Seewölfe Paket 18. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 18 - Roy Palmer


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Seite immer ungeduldiger wurde. Aber das störte die Rote Korsarin im Moment überhaupt nicht.

      „Was mich beunruhigt, ist, Karl, daß diese ‚Black Queen‘ irgendwo noch einen geheimen Stützpunkt haben soll und daß sie versucht, alle anderen Schnapphähne der Karibik, sofern sie Farbige sind, unter ihr Kommando zu bringen. Weiße scheint sie nicht bei sich zu dulden. Das ist auch der Grund, warum ich schon früher zurückgesegelt bin. Ich wollte die Schlangeninsel nicht so lange alleine und ohne Schutz auch zur See wissen. Aber jetzt ist wieder alles anders geworden. Es wird gut sein, Karl, wenn sich sofort eine Schaluppe auf den Weg nach Tortuga begibt, um Thorfin und Jean zu informieren. Ich habe so eine dunkle Ahnung, als ob ihre Anwesenheit hier schon sehr bald dringend notwendig sein wird.“

      Siri-Tong ahnte in diesem Moment gar nicht, wie recht sie mit dieser Voraussage behalten sollte.

      Karl von Huttens Gesicht hatte sich verdüstert.

      „Ich wollte mit dir segeln, mit dir und Araua, Siri-Tong. Aber daraus wird jetzt nichts. Ich selbst werde mit einer Schaluppe nach Tortuga hinübersegeln, denn ich glaube, daß du recht hast. Außerdem hat mich das, was ich von Araua erfahren habe, auch nicht ruhiger werden lassen. Über unserer Schlangeninsel braut sich etwas zusammen, das spüre ich. Ich werde sofort die notwendigen Vorbereitungen treffen. Aber wer kümmert sich um die Schlangeninsel, solange auch ich noch fort bin?“

      Siri-Tong sah Araua an.

      „Ich werde den Boston-Mann auf unserer Insel zurücklassen. Araua wird mit Tomota, dem Häuptling der Schlangenkrieger sprechen. Außerdem ist auch noch Arne von Manteuffel da mit seinem Kapitän O’Brien und der alte Ramsgate mit seinen Männern. Das reicht, um die Insel gegen jeden Angreifer eine Weile zu verteidigen. Der Boston-Mann kennt alle Befestigungen dieser Insel so gut wie ich, außerdem kommt er mit allen Araukanern sehr gut aus.“

      Sie wandte sich ab.

      „Araua hat recht – wir sollten den Schlangengott jetzt nicht mehr länger warten lassen. Wir sehen uns nachher noch.“

      Araua und die Rote Korsarin gingen über das Plateau des Ratsfelsens in Richtung Schlangentempel davon. Dann verschwanden sie in dem dunkel gähnenden Eingang, der von Araua nicht wieder verschlossen worden war. Die Rote Korsarin war gespannt darauf, was der Schlangengott ihr zu sagen haben würde. Denn es war das erstemal, daß er sich mit ihr direkt in Verbindung setzte.

       3.

      Das Unwetter hatte sich gelegt. Zwar fuhren immer noch vereinzelt heftige Böen durch die Bucht jener Caicos-Insel, an deren Klippen die „Mocha II.“ ihr Ende gefunden hatte, aber als es hell wurde, als ein neuer Tag über der Karibik emporstieg, rissen die schweren Wolken auf. Erste Sonnenstrahlen tasteten sich über das Bild der Verwüstungen, die das Unwetter hinterlassen hatte.

      Arkana hatte sich zwischen den Felsen erhoben, und auch ihre Kriegerinnen blickten auf die Bucht hinab. Sie erkannten das Wrack ihres Schiffes, das zwischen den Klippen steckte und einen traurigen Anblick bot.

      Bis auf den Besan, an dem noch die Fetzen des Gaffelsegels flatterten, war die Galeone entmastet. Der Haupt- und der Fockmast hingen über Bord. Tauwerk, laufendes und stehendes Gut, Rahen wie Spieren und auch zerfetztes Segeltuch verwandelten das Hauptdeck der „Mocha II.“ in ein einziges Chaos.

      Als Arkanas scharfe Augen die Galeone weiter abtasteten, und als die Erinnerungen an jene Riesenwoge wieder lebendig wurden, die sie auf die Klippen geworfen hatte, wußte sie, daß sie mit diesem Schiff niemals mehr von dieser Insel fortsegeln konnten. Denn auch der Rumpf der „Mocha II.“ war geborsten, wie die Rippen eines Skeletts standen zum Teil die Spanten heraus.

      Tatona berührte Arkana am Arm.

      „Man wird nach uns suchen. Karl von Hutten weiß, daß wir in Richtung Caicos-Inseln gesegelt sind, und auch Araua weiß es. Wir werden warten müssen, Arkana. Überleben können wir auf dieser Insel …“

      Tatona unterbrach sich in diesem Augenblick. Und auch durch Arkanas hochgewachsenen, schlanken Körper ging ein Ruck. Gleichzeitig fuhren die Köpfe der Schlangenkriegerinnen in die Richtung, in die Tatona jetzt voller Erregung deutete.

      Im hinteren Teil der Bucht, dort, wo eben noch dichte Nebelschleier die Küste verdeckt hatten, wuchs aus den Nebeln plötzlich wie von Geisterhand gezeichnet ein großer Dreimaster hervor. Ein düster wirkendes, unheimliches Schiff. Weit größer als ihre „Mocha II.“, größer auch als die „Isabella IX.“ des Seewolfs, zumindest wirkte sie so. Ihr Rumpf ragte hoch aus dem Wasser, und irgendwie wirkte er fast so mächtig wie „Eiliger Drache über den Wassern“, wie der Schwarze Segler Thorfin Njals, des Wikingers.

      Arkana stand wie erstarrt. Wo kam dieses Schiff her? Wahrscheinlich hatte es diese Insel schon vor ihnen angelaufen, um vor dem Unwetter Schutz zu suchen. Und natürlich war es völlig unmöglich gewesen, es während der zuckenden Blitze, des sintflutartigen Regens und ihrem verbissenen Kampf ums nackte Überleben zu entdecken.

      „Wir sind nicht allein auf dieser Insel“, sagte Tatona. „Dort ist ein Schiff, das Schiffbrüchigen seine Hilfe gewiß nicht versagen wird, Arkana …“

      Arkana bedeutete Tatona durch eine Handbewegung zu schweigen.

      „So einfach ist das nicht, Tatona“, erwiderte sie schließlich. „Auch wenn jene bereit wären, uns zur Schlangeninsel zu segeln, so dürften wir das Geheimnis unserer Insel dennoch nicht preisgeben. Nein, wir müssen zuvor erkunden, wer sich auf jeher Galeone dort befindet. Es werden eher Feinde sein als Freunde, fürchte ich!“

      Arkana hatte das auf Araukanisch gesagt, und das war ihr Glück, nur wußte sie es nicht. Denn in diesem Augenblick wurden sie und ihre Schlangenkriegerinnen von vielen Augenpaaren beobachtet. Ganz besonders aber von zwei kohlschwarzen Augen, die zu einer großen, athletisch gebauten Negerin mit pechschwarzer Haut gehörten. Ihr Oberkörper war nackt, genau wie der Arkanas und ihrer Schlangenkriegerinnen. Um die Hüfte trug sie einen breiten Ledergürtel, der zugleich ein lendenschurzähnliches Kleidungsstück hielt, das ihre Scham bedeckte. Im Gürtel steckte eine doppelläufige Pistole, deren feine Ziselierungen sie als eine äußerst wertvolle und sorgfältig gefertigte Waffe aus Meisterhand auswiesen.

      In der Rechten hielt sie eine Art Entermesser, dessen Klinge jedoch länger und breiter war, als bei diesen Waffen normalerweise üblich.

      Wenn sie sich bewegte, dann spielten unter ihrer pechschwarzen Haut Muskeln, die auch dem stärksten Mann zur Ehre gereicht hätten.

      Neben ihr, ebenfalls sorgfältig in Deckung hinter den Felsen, stand ein riesiger Schwarzer, dem jeder auf den ersten Blick ansah, wie stark und gefährlich er war. Sein Gesicht stellte eine merkwürdige Mischung aus Brutalität und Intelligenz, aus Unerschrockenheit und Verschlagenheit dar. Ein krauser, aber dennoch wild wirkender Bart umrahmte sein Kinn. Gekleidet war er ähnlich wie die Negerin an seiner Rechten, und auch seine Bewaffnung entsprach der ihren.

      Die Negerin beugte sich jetzt zu dem Schwarzen hinüber.

      „Zum Teufel, was sind das für Weiber, Caligula?“ fragte sie leise, ohne Arkana und ihre Kriegerinnen aus den Augen zu lassen. „Hast du jemals von Indianern etwas gehört, die mit einer verdammten Galeone durch die Karibik segeln?“

      Caligula – so hieß der riesige Schwarze neben der Negerin, die offenbar auch die Anführerin des Trupps von Negern, Kreolen, Mestizen und anderen, undefinierbaren Farbigen war, kam nicht mehr dazu, zu antworten, denn in diesem Moment entdeckte Arkana einen der Schwarzen, der sich zu weit aus seiner Deckung hervorgewagt hatte. Er hatte die fast nackten Schlangenkriegerinnen, von denen eine so bildschön war wie die andere, genauer betrachten wollen. Arkana entging der lüsterne, gemeine Gesichtsausdruck, mit dem dieser Kerl sie und Tatona anstarrte, nicht. Sie wußte sofort, daß diese Kerle ihr und ihren Kriegerinnen alles andere als freundlich gesonnen waren.

      Sie stieß einen schrillen Ruf aus, und sofort verschwanden ihre Kriegerinnen zwischen den Felsen.

      Die Negerin stieß einen Fluch aus. Aber dann sprang sie aus ihrer Deckung hervor.


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