Seewölfe - Piraten der Weltmeere 108. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 108 - Fred McMason


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aufgebaut.“

      „Klar Schiff zum Gefecht!“ brüllte der Wikinger sofort. „Hoch die Stückpforten, klar bei Brandsätzen!“

      Sein Brüllen purrte die Männer hoch. Im Nu war an Bord der Teufel los, und die vier Wikinger gaben ihre Spökenkiekerei auf.

      Nur an Mißjöh Buveur dachte niemand in diesem Augenblick. Der lag immer noch bäuchlings auf der Gräting und kotzte mit den Wellen aus der Bilge um die Wette.

      „Ja, jetzt sieht man sie deutlich“, sagte die Korsarin, während die Hektik um sie herum immer mehr zunahm. Kugeln wurden gemannt, Wasser gepützt. Sand auf die Decksplanken gestreut, und Cookie löschte sein Kombüsenfeuer.

      „Das eine ist das Drachenschiff, das andere eine Dschunke, die ich noch nie gesehen habe, dann wieder eine jener Dschunken, die Gemüse fahren, und dann ein Bambusfloß. Wir können ihnen nicht mehr ausweichen, es sei denn, wir segeln mitten durch die unbekannten Felsen hindurch, aber damit werden sie niemals rechnen. Vermutlich kann man nicht hindurchsegeln.“

      „Es sei denn“, sagte der Wikinger ernst.

      „Was meinst du?“ fragte Siri-Tong verwirrt.

      „Segeln wir hindurch. Wenn wir heil dort hindurchgelangen, haben die Kerle das Nachsehen, und bis dahin ist es so neblig und dämmerig geworden, daß sie uns nicht mehr finden, wenn wir ganz überraschend den Kurs wechseln.“

      „Und wenn wir hängenbleiben, Thorfin?“

      Der Wikinger entblößte sein mächtiges Gebiß.

      „Dann haben wir Pech gehabt“, sagte er trocken. „Laufen wir Back- oder Steuerbord vorbei, müssen wir kämpfen, und wie dieser Kampf ausgeht, kann ich mir an den Fingern einer Hand abzählen. Sie werden uns in Grund und Boden schießen und die Mumie klauen. Eine Chance haben wir jedenfalls nicht.“

      Siri-Tongs Gedanken jagten sich.

      Nein, sie wichen keinem Kampf aus, sie waren Piraten, Freibeuter, Korsaren aller Meere, aber sie hatten keine wirksamen Waffen gegen die neuartigen Brandsätze. Bevor sie ihre Kanonen abfeuerten, waren die höllischen Dinger schon da. Andererseits, überlegte die Rote Korsarin, würde niemand der Kerle damit rechnen, daß sie mitten durch die gefährlichen Klippen segeln würden. Nur – wie sah es auf der anderen Seite dieser Klippen aus?

      Sie konnte den Kerlen ein Schnippchen schlagen, und dann hatten die wirklich das Nachsehen. Ihre Wut mußte unbeschreiblich sein, wenn sie das seemännische Kunststückchen schaffte.

      Der Nebel an den Felsen wurde dichter und zäher. Der Wind trieb die Schleier nicht mehr auseinander. Es war allerdings merkwürdig, daß man das Tosen der Brandung an den Felsen nicht hörte, obwohl sich dort das Wasser brach und schäumend und gurgelnd in die Höhe stieg.

      Die Crew stand an den Geschützen, bereit, auf den kleinsten Wink der Roten Korsarin das Feuer zu eröffnen, doch sie schien immer noch mit einem Entschluß zu kämpfen.

      Sie sah sich die Schiffe an, und jetzt entdeckte sie ein zweites Bambusfloß mit großer Segelfläche, das sich an den anderen vorbeischob und gestaffelt seine Position einnahm.

      Eine prächtige Falle! Zerschellte „Eiliger Drache“ an den Klippen, die sich unheimlich groß und mächtig aus dem Wasser erhoben, dann waren die Kerle da und hatten leichtes Spiel. Scherte sie nach Back- oder Steuerbord aus, dann befand sie sich mitten im Feuerhagel der Brandsätze.

      Ihre kohlschwarzen Augen blitzten, ihre Stimme klang heiser vor Erregung. Sie drehte sich nicht um, als sie zu Tammy sagte: „Ich übernehme das Ruder, Tammy!“

      Der Kreole zuckte zurück, als hätte ihn eine Natter gebissen. So hatte er ihre Stimme noch nie gehört.

      „Aye, aye, Madame“, murmelte er.

      Siri-Tongs Stimme hallte über das ganze Schiff. Es gab niemanden, der sie nicht verstand.

      „Wir durchsegeln die Felsen, Männer! Das hat nichts mit Angst oder Feigheit zu tun. Es ist lediglich der vernünftigere Entschluß. Haltet euch fest, es kann sein, daß wir auf direktem Weg in die Hölle fahren!“

      Mit einem Satz war sie am Ruder.

      „Diese Satansbrut wird sich wundern!“ rief sie mit blitzenden Augen, und jetzt, als sie ihren Entschluß endgültig gefaßt hatte, wurde sie eiskalt und ruhig. So schnell sollten sie „Eiliger Drache über den Wassern“ nicht schnappen.

      In der Kuhl, auf dem Vor- und Achterdeck bekreuzigten sich die Männer hastig. Ihre Gesichter waren ernst. Sie wußten, was es hieß, wenn das Schiff die Felswände auch nur leicht berührte. Es würde in tausend Fetzen auseinanderfliegen.

      Die meisten trauten der Korsarin das waghalsige Unternehmen zu. Schließlich war immer sie es gewesen, die damals durch die gefährliche Passage der Schlangeninsel über das Höllenriff gesegelt war. Und fürwahr, sie hatte dem Teufel dabei mitunter wirklich ein Ohr abgesegelt.

      Manch andere, die sie auf der Pirateninsel Tortuga aufgelesen hatten, wußten das nicht. Ihnen wäre lieber gewesen, der Nordmann würde am Ruder stehen, und so sahen sie jetzt mit banger Erwartung den himmelhohen Klippen entgegen, denen sie sich rasch näherten.

      Auf den Dschunken rührte sich nichts. Die in dunkles Tuch gehüllten Männer standen wie ausgestopfte Puppen am Deck. Nur auf einem der Bambusflöße wurden anscheinend Brandsätze auf den schwarzen Segler ausgerichtet.

      Siri-Tong lachte leise. Der fette Brocken ging ihnen durch die Lappen, daran ließ sich nichts mehr ändern. Sie segelte genau in den Nebel und die Dunkelheit hinein, die sich zwischen den Felsen auftat. Der Mandarin, den sie an Bord hatten, würde als guter Geist das Schiff bewachen und sicher lenken. So war es schon immer gewesen, und es würde auch heute nicht anders sein. Davon war sie felsenfest überzeugt.

      Die leichte Dünung brach sich jetzt am Fuß der steil aufragenden Klippen mit donnerndem Brüllen und Fauchen. Es war ein Geräusch, das urplötzlich da war, das niemand gehört hatte, bevor die Felsen in Sicht waren.

      Zum ersten Mal verspürte Siri-Tong am Schiff auch den leichten Sog und die Strömung, die „Eiliger Drache“ direkt in den finsteren Schlund drückte und schob.

      Sie triumphierte. Mit einem schnellen Blick schätzte sie ab, daß die Masten durch die bogenartig zusammengewachsenen Felsen durchgehen würden. Es würde Maßarbeit werden, aber es war zu schaffen.

      „Sie ist verrückt“, sagte Bill the Deadhead erschüttert. „Sie fordert den Teufel heraus! Ich sehe zwar da vorn ein helles Licht, aber das geht niemals gut.“

      „Halt’s Maul“, sagte der Boston-Mann kalt. „Die Korsarin weiß, was sie tut.“

      Aber jetzt dachten die meisten anderen auch so. Sie würden es nicht schaffen. Der hohe Felsenbogen lag tiefer, als die Masten hoch waren, der Fels würde sie knicken und die Rahen wie Zahnstocher zerspellen.

      Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Instinktiv suchte jeder irgendwo Halt, etwas, woran er sich festklammern konnte, wenn die große Havarie erfolgte.

      Das Köchlein, das aus der Kombüse geschlichen war, stand mit bibbernden Knochen an Deck und blickte nach oben, wo die großen schwarzen Masten des Schiffes kleine Bögen in den dämmerigen Himmel zeichneten. Er hatte Angst, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn, er öffnete und schloß ständig den Mund, betete insgeheim, fluchte dann wieder und verwünschte Schiff und Felsen.

      Neben ihm stand Muddi, die kleine dreckige Ratte, der es auf der Lunge hatte. Er hustete, krächzte und murmelte unverständliche Worte vor sich hin.

      „Ich bin krank“, jammerte Muddi, „ich bin sterbenskrank und nun passiert dies!“

      „Wenn du sowieso bald verreckst, kann es dir ja egal sein, du Stinktier! Halt dich lieber fest!“

      Auch der großmäulige Mike Kaibuk, der immer so gern prahlte und angab, hatte alle Farbe verloren. Bleich und reglos stand er am Schanzkleid und schloß die Augen.

      „Der Teufelsfelsen“,


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