Seewölfe Paket 17. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 17 - Roy Palmer


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und sagte: „Der Kutscher meinte nur, daß es für Eike heilsam sei, zu schweigen. Vielleicht solltest du den Rat beherzigen und deinen Lippen ebenfalls Gelegenheit geben, der Ruhe zu pflegen. Wir wären dir dafür äußerst dankbar.“

      „Ich rede, wann’s mir paßt“, erklärte Old O’Flynn.

      „Leider“, sagte Ferris Tucker. „Aber vielleicht kriegst du auch mal was aufs Maul. An dem Tag werde ich dem Herrn ein Hosianna singen. Allerdings wirst du dann wohl noch schnarchen können – so wie in der letzten Nacht. Mein Gott, ich dachte, jemand zersägt das Kielschwein.“

      „Das war ich nicht“, sagte Old Donegal erbost, „das war Mister Shane. Ich kann überhaupt nicht schnarchen!“

      Ferris Tucker und Big Old Shane wechselten einen Blick und grinsten.

      Ferris Tucker sagte: „Soweit mir erinnerlich, pochte ich heute nacht an unsere gemeinsame Wand, Mister O’Flynn, und bat dich, mit dem ruhestörenden Lärm endlich aufzuhören.“

      „Ach, du warst das?“ sagte Old Donegal spitz. „Ich dachte schon, der Wassermann hätte angeklopft.“

      „Der holt dich bald ab, wenn das so weitergeht“, sagte Ferris Tucker. „Im übrigen hast du eben bestätigt, daß du mein Klopfen gehört hast. Und ich habe nicht angeklopft, um mich mit dir zu unterhalten – da ist mir mein Schlaf mehr wert –, sondern um deine verdammte Schnarcherei abzustellen.“

      „Schnarcher sind eine Plage für die ganze Mannschaft“, dozierte der Kutscher. „Ferner, so lehrte mich Doc Freemont, neigen Schnarcher zu Lügen, weil sie stets behaupten, sie hätten nicht geschnarcht. Drittens, so lautete Doc Freemonts Diagnose, schnarchen Schnarcher mit offenem Mund, was beweist, daß die Zu- und Abluftkanäle in der Nase – äh – blockiert sind, welchselbige nur mittels chirurgischem Eingriff wieder geöffnet werden können.“

      „Hast du das schon mal gemacht?“ fragte Ferris Tucker grinsend, denn er hatte bemerkt, wie Old Donegal plötzlich seine Nase abgetastet hatte, ein bißchen erschrocken, wie es aussah.

      „Es wäre meine erste Nasenoperation“, erwiderte der Kutscher mit Würde, „aber dem steht nichts im Wege, da ich die Ehre hatte, Doc Freemont bei den entsprechenden Eingriffen assistieren zu dürfen, so daß mir der Ablauf der Operation samt Handhabung des chirurgischen Instrumentariums bekannt sind.“ Er nickte vor sich hin. „Mac wird mir das Instrumentarium zureichen können, als da sind: Hammer und Meißel …“

      „Hammer und Meißel?“ unterbrach ihn Old Donegal entsetzt, während die Arwenacks mal wieder am Grinsen waren.

      „Hammer und Meißel“, bestätigte der Kutscher.

      Es war ein Glück für Old O’Flynn, daß Mac mit dem Fäßchen erschien und der Dialog nicht fortgesetzt wurde. Denn der Kutscher hätte ihm haarklein und mit seiner ganzen Pingeligkeit den Verlauf der Operation erklärt – zur Erheiterung der Arwenacks und zum Grausen Old O’Flynns. Der Kelch ging an ihm vorüber.

      Sie holten die Becher aus dem Gestell im Messeschrank, Mac besorgte das Einschenken, und die Zwillinge verteilten die Becher. Vater Hasard genehmigte für sie selbst einen Fingerhut voll. Dann trank er auf das Auge Edwin Carberrys und auf das Wohl der Blessierten. Als sie die Becher abgesetzt hatten, trat andächtige Stille ein. Alle schauten zu Eike und dem Boston-Mann.

      Hasard nickte ihnen aufmunternd zu. „Dann schießt mal los, am besten wohl du, Boston-Mann, wenn Eike das Sprechen schwerfällt. Daß wir uns wundern, euch hier anzutreffen, brauche ich wohl nicht weiter zu betonen. Was hat euch hierher verschlagen?“

      „Wir wollten euch suchen“, sagte der Boston-Mann schlicht.

      „In der Ostsee?“

      „Ja.“

      Schon ging das Gemurmel los.

      „Ruhe!“ sagte Hasard zu seinen Mannen. Und dann: „Ihr wußtet doch gar nicht, daß wir in die Ostsee wollten.“

      „Das nicht“, erwiderte der Boston-Mann, „aber ihr solltet oben bei Skagen die Order öffnen. Skagen deutete auf die Ostsee, sagten wir uns. Außerdem erfuhren wir, daß ihr Göteborg angelaufen hattet und von dort nach Süden gesegelt seid. Das sagte uns der Hafenmeister.“

      „Mann, Mann“, sagte Hasard. „Wenn ihr hier den Hafenkapitän nach uns gefragt hättet, ihr Hirsche, dann hättet ihr nicht zehn Tage im Kasten brummen müssen.“

      „Den wollten wir nicht fragen“, erklärte der Boston-Mann.

      „Und warum nicht?“

      „Ihr wart doch in geheimer Order unterwegs, Sir.“

      „Aber den Hafenmeister von Göteborg habt ihr doch offenbar nach uns gefragt. Oder nicht?“

      „Das ist richtig“, sagte der Boston-Mann, „aber der war ja nicht uniformiert. Und als diese verdammten Dänen auch noch Sundzoll von uns kassieren wollten, hat’s bei uns ausgehakt. Wer sind wir denn? Nein, mit Uniformierten wollten wir nichts zu tun haben.“

      Das war vielleicht eine Logik.

      Na, Schwamm drüber, dachte Hasard und fragte: „Und warum wart ihr auf der Suche nach uns?“

      Der Boston-Mann druckste herum und blickte Eike hilfesuchend an. Aber Eike nuckelte an seinem Becher und war nicht ansprechbar. Oder tat er nur so? Die beiden wirkten überhaupt so, als sei’s ihnen ziemlich unbehaglich.

      Schließlich sagte der Boston-Mann lahm: „Wir – wir brauchen deine Hilfe, Sir.“ Und damit verstummte er wieder.

      „Was heißt wir?“ fragte Hasard.

      „Die Crew des Schwarzen Seglers.“ Wieder Schweigen.

      „Mann, ist das spannend“, sagte Old O’Flynn. Seine Augen funkelten. „Sitz ihr etwa mit dem Arsch im Eis fest?“

      Der Boston-Mann schüttelte den Kopf und preßte die Lippen zusammen. Und Eike beschäftigte sich weiter mit seinem Becher.

      Da hatten sie nun die Seewölfe gefunden, aus purem Zufall, und jetzt hockten sie beide da und kriegten das Maul nicht auf.

      „Was ist los mit euch?“ fragte Hasard. „Ihr wolltet meine Hilfe. Wieso überhaupt meine?“

      „Weil – weil du das am besten kannst.“

      Hasard war am Stöhnen. „Was kann ich am besten?“

      „Na, mit unserem Kapitän reden.“

      Hasard schob den Kopf vor. Seine Augen waren ganz schmal geworden. „Ich soll mit eurem Kapitän reden? Mit Thorfin Njal?“

      „Ja.“

      „Wo steckt er denn? Hat er Thule gefunden?“

      „Nein.“ Der Boston-Mann kippte den Inhalt seines Bechers hastig herunter. Dann hustete er, natürlich. Stenmark, der neben ihm saß, klopfte ihm den Buckel.

      Hasard lehnte sich zurück und ermahnte sich, die Ruhe zu behalten. Die Arwenacks waren am Zappeln und rutschten auf ihrem Hintern hin und her.

      Carberry sagte grollend: „Muß euch unser Kapitän die Würmer einzeln aus der Nase ziehen, ihr Seegurken, was, wie? Mac, schenk den beiden Kerlen nach. Die zieren sich ja wie Jungfern in der Brautnacht!“

      Merkwürdig. Als Carberry „Brautnacht“ sagte, zuckten Eike und der Boston-Mann zusammen.

      Mac füllte ihre Becher voll und sagte: „Hicks!“

      „Dein Wortschatz läßt auch nach, Mac“, knurrte Carberry.

      Hasard drehte Däumchen und tat damit kund, daß er’s aufgegeben hätte, weitere Fragen zu stellen. Der Boston-Mann starrte ihn unglücklich an.

      „Sag’s ihm schon!“ nuschelte Eike und hatte einen roten Kopf.

      „Warum ich denn?“ brummte der Boston-Mann. „Sag du’s ihm doch. Ich hab schon soviel geredet. Mein Mund ist ganz trocken.“


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