Seewölfe - Piraten der Weltmeere 304. Frank Moorfield

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 304 - Frank Moorfield


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hatte sich Hasard mit Nils Larsen darüber beraten, welchen Weg sie durch das Kattegat in die Ostsee nehmen sollten – den Großen Belt oder den Öresund. Larsen hatte den kürzeren Weg durch den Öresund empfohlen, aber gleichzeitig auf die Engpässe hingewiesen.

      Der stets gutgelaunte, blauäugige Mann schien die Vorstellungen des Kapitäns hinsichtlich des weiteren Fahrtverlaufes ebenfalls nicht schlecht zu finden. Auch er nickte zustimmend, während er sich nach Edwin Carberry umdrehte, der gerade vom Quarterdeck zum Achterdeck aufenterte.

      „Die Route ist nicht schlecht“, sagte Larsen dann nach kurzer Überlegung. „Die Gegend ist interessant, und langweilig wird es uns dort auch nicht werden.“

      „Nur die Witterung könnte ein bißchen freundlicher sein“, warf Ben Brighton ein. „Bei der lausigen Kälte, die hier oben herrscht, wird sich selbst unser Arwenack noch seinen – äh – seinen Achtersteven wegfrieren.“

      „Du meinst wohl seinen Affenarsch?“ fragte Edwin Carberry geradeheraus.

      „Genau den meine ich“, erwiderte Ben Brighton trocken. „Du hast eine ungewöhnlich rasche Auffassungsgabe, Ed.“

      Die Männer grinsten sich an, und das Gesicht des bulligen Profos’ sah dabei wahrlich zum Fürchten aus.

      Stolz wie ein Schwan rauschte die „Isabella“ dicht unter der schwedischen Küste durch das kabbelige Wasser des Kattegats. Die dunklen Schatten der Nacht vollzogen gerade den Übergang von der Abenddämmerung zur Dunkelheit. Eine frische Brise ließ die Männer auf den Decks der Galeone frösteln.

      Smoky, der bereits unter Francis Drake als Decksältester gefahren war, sang aufmerksam die Tiefe aus. Dazu hatte er sich mit einem breiten Ledergurt auf der Galeonsplattform abgesichert, um beide Hände frei zu haben. Zum wiederholten Mal warf er die Lotleine mit dem pfundschweren Bleizylinder aus und ließ dann die mit Lederstreifen markierte Leine durch die Hände gleiten, bis das Lotblei den Grund berührte. Die so ermittelte Wassertiefe brüllte er mit donnernder Stimme zum Achterdeck.

      „Knapp zwanzig Faden, Sir!“

      „Gut, Smoky!“ rief Ben Brighton zurück. Gleich darauf sah er den Seewolf fragend an. „Wir sind jetzt dicht unter der Küste und haben zwanzig Faden unter dem Kiel. Der Anker dürfte gut fassen.“

      Hasard nickte.

      „Fallen Anker“, sagte er dann, und der untersetzte Ben Brighton gab den Befehl weiter. Gleich darauf rasselte der schwere Backbord-Buganker in die Tiefe.

      Wie erwartet, faßte er gut.

      Hasard ließ sofort eine zweiköpfige Ankerwache aufziehen. Dabei handelte es sich um Bob Grey und Bill.

      Die Aufgaben, die einer solchen Ankerwache oblagen, schlossen eine ganze Reihe von Funktionen ein. In erster Linie galt es natürlich, das Schiff vor unliebsamen Überraschungen zu bewahren. Wenn Gefahr drohte, mußte die Crew zum „Alle-Mann-Manöver“ gewahrschaut werden. Des weiteren mußte ständig die Ankerpeilung überprüft werden, was meist durch Kreuzpeilung zu mindestens zwei festen Objekten an Land geschah. Dadurch wurde ständig überprüft, ob das Schiff vertrieb. Hinzu kam schließlich noch das Nachstecken der Trosse, wenn der Anker schlierte, sowie eine wachsame Rundum-Ausschau.

      Die „Isabella“ lag bei dem Wind aus Süden und dem nach Norden setzenden Sundstrom parallel zu der etwa achtzig Yards entfernten Küste, die hier fast in Nord-Süd-Richtung verlief und zahlreiche Steilhänge aufwies.

      Backbord voraus peilte ein hoher spitzer Fels als Landmarke und Backbord, etwas achterlicher als dwars, diente eine riesige Tanne als Peilobjekt. Beide Landmarken konnten vom Ruderhaus aus gut gepeilt werden.

      Der nun fast fünfundzwanzigjährige Bill, der seine Laufbahn bei den Seewölfen einst als Schiffsjunge begonnen hatte, hob schnuppernd die Nase. Der Wind trug himmlische Wohlgerüche zu ihm herüber, und zwar aus jener Richtung, in der sich die Kombüse befand.

      „Diese Düfte verursachen bei mir Magenkrämpfe“, sagte er zu Bob Grey. „Dabei dachte ich schon, mein Magen sei bei dieser lausigen Kälte längst eingefroren. Jetzt aber taut er überraschend schnell auf.“

      Bob Grey lief ebenfalls das Wasser im Mund zusammen.

      „Ausgerechnet jetzt, wenn es Zeit zum Backen und Banken ist, müssen wir Wache gehen“, maulte er. „Und gerade heute abend will uns der Kutscher mit einer dänischen Spezialität verwöhnen.“

      Bill rieb sich die Hände.

      „Und was ist das für eine Spezialität?“

      „Es gibt gebratenen Dorsch und gekochten Lachs – beides nach dänischer Art zubereitet. Das Rezept stammt von Nils.“

      „Ogottogott!“ Bill seufzte mit lüsternen Augen, und er sah in diesem Augenblick aus, als habe er seit Tagen erbärmlichen Hunger gelitten.

      2.

      Der graue Dunstschleier hatte sich bei Einbruch der Dunkelheit verzogen und war einer kalten, klaren Nacht gewichen. Das abendliche Backen und Banken war seit mehr als zwei Glasen vorüber und allmählich wurde es etwas ruhiger auf der neuen Galeone der Seewölfe. Die Decks leerten sich, was nicht zuletzt auf die Kälte zurückzuführen war.

      Nur die beiden Ankerwachen harrten dick vermummt und mit einem zufriedenen Gefühl in der Magengegend auf ihren Plätzen aus. Der Kutscher und Mac Pellew, die beiden Köche und Feldschere, waren an diesem Abend ohne Zweifel an die oberste Stelle der Beliebtheitsskala gerückt. Die dänischen Fischgerichte, die sie aus ihren Pfannen gezaubert hatten, waren einsame Spitze gewesen.

      Bill, der da, wo bei anderen Menschen der Magen sitzt, ein endloses Loch zu haben schien, rülpste satt und zufrieden wie ein Säugling, dem man einen Topf Brei verabreicht hat.

      Bob Grey stieß ihn an. „Was ist das?“

      „Das war ich“, antwortete Bill verlegen. „Verdammt, ich habe wohl doch zuviel …“

      „Quatsch!“ unterbrach ihn Bob. „Ich meine nicht die Geräusche deines Wohlbefindens, sondern den dunklen Schatten, der achteraus zu sehen ist.“

      Bill blickte angestrengt in die Dunkelheit, dann stieß er einen kurzen Pfiff aus.

      „Ich sehe nicht nur einen dunklen Schatten, sondern auch Lichter. Das muß wohl ein Schiff sein.“

      „Du merkst aber auch alles“, sagte Bob. „Ich dachte schon, es handele sich um eine schwimmende Seekuh, der man eine Laterne zwischen die Hörner gehängt hat.“

      Bill ging nicht auf die Bemerkung ein. Er wirkte plötzlich konzentriert.

      „Es scheint eine Schaluppe zu sein“, sagte er. „Und da die Kerle Lichter brennen haben, liegt es wohl nicht in ihrer Absicht, uns bei Nacht zu überraschen.“

      „Trotzdem“, sagte Bob Grey, „irgend etwas haben die vor. Wir müssen sofort unsere Leute wahrschauen. Los, Bill, sag Hasard Bescheid.“

      „Bin ja schon unterwegs“, erwiderte Bill. Schnurstracks begab er sich auf den Weg zur Kapitänskammer.

      Philip Hasard Killigrew beugte sich gerade über eine Seekarte, als Bill ihm die Meldung brachte.

      „Und die Schaluppe hält auf uns zu?“ fragte er.

      „Ohne Zweifel, Sir!“

      „Gut, Bill“, fuhr Hasard fort, „dann wahrschaue unsere Leute. Wir wollen kein Risiko eingehen.“

      „Aye, Sir!“ Bill verschwand augenblicklich, um die übrigen Seewölfe hochzupurren.

      Das alles geschah ohne jeden Lärm. Die Männer, die sich größtenteils im Mannschaftslogis aufhielten, gingen sofort auf Stationen, ohne daß laute Befehle gebrüllt werden mußten. Der Besatzung der heransegelnden Schaluppe bot sich nach wie vor ein friedliches Bild. Dennoch war die „Isabella“ in sehr kurzer Zeit darauf vorbereitet, jedem Angreifer kräftig auf die Finger zu klopfen.

      Auf


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