Seewölfe - Piraten der Weltmeere 105. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 105 - Roy Palmer


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der voraussichtliche Aufbruch in Manila ist festgehalten. Wenn ich die anderthalb Monate hinzuzähle, die die Spanier für die Überquerung des Ozeans eingeplant haben, den Aufenthalt in Acapulco, die Zeit, die man dort für das Löschen der Ladung und das Verstauen von Gold und Silber benötigt, dann befindet sich die Galeone entweder ein paar Tagesreisen irgendwo hinter uns, oder sie ist uns vor der Nase davongesegelt. Wenn ich das eher gewußt hätte!“

      „Warum segeln wir nicht einfach nach Neuspanien zurück?“ fragte der alte O’Flynn. „Vielleicht schnappen wir diese Narren noch. Einen Versuch wäre es doch wert.“

      „Donegal“, sagte Hasard. „Nun überleg doch mal. Wir müßten gegen den Wind kreuzen und würden für die Rückkehr in die Neue Welt mehr Zeit brauchen als siebzehn Tage. Das kann ich nicht verantworten, wir haben icht mehr genügend Proviant und Trinkwasser an Bord. Außerdem wissen wir ja nicht, ob die Manila-Galeone noch in Acapulco liegt. Und ihren Kurs kennen wir nicht. Sie könnte also glatt an uns vorbeisegeln, ohne daß wir sie überhaupt sehen. Und weiter: Wer sagt uns, daß die Spanier den Terminplan der ‚Nao‘ inzwischen nicht bereits wieder geändert haben?“

      „Da ist was dran“, meinte der Alte zerknirscht. „Das muß man sich erst mal genauer durch den Kopf gehen lassen. Ja, dann können wir den Kahn wohl doch in den Wind schreiben, oder?“

      Hasard steckte das Dokument wieder ein. „Ich bin ein unverbesserlicher Optimist, Donegal. Ich rechne mir noch ein paar Chancen aus, der Galeone irgendwo aufzulauern.“

      „Und was du da eben über den Proviant gesagt hast, glaubst du denn, bis in das Land der Zopfmänner brauchen wir weniger Zeit als noch mal zwanzig, dreißig Tage?“

      „Keineswegs.“

      „Dann sollten wir lieber Fische zu fangen versuchen, statt hier Löcher in die Luft zu glotzen“, sagte der Alte zu Ben, Ferris, Shane und Smoky gewandt. „Sonst nagen wir bald am Hungertuch.“

      Hasard lächelte wieder. „Donegal, ich schätze, wir stoßen bald auf Inseln. Dort läßt sich unser Nahrungs- und Frischwasserproblem lösen.“

      „Dein Wort in Gottes Ohr, Kapitän Killigrew“, sagte Old O’Flynn verdrossen.

      Er wollte noch etwas hinzufügen, aber sein Sohn richtete sich genau in diesem Augeblick im Großmars auf und stieß einen wilden Schrei aus.

      Dan wies mit dem ausgestreckten Arm nach vorn und rief: „Land in Sicht! Direkt voraus!“

      Er lachte, stieß Arwenack mit dem Ellbogen an, und der gab ein begeistertes Grunzen von sich, klatschte in die Vorderpfoten und drehte sich im Kreis auf der Großmarsplattform.

      Sir John ließ sich von der Großmarsrah fallen und raste im Sturzflug zwischen Groß- und Fockmast auf die Kuhl zu. Er fing seinen Flug mit ausgebreiteten Schwingen ab, glitt in einer eleganten Schleife dahin, wich den Steuerbordfockwanten um knapp eine Handspanne aus, setzte seine Reise in kreisenden, spiralförmigen Abwärtsbewegungen fort und landete schließlich auf Carberrys linker Schulter.

      Zärtlich knabberte er am Ohr des bulligen Mannes herum. „Land in Sicht“, brabbelte er dabei.

      „Du gerupfter Zwerghahn“, sagte der Profos. „Das wissen wir doch schon. Deswegen brauchst du doch nicht so einen Aufstand zu veranstalten.“

      Er war aber auch froh, daß sich eine Abwechslung anbahnte. Jetzt war nicht nur mit dem eintönigen Dahinsegeln Schluß, jetzt konnten die Kombüsenvorräte ergänzt werden, und mit einigem Glück würden sie eine Trinkwasserquelle finden.

      Der Kutscher stürzte aus dem Kombüsenschott, er sah verstört aus.

      „He, du blinder Bär“, fuhr Carberry ihn an. „Hast du gepennt, was, wie? Schleif die Messer und wetz die Hackebeilchen, es gibt bald Arbeit für dich. Ich hoffe, wir finden genügend Viehzeug zum Jagen.“

      Der Kutscher blieb stehen und schaute ihn an. „Ja, Ed, das wird auch Zeit. Ich habe eben festgestellt, daß etwa die Hälfte unseres letzten Zwiebackbestandes schimmlig geworden ist. Und die letzte Speckseite ist auch angefault. Der Teufel mag wissen, wie das passieren konnte.“

      „Du hast nicht aufgepaßt, das ist es“, sagte Carberry erbost. „Weißt du, was ich mit dir mache?“

      „Ich kann’s mir vorstellen“, erwiderte der Kutscher. Er dachte dabei an das Profos-Lieblingszitat.

      Aber Hasard trat zu ihnen. Er hatte das Achterdeck verlassen und begab sich mit dem Spektiv in der Hand auf den Weg zur Back. Er wollte sich ein Bild von Dan O’Flynns Entdekkung verschaffen.

      „Ed“, sagte er. „Es ist einfach zu heiß. Der Kutscher hat keine Schuld, wenn ein Teil unseres Proviants verdirbt. Dir würde es auch nicht besser ergehen, wenn ich dich zum Kombüsendienst abkommandieren würde.“

      „Ich als Heringsbändiger und Suppenpanscher?“ stieß Carberry entsetzt hervor. „Das fehlte noch!“

      „Dann hol tief Luft und zähle bis zehn“, sagte der Seewolf.

      Der Profos tat es. Als er ausgezählt hatte, waren Hasard und der Kutscher verschwunden. Sie standen nun beide auf der Back – neben Smoky, Batuti, Al Conroy, Matt Davies und all den anderen, die sich dort nach und nach einfanden. Alle spähten angestrengt voraus.

      „Das sind Inseln!“ schrie Dan O’Flynn aus dem Großmars. „Zwei – jetzt sehe ich noch eine dritte!“

      „Vielleicht sind’s auch noch mehr als drei“, murmelte Carberry. „Ein ganzer Archipel. Hoffentlich gibt’s da nicht so blöde Biester wie auf den gottverfluchten Galapagosinseln. Drachen, Riesenschildkröten, anhängliche Seelöwen und diebische Drosseln – davon hab ich die Nase gestrichen voll.“

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