Seewölfe - Piraten der Weltmeere 230. John Curtis

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 230 - John Curtis


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heil in die Bucht zu steuern, oder wir sterben alle. Alle, Seewolf, daran solltest du denken …“

      „Ich habe das schon oft genug gehört, Don Bosco. Dir rieselt ja förmlich die Angst aus den Hosen. Ich habe es satt. Laß den Anker hieven, dann setzt die Segel, aber beeilt euch!“

      Der Seewolf lauschte dem Ton, der jetzt eben über die See zu ihnen drang. Es war wie ein hohles Brausen, das von der Insel auszugehen schien, und es verstärkte sich von Sekunde zu Sekunde.

      „Hörst du es, Don Bosco?“ fragte der Seewolf, und seine Augen begannen zu glitzern. „Ich sage dir, gib deine Befehle, oder wir kriegen den Anker nicht mehr aus dem Grund!“

      Der Seewolf hatte recht, die Strömung, die nun plötzlich einsetzte und immer stärker wurde, zerrte an dem Schiff.

      Don Bosco hetzte seine Männer ans Ankerspill, dann begannen sie unter seinem wüsten Gebrüll, den Anker zu hieven. Aber schon mußten sie die Spillspaken doppelt besetzen, so viel Kraft kostete es bereits, das Schiff gegen die Strömung über den Anker zu ziehen.

      Dann kam er frei, und es war, als ob ein Ruck durch die „Isabella“ ging.

      „Setzt die Segel!“ brüllte nun auch der Seewolf den Piraten an. „Setzt jeden Fetzen, den die Masten tragen! Wenn wir nicht schneller sind als die Strömung, dann haben wir kein Ruder im Schiff und fahren zur Hölle!“

      Das wirkte, die Piraten enterten auf, und sie arbeiteten wie die Besessenen. Daß sie ihr Handwerk verstanden, das sah der Seewolf auf den ersten Blick, und er quittierte es mit Erleichterung, denn die Situation wurde jetzt wirklich kritisch.

      Immer noch trieb die „Isabella“, aber sie trieb rückwärts, es war auch für Hasard völlig unmöglich, Ruder ins Schiff zu bringen. Er spürte den Wind, der mit dem Mahlstrom aufkam, ebenfalls ein Phänomen, das bisher niemand zu erklären gewußt hatte, das aber jedesmal auftrat. So zuverlässig wie der Mahlstrom selber.

      Hasard spürte den Druck, den der Wind auf die Segel auszuüben begann. Er spürte auch, wie die „Isabella“ sich gegen den Strom stemmte.

      „An die Brassen!“ brüllte er den Piraten zu, und er sah, wie Jean Ribault, der Franzose, ihn anstarrte. „Ho, holt durch!“ schrie der Seewolf, denn die „Isabella“ schwang herum, und es kam nun darauf an, daß der Wind so schnell wie möglich voll in die Segel blies und dem Schiff Fahrt verlieh. Die „Isabella“ mußte schneller sein als die Strömung, wenn sie aufs Ruder reagieren sollte.

      Das hohle Brausen des Mahlstroms hatte sich zu einem infernalischen Gurgeln, Zischen und Heulen gesteigert. Deutlich sahen die Piraten den weißen sprühenden Gischt, der den Felsendom erfüllte und ihn zu einer Hölle aus Wind und Wasser und tosender Finsternis werden ließen.

      Die Strömung des Mahlstroms hatte die „Isabella“ erfaßt und riß den Dreimaster unabänderlich auf den Felsendom zu. Der Wind, der in ihrer Takelage heulte, beschleunigte die Fahrt des großen Schiffes auf eine Weise, wie die Piraten das noch nie erlebt hatten. Einige von ihnen bekreuzigten sich, andere warfen sich einfach an Deck und klammerten sich irgendwo fest.

      Der Seewolf sah das, und Zorn loderte in ihm auf. Er wußte, daß Jean Ribault und seine beiden Söhne sich auf dem Vorschiff befanden. Ging etwas schief, dann waren sie tot, noch ehe die Katastrophe ihn und diesen dreimal verfluchten Don Bosco erreichte.

      „Scheuch deine Memmen ans Spill, du Bastard!“ fuhr er Don Bosco an, „oder du erlebst die nächste Viertelstunde nicht mehr. Wenn der Anker nicht sofort fällt, sobald ich es befehle, dann wirft uns der Strom auf ein Riff!“

      Don Bosco begriff. Er hastete durch das Heulen und Tosen zum Vorschiff hinüber, während der Seewolf wie ein Baum am Ruder stand. Die Piraten waren ihm in diesem Moment völlig gleichgültig, auch, was danach geschehen würde, wenn sie den Felsendom passiert hatten. Jetzt galt es, die „Isabella“, die viel zu spät den Anker gelichtet und die Segel gesetzt hatte, heil durch die Passage zu bringen. Hasard umklammerte das Ruderrad der „Isabella“ mit seinen Fäusten. Er wußte, daß diese Passage nicht so werden würde wie sonst, dafür hatte diese verfluchte Piratenbrut gesorgt. Aber er nahm sich in diesem Augenblick auch noch etwas anderes vor. Don Bosco würde das Geheimnis der Passage nicht bekommen, eher würde er ihn töten!

      Don Bosco hatte die Männer ans Spill gescheucht und die beiden Riesen, die die Wachen an den Backbordwanten ausgepeitscht hatten, als Aufpasser daneben gestellt. Danach hastete der Pirat zum Achterschiff zurück, das Grauen im Nakken, sooft er sich umdrehte und das brodelnde Inferno des Felsendoms sah, dem die „Isabella“ nun entgegenraste. Durch nichts mehr aufzuhalten, unabänderlich dem Können und den Fäusten des Seewolfs ausgeliefert.

      Don Bosco hatte dergleichen noch nie erlebt. Himmelhoch türmte sich der Felsendom vor der „Isabella“ auf. Ein Strom von gurgelndem, strudelndem pechschwarzen Wasser schoß ihm entgegen und verschwand in einer Höhlung, die Gigantenfäuste in die Felsen geschlagen haben mußten.

      Don Bosco klammerte sich am Ruderhaus fest. Das Tosen, Zischen und Gurgeln war jetzt so laut, daß es jede Unterhaltung unmöglich machte. Der Wind, der die „Isabella“ zusätzlich vorwärts trieb, fuhr heulend durch den Felsendom.

      Die „Isabella“ schien mit jeder Sekunde schneller zu werden. Sie raste auf die dunkle Höhlung zwischen den Felsen zu, und genau in dem Moment, in dem sie in der Höhlung verschwand, als Gischt ihr Vorschiff übersprühte und als sich um Schiff und Männer die Finsternis einer tobenden Hölle legte, schloß Don Bosco unwillkürlich die Augen.

      Das war der Augenblick, auf den der Seewolf gewartet hatte. Die ganze Zeit hatte er den Piraten nicht aus den Augen gelassen, indem er ihn aus den Augenwinkeln beobachtete. Aber jetzt, jetzt kam der Augenblick, in dem Don Bosco das Geheimnis der Passage sehen mußte, wenn er vor Angst nicht halb von Sinnen war, das aber wollte der Seewolf um jeden Preis verhindern.

      Als die „Isabella“ im Toben, im Inferno des Mahlstroms verschwand und wie von Gigantenfäusten durch den Felsendom gerissen und gepreßt wurde, schlug der Seewolf zu. Während seine Rechte das Ruderrad umklammerte und er seine Füße auf die Planken des Achterdecks stemmte, sauste die Linke des Seewolfs mit der Eisenschelle an ihrem Handgelenk, von wo aus sie eine Kette mit dem Ruder verband, auf den Schädel des Piraten nieder.

      Don Bosco zuckte zusammen. Einen Moment stierte er den Seewolf aus erlöschenden Augen an, dann brach er neben dem Ruderhaus zusammen.

      Niemand hatte davon in diesem Moment etwas bemerkt, denn die „Isabella“ jagte jetzt mit einer wahren Höllenfahrt durch den Felsendom. Dann aber kam das Riff. Der Seewolf erkannte es an dem Gischt, der himmelhoch zu steigen schien, und an der donnernden Brandung, in der sich der Mahlstrom an den scharfen Unterwasserfelsen brach.

      Es war der Moment, in dem sich entscheiden mußte, ob die Fahrt der „Isabella“ groß genug war, daß sie rasch genug aufs Ruder reagierte.

      Mit zusammengekniffenen Augen starrte er der Brandung entgegen. Schon oft hatte er mit seinem Dreimaster die Einfahrt in die Schlangenbucht gemeistert, aber jedesmal war es dieser Moment, der über Leben und Tod entschied. Das Ruder zu früh hart Backbord zu legen bedeutete, an den Felsen der Passage zerschmettert zu werden. Wurde jedoch nur um einen winzigen Moment zu spät Hartruder gelegt, dann zerschellte das Schiff samt Besatzung unweigerlich auf den Klippen des Höllenriffs.

      Hasard wartete. Dann legte er Ruder. Mit der ganzen Kraft, die in seinem durch viele Kämpfe trainierten Körper steckte, griff er in die Speichen des Ruderrades und zwang es herum.

      Aus schmalen Augen starrte er auf das Riff und auf das Vorschiff der „Isabella“. Dann atmete er auf – der Dreimaster schwang herum, jagte an der donnernden Brandung des Riffs vorbei in die Bucht hinein.

      „Laßt fallen Anker!“ überschrie der Seewolf das Heulen, Tosen und Gurgeln, das die „Isabella“ immer noch umgab, und die Piraten befolgten seinen Befehl augenblicklich. Die Ankertrosse rauschte aus. Zwanzig Faden, dreißig Faden, vierzig, fünfzig – dann faßte der Anker. Die „Isabella“ schwoite herum, ein Ruck ging durch das Schiff, daß der Seewolf schon glaubte, die Ankertrosse würde brechen, aber sie


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