Seewölfe Paket 7. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 7 - Roy Palmer


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Thornton sah ein Schiff, einen spanischen Zweidecker, der den Kurs änderte und auf ihn zulief.

      Das ist die Rettung, dachte er, oder es ist wieder ein Trugbild, das sich auflösen wird.

      Doch das Schiff löste sich nicht auf. Es segelte ihm beharrlich entgegen, ging etwas später in den Wind und braßte vierkant.

      Thorntons Herz klopfte vor Erwartung. Gleich würde er Wasser kriegen, Verpflegung, vielleicht in einer Koje schlafen können.

      Und die Leute von der „Black Pearl“ konnte er auch noch in die Pfanne hauen, wenn er den Spaniern eine rührselige Geschichte erzählte.

      Sie warfen ihm einen Tampen hinunter, banden das Floß fest und ließen ihn über die Jakobsleiter aufentern.

      Thornton sprach schlecht spanisch, aber zur Verständigung reichte es.

      „Meine Retter“, murmelte er erschöpft und ließ sich auf die Planken sinken.

      Der Kapitän, ein kleiner dicklicher Mann mit wäßrigen Augen, sah ihn verächtlich an.

      „Ein Engländer“, sagte er abfällig. „Hat man dich ausgesetzt, Amigo?“

      Teufel, dachte Thornton, vor dem Burschen muß ich mich in acht nehmen, der hat mich anscheinend gleich durchschaut, dem kann ich nicht allzuviel vorflunkern. Auf das gespielte Theater vom total erschöpften Mann schien der auch nicht hereinzufallen.

      Blitzschnell erfand er eine haarsträubende Geschichte.

      „Ich bin Priester“, sagte er schwach. „Gott segne euch, er soll auch die nicht verdammen, die mich ausgesetzt haben. Ja, man hat mich ausgesetzt“, sagte er klagend. „Ausgesetzt, weil ich das Morden und Töten nicht länger mit ansehen konnte. Ich schäme mich für meine Landsleute, Capitan.“

      „Wer hat wen getötet und warum?“ fragte der dickliche Mann kühl.

      „Ich war auf der ‚Black Pearl‘, einem englischen Schiff. Sie hatte den Auftrag, spanische Schatzschiffe zu überfallen, doch das erfuhr ich erst, als wir unterwegs waren. Nie hätte ich die Planken dieses Schiffes betreten, ich schwöre es.“

      Daß er Priester war, hinterließ bei diesen Leuten nicht den geringsten Eindruck.

      „Kann ich einen Schluck Wasser haben?“ fragte er schnell.

      „Bringt ihm Wasser!“ befahl der Capitan. „Erzählen Sie weiter, Amigo!“

      Eine Muck Wasser wurde ihm gereicht, die er gierig an die Lippen setzte und austrank. Dann berichtete er weiter.

      „Unser Kapitän brachte zwei Spanier auf und kaperte sie. Die Mannschaft ließ er elendiglich ersaufen, als das Schiff sank. Zuvor stahl er noch den größten Teil der Ladung.“

      Der Capitan verzog nicht einmal das Gesicht.

      „Wie hieß das Schiff?“ fragte er schnell.

      „‚Black Pearl‘, Capitan.“

      „Ich meine den Spanier!“

      „Ah, ich habe mir das furchtbare Gemetzel nicht mit ansehen können, ich bin gleich unter Deck gegangen und habe gebetet für die armen Seelen.“

      „So, so, Sie haben gebetet, und den Namen kennen Sie nicht?“

      „Er fing, glaube ich, mit Nuestra an oder so ähnlich.“

      Wieder zeigte sich keine Regung im Gesicht des Spaniers.

      „Und wie war das mit dem anderen Schiff?“

      „Unser Kapitän ließ es entern, nachdem die Seeleute es zusammengeschossen hatten. Sie luden Gold- und Silberbarren auf die ‚Black Pearl‘ und segelten davon, ohne sich um das sinkende Schiff und die Männer zu kümmern. Daraufhin sprach ich mit dem Kapitän und bin wohl etwas ausfallend geworden in meinem gerechten Zorn. Ich sagte, daß er zumindest die Verantwortung für die spanischen Leute hätte und sie nicht umkommen lassen dürfe. Er lachte nur, er lachte mich aus“, sagte Thornton bitter mit gesenktem Kopf.

      „Welchen Kurs lief das englische Schiff?“

      „Auf Ostkurs, aber wir waren in einer Kalme.“

      „Wie viele Kanonen?“

      „Sechs auf jeder Seite und vorn und achtern eine.“

      „Was geschah weiter?“

      „Der Kapitän ließ mich aussetzen, er könne meine Vorwürfe nicht mehr mitanhören, denn die anderen seien doch nur dreckige Spanier, so sagte er wörtlich.“

      „Sie, einen Priester, hat man also ausgesetzt“, sagte der Capitan kopfschüttelnd. „Das ist eine harte Strafe, Mann Gottes, eine sehr harte sogar. Das muß ich unbedingt einmal meinen Leuten demonstrieren, denn einige werden aufsässig. Würden Sie mir dabei helfen, Amigo?“

      „Sehr gern, Capitan.“

      Der Spanier ließ seine Leute zusammenrufen. Fünfundzwanzig Mann nahmen am Schanzkleid Aufstellung.

      „So hat ein englischer Kapitän einen Priester ausgesetzt“, sagte der Capitan laut. „Zeigen Sie es den Kerlen einmal, steigen Sie über die Jakobsleiter auf Ihr Floß!“

      Thornton grinste sich eins. Jetzt bedauerten sie ihn alle sehr, das las er in ihren Gesichtern, und er freute sich, daß er es demonstrieren durfte.

      So schnitt er ein unsagbar wehleidiges Gesicht, winkte noch einmal abschiednehmend und stieg mit traurigen Augen auf sein Floß.

      „Könnt ihr euch jetzt vorstellen, wie dem Mann zumute ist?“ fragte der Capitan laut.

      „Si, Senor!“ tönte es im Chor zurück.

      Thornton wollte nach der Leiter greifen, um wieder aufzuentern, doch die hing nicht mehr da.

      Der spanische Capitan sah ihn ausdruckslos an, griff nach einem Messer und durchtrennte blitzschnell das Tau, das das Floß mit der Galeone verband.

      Im ersten Augenblick begriff Thornton gar nichts. Sprachlos stand er auf seiner wackligen Unterlage und starrte nach oben.

      „Ihr Besuch war mir eine Ehre, Amigo“, sagte der Spanier feierlich ernst und verbeugte sich. „Segeln Sie in Gottes Namen weiter, Amigo, wir haben Sie schon viel zu lange aufgehalten!“

      Er verbeugte sich noch einmal, lüftete seine Kopfbedeckung wie ein spanischer Grande und wandte sich ab.

      Reverend Thornton stand da, als hätte ihn der Blitz getroffen. So richtig kapierte er es immer noch nicht.

      Ist das alles etwa immer noch auf den Genuß des Fisches zurückzuführen, dachte er betäubt. Ist das alles nur ein Spuk?

      Nein, es war kein Spuk. Schon standen auf der Galeone wieder die Segel, wurden Kommandos gebrüllt, das Schiff nahm langsam Fahrt auf und ging auf Westkurs.

      Als es an Reverend Thornton vorüberzog, winkte der Spanier noch einmal lässig mit der Hand, gnädig, herablassend, und die lausigen Kerle, die am Schanzkleid standen, grinsten und spien ins Wasser.

      „Bastarde!“ kreischte Thornton, den es innerlich vor Zorn, Wut und Enttäuschung fast zerriß. „Spanische Dreckfresser, Kakerlaken, Hurenböcke!“ brüllte er. Seine Stimme ging in ein Schluchzen über, unterbrochen von pausenlosen Flüchen.

      „Ihr verlausten Rattenpisser, puta madre santissimo, absaufen sollt ihr mit eurem Mistkahn, ihr Schneckenfresser!“

      Thornton tobte selbst dann noch, als das Schiff bereits am Horizont verschwand.

      Gebrochen an Leib und Seele legte er sich nieder. Sie haben mir kein Wort geglaubt, keine einzige Silbe, dachte er.

      Die Kerle würden sich totlachen, und diese schmähliche Niederlage stachelte seinen Zorn nur noch mehr an. Um ein Haar wäre er bei seinem Tobsuchtsanfall ins Wasser gekippt.

      Nein, das gab es einfach nicht, sagte er sich immer wieder. Sie konnten keinen Schiffbrüchigen einsam ohne Wasser und Verpflegung


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