Seewölfe - Piraten der Weltmeere 80. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 80 - Roy Palmer


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den Feind an.

      „Schiff klar zum Gefecht!“ meldete Carberry.

      Hasard winkte ihm zu, dann schaute er wieder durch sein Spektiv. Die Distanz zwischen beiden Gegnern war geschrumpft. Er konnte nun die Stärke des spanischen Verbandes abwägen. Es waren fünf Schiffe, drei Galeonen und zwei Karavellen.

      „Ausnahmslos gut armiert“, sagte er besorgt. „Schwere Brocken. Die sind nicht leicht zu knacken, das schwöre ich euch.“

      „Kneifen können wir aber auch nicht“, entgegnete Big Old Shane.

      Hasard warf ihm einen Seitenblick zu. „Wer sagt denn, daß wir kneifen wollen, Shane?“

      „Du willst doch Auseinandersetzungen meiden, oder?“

      „Das darf aber nicht in Feigheit vor dem Feind ausarten, mein Bester.“

      „Also, was ist nun?“ fragte der graubärtige Riese verwirrt. „Segeln wir ihnen vor der Nase weg oder hauen wir ihnen die Jacke voll, diesen geschniegelten Lackaffen?“

      Längst hatte Hasard Vollzeug setzen lassen. Mit steiler Bugwelle schob sich die „Isabella“ dahin, hart am aus Nordosten einfallenden Wind. Der Seewolf hatte noch die Luvposition, aber damit war ihm nicht geholfen. Zwar waren die Spanier gezwungen zu kreuzen, doch sie brachten es trotzdem fertig, ihnen den Weg abzuschneiden.

      „Verfluchter Mist“, sagte Ben Brighton. „An Backbord haben wir die Inseln liegen.“

      Hasard sah ihn plötzlich an. „Und, Ben?“

      „Ich schätze, wir können nicht einfach zwischen den Inseln hindurchsteuern, weil wir Untiefen fürchten müssen.“

      „Wir versuchen es“, erwiderte der Seewolf. „Freunde, diese Übermacht an Spaniern erscheint mir zu groß, außerdem gibt es bei denen nichts zu holen außer Waffen und Munition. Damit sind wir bereits ausreichend versorgt. Wenn es irgend geht, will ich verhindern, daß unsere ‚Isabella‘ in Stücke geht.“

      Shane lag eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, aber er sprach sie nicht aus. Natürlich hatte Hasard recht. Fürs Kneifen war er ganz und gar nicht, das wußten sie zur Genüge. Nur hielt er es für taktisch richtiger, sich mit dem Kriegsschiffverband nicht anzulegen.

      „Anluven“, befahl Hasard. „Pete, fünf Strich Backbord!“

      „Fünf Strich Backbord, Sir“, erwiderte Pete Ballie, der Rudergänger.

      „Wir gehen auf Ostkurs und segeln zwischen den Inseln hindurch!“ rief Hasard.

      „Ostkurs!“ brüllte Carberry. „Braßt an, ihr Halunken, oder muß ich euch das erst wieder vorexerzieren? Oh, ihr abgeschlafften Mastaffen, habt ihr heute Feiertag?“

      Schneller hätte er der Crew die Manöver auch nicht vorführen können, aber er betrachtete es eben als eine Art Existenzberechtigung, in seiner Funktion als Profos den Männern überflüssige Anweisungen auf seine ureigene Art zuzuschreien.

      Die „Isabella VIII.“ schwenkte mit ihrem Bug nach Osten und ging hart an den Wind. Die Segel waren so weit angebraßt wie irgend möglich, und jede Sekunde drohte das Schiff in den Wind zu laufen. Hasard preßte die Lippen zusammen. Er korrigierte nicht, hielt den neuen Kurs strikt ein und knüppelte seinen Dreimaster mit eiserner Hand.

      Die größte der Inseln war diejenige, die am dichtesten zum Festland hin versetzt aus der See aufragte.

      Hasard steuerte auf sie zu. Er blickte wieder durch das Spektiv und registrierte erst jetzt, daß auf dem Eiland Bauten existierten. Bisher hatten sich die Gebäude für ihn und seine Crew im toten Blickfeld befunden. Jetzt schob sich ihr Schiff auf das südliche Inselufer zu, und allmählich rückten die Zeugen menschlichen Wirkens in den Sichtbereich.

      „Befestigungsanlagen!“ rief Dan O’Flynn. „Da öffnet sich eine Bucht an der Ostseite der Insel – mit einem richtigen Hafen! Die bauen da ein Fort oder was Ähnliches!“

      „Die?“ wiederholte Ben Brighton. „Wen meint er damit?“

      „Dreimal darfst du raten“, sagte Hasard bissig.

      „Ile du Diable“, sagte Ferris Tukker. „Auf Spanisch Isla del Diablo. Mann, mich soll wirklich der Teufel holen, wenn da nicht was oberfaul ist.“

      Er hatte noch nicht ganz ausgesprochen, da stieß Dan einen gellenden Schrei aus. Hasard fuhr zusammen wie unter einem Peitschenhieb. Er blickte nach oben und sah, wie Dan die rechte Hand nach vorn stieß und mit dem Zeigefinger auf etwas wies. Hasard senkte wieder den Blick und spähte in die Richtung zur Insel.

      Sie war ungefähr so groß wie Little Cayman, jedoch nicht langgestreckt wie jene, sondern rund wie ein gigantischer, leicht deformierter Kuchen. Hasard brauchte nicht herumrätseln, auf was Dan hinweisen wollte. Er sah jetzt auch, was sich da aus der Bucht mit den Befestigungsanlagen hervorschob.

      Schiffe.

      Wieder ein ganzer Verband!

      „Vier Galeonen“, sagte Hasard. „Kriegsschiffe. Spanier. O Hölle und Teufel, was haben wir uns da bloß eingebrockt!“

      „Laß uns erst mal heran sein!“ rief der alte O’Flynn. „Dann braten wir ihnen eins über, daß ihnen Hören und Sehen vergeht.“

      Hasard spielte mit diesem Gedanken. Aber dann sah er drüben die Stückpforten der spanischen Schiffe hochgehen und zählte fünfzehn bis zwanzig auf jeder Galeone. Das hieß: Jeder dieser Segler brachte mindestens dreißig Geschütze gegen sie auf, im günstigsten Fall waren es insgesamt hundertzwanzig Kanonen auf dieser Gegnerseite.

      Und die fünf Schiffe an Steuerbord? Die verfügten über mindestens ebenso viele Kanonen.

      „Durch den Wind mit dem Kahn!“ schrie er. „Wir gehen über Stag und auf Gegenkurs!“

      Carberrys Gebrüll purrte die Crew erneut an die Schoten und Brassen. Pete Ballie legte das Steuerruder scharf herum, und prompt reagierte die „Isabella“. Sie luvte dicht vor der Südküste der Insel an, riskierte, mit irgendwelchen Riffs oder anderen Untiefen zu kollidieren, ging durch den Wind, fiel ab, segelte nun über Backbordbug und hatte den Wind schließlich raumschots. Sie nahm neue Fahrt auf, schoß wie ein erbostes Füllen nach Westen – und doch brachte es nicht den gewünschten Erfolg.

      Die fünf Gegner, die aus Richtung Festland aufgekreuzt waren, hatten sich auseinandergefächert und rückten Hasard nun als breite Phalanx auf den Leib. Zwei Galeonen bewegten sich nach Nordwesten und schnitten ihm auch von dieser Seite den Weg ab.

      „Es hat keinen Zweck“, stieß Hasard wütend aus. „Wir müssen uns stellen. Sie haben uns umzingelt. Das Kesseltreiben beginnt.“

      „Aber noch haben sie uns nicht am Achtersteven zu packen!“ rief Old O’Flynn zurück. „Hey, wo bleibt denn dein alter Kampfgeist, Seewolf? Bist du nicht in Ordnung? Mann, was ist denn in dich gefahren?“

      Hasard sah zu ihm, ihre Blicke verfingen sich ineinander. Plötzlich grinste Hasard. In diesem Augenblick haftete ihm tatsächlich etwas Wildes, Wölfisches an. „Ich brauche weder Schröpfköpfe noch Blutegel, um mich zu kurieren, falls du das meinst, du alter Oberhalunke. Mir fehlt nichts.“

      „Mir auch nicht“, platzte Ben Brighton heraus. Er schwenkte sogar seinen verwundeten Arm. „Heda, auf was warten wir eigentlich noch?“

      „Auf gar nichts“, erwiderte Hasard. „Es geht los.“

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