Seewölfe - Piraten der Weltmeere 607. Burt Frederick

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 607 - Burt Frederick


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dann?“ unterbrach ihn eine eisige Stimme vom Achterdeck her.

      Wieder schien es, als hätte Davenport einen Hieb erhalten. Er zog den Kopf ein Stück ein und drehte sich furchtsam um. Luke und Roger grinsten erleichtert. Mulhollen und die anderen blickten gespannt herauf. Wieder gewann Davenport seine Selbstherrlichkeit zurück.

      „Sind Sie der Kapitän?“ schnarrte er.

      „Allerdings“, erwiderte Philip Hasard Killigrew und trat an die Verschanzung, so daß er auch die Männer auf der Pier sehen konnte. Mit einem einzigen Blick erfaßte er, daß es sich ausnahmslos um Kerle handelte, die das Herz auf dem rechten Fleck hatten. Offenheit und Ehrlichkeit in ihren Gesichtern waren zweifelsfrei zu erkennen.

      „Höchste Zeit, daß Sie erscheinen“, sagte Davenport in einem Ton, als spräche er mit einem Dienstboten. „Ich bin Ihr Passagier, Kapitän. Killigrew, nicht wahr?“

      „Für Sie Sir Hasard“, entgegnete der Seewolf trocken.

      Davenport schluckte. Ihm war klar, daß er sich normalerweise als kleines Licht betrachten mußte. Verglichen mit dem Rang dieses hochgewachsenen breitschultrigen Mannes hatte er weder besondere Titel noch irgendwelche Auszeichnungen vorzuweisen.

      Nichtsdestoweniger kam es aber darauf an, als was man sich fühlte. In dieser Beziehung stand er natürlich haushoch über allen anderen. Je länger man sich etwas einredete, desto mehr war man schließlich davon überzeugt.

      Dieser Grundsatz hatte ihn stets weitergebracht. Dabei würde es auch bleiben. Man mußte seiner Umgebung nur durch ein geeignetes eigenes Verhaltensmuster vor Augen führen, wie tief sie unter einem stand.

      „Selbstverständlich, wie Sie wünschen, Sir Hasard“, sagte er steif. „Ich bin gern bereit, die Situation aufzuklären. Wenn Sie zunächst freundlicherweise veranlassen wollen, daß diese Schiffsknechte mich endlich loslassen …“

      „Mister Morgan und Mister Brighton sind gleichberechtigte Mitglieder der Crew“, unterbrach ihn der Seewolf unverändert kühl. „Eine Rangordnung gibt es an Bord dieses Schiffes nur für den Zweck, einen reibungslosen und disziplinierten Betrieb zu ermöglichen. Mister Morgan und Mister Brighton werden Sie dann loslassen, wenn ich es für richtig halte. Zunächst sind Sie nichts weiter als ein Eindringling, der sich unerlaubt Zutritt verschafft hat.“

      Davenport blinzelte. Sein Adamsapfel bewegte sich ruckend auf und ab.

      „Nun gut“, sagte er gepreßt, „dann werde ich den Sachverhalt schildern.“

      „Nicht Sie“, sagte der Seewolf. Er wandte sich zur Pier. „Mister Mulhollen, das Wesentliche Ihrer Geschichte habe ich bereits mitgehört. Wieviel Geld schuldet Ihnen dieser Mann?“ Er deutete mit einer Handbewegung auf Davenport, der die Nase schon wieder ein Stück höher hielt.

      Der Zimmermann nickte, denn er begriff, auf was Hasard hinauswollte.

      „Einen Augenblick, Sir!“ Er drehte sich zu seinen Gefährten um und befragte sie. Dann, nach kurzem Zusammenzählen, wandte er sich wieder dem Seewolf zu. „Insgesamt sechs Pfund, Sir.“

      „Gut“, erwiderte Hasard. „Würden Sie sich zufriedengeben, wenn Mister Davenport Ihnen das Geld zurückzahlt? Jetzt, sofort?“

      Der Hochwohlgeborene wurde weiß wie ein Laken.

      Mulhollen beratschlagte abermals mit den anderen Männern. Dann stimmte er zu. „Ich fürchte allerdings, Sir, daß wir die Sache lediglich verlagern. Wenn er Geld bei sich hat, dann nur solches, das er sich woanders geborgt hat.“

      „Das ist dann sein Problem“, erwiderte Hasard grinsend. Er gab Luke und Roger einen Wink. „Durchsuchen!“

      „Mit Vergnügen“, antwortete Roger.

      Davenport schrie voller Empörung, als sie ihm kurzerhand die Arme auf den Rücken drehten. Roger hielt ihn fest, während Luke seine Taschen durchwühlte. Es klimperte vernehmlich. Luke brachte eine Handvoll Silbermünzen zum Vorschein. Mulhollen hatte unterdessen die Schuldscheine eingesammelt, trat an die Verschanzung und reichte sie herauf. Hasard warf einen kurzen Blick auf die zerknitterten Papierfetzen. Die errechnete Summe stimmte.

      „Sechs Pfund“, sagte der Seewolf. „Und ein Pfund zusätzlich als Entschädigung für den Musikanten.“

      Die Männer auf der Pier johlten Beifall.

      „Also sieben Pfund!“ rief Luke Morgan und zählte mit erhobenen Händen sieben Münzen ab. Den Rest steckte er wieder in Davenports Tasche, dazu die Schuldscheine, die Hasard ihm übergab. Luke händigte dem Zimmermann die Münzen aus.

      „Was die Behauptung dieses sehr ehrenwerten Gentleman betrifft“, sagte Hasard, „werden wir morgen überprüfen, was daran stimmt. Wenn er wirklich Passagier sein sollte, muß er das ja beweisen können. Solange wird er wegen unbefugten Betretens unseres Schiffes in die Vorpiek gesperrt.“

      Mulhollen und die anderen taten erneut lauthals ihren Beifall kund.

      Davenport schrie voller Empörung. „Dazu haben Sie kein Recht, Killigrew! Das dürfen Sie nicht! Ich werde Sie vor Gericht bringen! Sie werden …“

      Hasard war nahe vor ihn hingetreten. Sein Blick aus eisigen Augen ließ den Zeternden verstummen. „Hatte ich Ihnen etwas über die richtige Anrede gesagt?“

      Davenport preßte wütend die Lippen aufeinander.

      „Ich bin Passagier“, fauchte er. „Ob es Ihnen nun paßt oder nicht. Sie werden sich noch wundern, sehr geehrter Sir Hasard. Was Sie gerade tun, ist die Ungeheuerlichkeit, eine Order der Königin zu mißachten.“

      „Haben Sie ein Dokument, das diese Order belegt?“ entgegnete der Seewolf ungerührt.

      „So etwas brauche ich nicht. In meinen Kreisen genügt das Wort.“

      „Ihres reicht mir nicht. Sperrt ihn ein!“

      Erneut fing Davenport an zu schreien.

      Luke Morgan packte ihn am Kragen und zog ihn zu sich heran. „Ich warne dich, Freundchen. Die Männer hier an Bord haben ihren Schlaf verdient. Wenn du weiter vorhast, sie zu wecken, stopfte ich dir das Maul. Klar?“

      Frank Davenport schrie nicht mehr. Stumm ließ er sich zur Vorpiek führen. Gregory Mulhollen und seine Gefährten zogen zufrieden ab. Es würde eine lange und heitere Nacht werden – im „Red Dragon“.

      Hasard klopfte den Deckswachen auf die Schulter, nachdem sie Vollzug seines Befehls gemeldet hatten. Als er sich in seine Kammer zurückzog, hatte ihn trotz allem ein merkwürdiges Gefühl beschlichen.

      Dieser Davenport war ein arroganter und menschenverachtender Lümmel, ohne jede Frage. Aber es sah nicht so aus, als ob er die Schebecke rein zufällig als Zufluchtsort ausgewählt und seine Passagiergeschichte aufgetischt hatte.

      Im Londoner Hafen lagen genügend Schiffe, die Auswahl war wirklich groß genug. Irgend etwas mußte dahinterstecken. Etwas, das für die Arwenacks keinen Grund zu großer Freude geben würde.

      Dennoch würde Hasard seine Entscheidung vertreten können, den adligen Strolch in die Vorpiek gesperrt zu haben. An Bord seines Schiffes hatte er allein das Recht, solche Entscheidungen zu treffen.

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