bogen hantierten. Er stand auf einem Platz des Achterdecks, den die Rauchschwaden noch nicht vollends eingehüllt hatten.

      Colyer sprang selbst an eine der Drehbassen seines Schiffes, bewegte das Rohr in der Gabellafette und versuchte, auf einen dieser Kerle, einen graubärtigen Riesen, zu zielen. Der andere war ein Schwarzer, er schien direkt dem Dschungel Afrikas entsprungen zu sein. Beide waren die reinsten Teufel in Menschengestalt, wie Colyer gleich feststellen sollte.

      Er feuerte die Drehbasse ab, doch die Kugel ging um ein paar Handspannen am Großmars der „Hornet“ vorbei und riß lediglich ein Loch in das Großmarssegel. Dann verlor sie sich irgendwo in der Luft, Colyer vermochte ihren weiteren Flug nicht zu verfolgen.

      Big Old Shanes Lachen, das den ersten Brandpfeil begleitete, tönte zum Flaggschiff der Franzosen hinüber. Der Pfeil bohrte sich zischend in das Großsegel. Colyer fluchte, als er die Flamme sah, die sich wie eine Schlange an dem Tuch hochwand. Er eilte zur nächsten Drehbasse und brachte sie ebenfalls in Anschlag auf den graubärtigen Riesen, doch der kümmerte sich nicht darum.

      Die Kanonen der Franzosen brüllten, die Kugeln rasten auf die „Hornet“ und das schwarze Schiff zu, doch beide Besatzungen warfen sich mit Todesverachtung in das Gefecht.

      Shane und Batuti sandten jetzt Pfeil um Pfeil in die Takelage des Flaggschiffs. Hasard hatte das Hauptdeck verlassen und stand auf dem Quarterdeck bei Ferris Tucker, der die Höllenflaschen ausgepackt hatte und bereithielt.

      Der Schwarze Segler war heran und griff das Flaggschiff an. Thorfin Njal schrie und fluchte wie Odin höchstpersönlich. Die Geschütze krachten, beide Batterien schleuderten ihre Ladungen über die See hinaus. Colyer sah noch, wie einer seiner Galeonen, die dem unheimlichen Schiff Paroli zu bieten versuchte, das halbe Vorschiff weggerissen wurde. Dann erreichten die Kugeln auch das Flaggschiff. Sie bohrten sich in die Bordwand, fetzten Teile des Schanzkleides an der Backbordseite weg und versetzten dem Besanmast ein paar üble Schläge, die ihn zum Erbeben brachten.

      „Feuer!“ schrie Colyer, aber seine Männer standen längst an den frisch nachgeladenen Culverinen und senkten die Luntenstöcke auf das Zündkraut. Es krachte und donnerte, heulte und dröhnte, und wieder war der Teufel los.

      Die Segel des Flaggschiffes brannten lichterloh, dann flog die erste Flaschenbombe von der „Hornet“ zu den Franzosen herüber. Als sie explodierte, erkannte Gerard Colyer zu seinem hellen Entsetzen, daß jetzt er um sein Leben kämpfen mußte.

      „Arwenack!“ schrien die Seewölfe und heizten sich mit ihrem alten Kampfruf gegenseitig an. Mit fliegenden Fingern luden sie die Kanonen nach und feuerten auf den Gegner, der sie mit vier Schiffen umzingelte. Old O’Flynn bediente die achteren Drehbassen, Al Conroy hatte die vorderen drei Hinterlader übernommen. Big Old Shane und Batuti veranstalteten hoch über den Köpfen der Crew vom Großmars aus ein Wettschießen auf die Segel der Gegner.

      Hasard stand nach wie vor auf dem Quarterdeck, nahm Ferris Tucker die Flaschenbomben ab und schleuderte sie zum Flaggschiff des Verbandes hinüber. Immer, wenn drüben eine Wurfgranate explodierte und heillose Verwirrung stiftete, hatte der rothaarige Riese bereits die Lunte einer weiteren entfacht und reichte sie mit wildem Grinsen an den Seewolf weiter.

      „Arwenack!“ wehte der Ruf auch vom Schwarzen Segler herüber. Thorfin Njal setzte ebenfalls dem Flaggschiff zu und hielt den Seewölfen außerdem diejenigen Schiffe vom Leib, die von der Nordseite her aufsegelten und einen Keil zwischen die „Hornet“ und „Eiliger Drache“ zu treiben versuchten.

      Beide Schiffe hatten sich in feuerspuckende Ungetüme verwandelt, es wurden sämtliche Register gezogen, die sowohl Hasard als auch dem Wikinger in einem Gefecht wie diesem zur Verfügung standen. Sie waren alte Kampfgefährten und ergänzten sich großartig – und mit all dem hatten die Franzosen bei der Eröffnung ihrer Offensive nicht im entferntesten gerechnet.

      Die Fetzen flogen, die Franzosen waren verwirrt. Auf mehreren Schiffen herrschte jetzt bereits Wuhling, überall mußten die Feuer in der Takelung gelöscht werden. Gleichzeitig wurden die abgefeuerten Kanonen gereinigt und nachgeladen und dann wieder gezündet, doch es fehlte dem Beschuß der Franzosen etwas von der Heftigkeit, die zu Beginn den Angriff bestimmt hatte.

      Erschüttert verfolgte Colyer das Aufschlagen und Detonieren der Flaschenbomben auf den Decks seines Schiffes, fassungslos sah er seine Männer zusammensinken und sterben, sah ihre Gestalten durch die Luft wirbeln. Für einen Moment schloß er die Augen. Warum hatte ihn niemand vor der Tollkühnheit und besessenen Kampfeswut dieses Gegners gewarnt?

      Er selbst hätte gewarnt sein müssen – nach allem, was er über die Vorfälle in Concarneau vernommen hatte. Auch hatten die Boten anklingen lassen, daß vor der Insel Mordelles ein Gefecht stattgefunden hatte, aus dem die Engländer als Sieger hervorgegangen waren. Daß es Grammont gewesen war, gegen den diese Himmelhunde dort gekämpft hatten, sollte Colyer auch erst später in Erfahrung bringen.

      Doch das Gehörte hätte ihm ein Omen sein sollen, er hätte nicht zu unbekümmert in die Schlacht gehen dürfen. Jetzt begriff er, daß auch zehn Schiffe im Einsatz gegen zwei Teufelssegler wie diese noch zu wenig sein konnten. Aber jetzt war es zu spät, um noch etwas an der einmal angefangenen Taktik zu ändern.

      Zu allem Unheil schien das schwarze Schiff auch unter den dicksten Treffern nicht den geringsten Schaden zu erleiden. Colyer war dies ein Rätsel, er begann zu glauben, daß die wilden Kerle dieses Seglers tatsächlich mit den Mächten der Finsternis im Bunde standen.

      Er konnte ja nicht ahnen, daß „Eiliger Drache über den Wassern“ aus jenem rätselhaften, fremdartigen Eisenholz erbaut war, das ihn über so manches Gefecht und viele Stürme hinweggerettet hatte. Nur selten war dieses Schiff wirklich hart angeschlagen worden, nur Explosionen vermochten ihm etwas anzuhaben.

      Mit wachsender Panik sah Gerard Colyer, wie das schwarze Schiff näher an das Flaggschiff heranrückte. Pulverrauch fing seine Gestalt ein, die Sicht wurde ihm genommen. Er mußte husten, bückte sich instinktiv und ging vor den nächsten Schüssen seines Gegners in Deckung. Dann trieb er seine Männer durch heisere Rufe dazu an, die nächste Breitseite abzufeuern.

      Plötzlich klafften die Rauchschwaden etwas auseinander. Colyer richtete sich halb auf, spähte über das Backbordschanzkleid und sah das schwarze Schiff neben der „Hornet“ liegen. Dann entdeckte er wieder die große, breitschultrige Gestalt des schwarzhaarigen Mannes auf dem Quarterdeck der „Hornet“, und für wenige Atemzüge war es ihm, als fixiere ihn der Kerl und blicke ihm furchtlos in die Augen.

      „Verrecke!“ zischte Colyer.

      Er griff sich eine der Musketen, die neben ihm auf den Planken lag. Daß sie geladen war, wußte er. Vorsichtig schob er den Lauf über das Schanzkleid und zielte auf den schwarzhaarigen Mann. Er zerdrückte einen Fluch auf den Lippen und spannte den Waffenhahn.

      In diesem Augenblick jedoch flog wieder eine der verdammten Flaschen von der „Hornet“ herüber, und dieses Mal landete sie polternd auf dem Achterdeck des Flaggschiffs. Colyer hörte sie hinter sich über die Planken rollen und verlor die Nerven. Er drückte noch ab, doch er zielte nicht gut genug, die Musketenkugel flog über Hasards und Ferris Tuckers Köpfe weg.

      Die Flasche zersprang mit einem einzigen Donnerschlag, Hämmer von enormer Größe schienen auf die Galeone der Franzosen einzuhauen. Ein greller Lichtblitz stand für kurze Zeit über dem Deck. Colyer fühlte sich von einer unsichtbaren Kraft hochgehoben und entführt.


Скачать книгу