Seewölfe - Piraten der Weltmeere 458. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 458 - Roy Palmer


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Gerade in diesem Seegebiet konnte man sehr leicht Schnapphähnen, Galgenstricken, Schlagetots und Küstenwölfen aller Art begegnen.

      Es schien jedoch auch weiterhin ruhig zu bleiben. Keine Mastspitzen zeigten sich an der Kimm, und auch die Wetterlage deutete auf keine Veränderungen hin. Der Wind wehte beständig aus Nordosten. Keine Wolke war ringsum zu sehen. Nur eine schwache Dünung kräuselte die See.

      „So laß ich’s mir gefallen“, sagte Jean Ribault. „Hoffen wir, daß das Wetter so bleibt, bis wir die Schlangen-Insel erreicht haben.“

      „Mann, das ist mir viel zu langweilig“, sagte Ferris Tucker.

      „Du vergißt, daß wir kreuzen müssen“, sagte Hasard. „Schon dadurch verlieren wir genug Zeit. Was willst du eigentlich? Daß wir auch noch einen Sturm auf die Mütze kriegen?“

      „Nein, das meine ich natürlich nicht“, sagte der rothaarige Riese.

      Dan grinste. „Ich weiß schon, was er meint.“

      „Ja“, sagte Old Shane. „Wie wär’s mit einem Abstecher nach Tortuga?“

      „Verrückt, völlig verrückt“, urteilte der Seewolf. „Ich will so schnell wie möglich zur Schlangen-Insel.“

      Sie sprachen noch über die Gründe, die Männer wie Ferris Tucker voll Sehnsucht nach Tortuga zogen, da geschah etwas völlig Unerwartetes. Die beiden Schiffe befanden sich inzwischen auf einem Kreuzschlag über Steuerbordbug auf die Südwestküste von Haiti zu. Es war etwa gegen elf Uhr. Mit einemmal rollte schwerer Donner grollend über die See und schien sich genau auf sie zuzubewegen.

      „Kanonendonner“, sagte der Seewolf. „Und zwar kommt er eindeutig von Steuerbord voraus.“

      „Was ist?“ fragte Old Shane. „Wir halten doch den Steuerbordschlag durch – oder vielleicht nicht?“

      Ben Brighton mischte sich ein.

      „Ich bin grundsätzlich dagegen, irgendeinem Ärger nachzulaufen“, sagte er in seiner gewohnt bedächtigen Art. „Wir haben schon genug Scherereien und Verdruß gehabt. Und wie Hasard richtig sagte: Wir müssen zusehen, daß wir so schnell wie möglich die Schlangen-Insel erreichen.“

      „Was willst du damit sagen?“ fragte Ribault.

      „Das wir uns da tunlichst raushalten sollten. Laßt uns wenden und auf den Backbordbug gehen.“

      „Im Prinzip hast du recht“, sagte Hasard. „Aber eben nur im Prinzip. Die Praxis sagt mir, daß wir am besten doch mal nach dem Rechten schauen sollten.“

      Ben verhehlte seine Skepsis nicht. „Du bist unverbesserlich, wie?“

      „Ja“, erwiderte Hasard. „So ist es, mein Guter. Denk aber auch an die ungeschriebenen Gesetze und Regeln der Seefahrt.“

      „Ich weiß schon“, sagte Ben trocken. „Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte, heißt das in diesem Fall.“

      „Und warum sollen wir uns nicht freuen?“ rief Carberry, und alle lachten dazu.

      Wieder erklang der Donner der Kanonen, diesmal dumpfer und schwerer als zuvor.

      „Culverinen“, murmelte der Seewolf. „Und es sind mindestens drei Schiffe, die da im Gefecht miteinander liegen. Aber wer mag es sein?“

      Die „Caribian Queen“ hatte sich inzwischen von Backbord achteraus nähergeschoben und war – fast auf gleicher Höhe mit der „Golden Hen“ segelnd – auf Rufweite heran. Siri-Tong stieg ein Stück in den Besanwanten der Steuerbordseite hoch. Ihre rote Bluse leuchtete in der Sonne.

      „Hasard!“ rief sie. „Was hast du vor?“

      „Ich finde, wir sollten nachsehen, wer sich da in die Haare geraten ist!“ schrie er zurück.

      „Das ist ganz meine Meinung!“

      „Wir segeln also den Steuerbordschlag weiter?“

      „Ja!“ rief sie.

      „Also gut, ich geb’s auf“, sagte Ben. „Ich bin glatt überstimmt, nicht wahr? Vergeßt aber nicht, daß ich euch gewarnt habe. Ich habe nichts gegen Kämpfe, das hat damit nichts zu tun. Ich bin nur dafür, kein unnötiges Risiko einzugehen.“

      „Ben“, sagte der Seewolf. „Du weißt genau, daß ich schon oft auf deinen Rat gehört habe.“

      „Ja, weiß ich.“

      „Nur – ich will wissen, was da los ist.“

      „Das kann ich natürlich auch verstehen“, sagte Ben.

      „Also, wir sind uns einig?“ fragte Hasard grinsend.

      „Klarer Fall“, erwiderte Ben. „Die Hauptsache ist, daß wir wirklich die lachenden Dritten sind.“

      Der Steuerbordschlag wurde von der „Golden Hen“ und der „Caribian Queen“ weitergesegelt. Hasard und Siri-Tong gaben den Befehl, Klarschiff zum Gefecht zu machen, und die Männer öffneten die Stückpforten und rannten die Kanonen aus.

      Auf der „Golden Hen“ ging das sehr schnell, auf der „Queen“ dauerte es ein paar Augenblicke länger. Aber Hasard, der wußte, wie begrenzt die Gefechtsmöglichkeiten der Karavelle mit dem Dutzend 17-Pfünder waren, ließ auch die Höllenflaschen und die Brand- und Pulverpfeile bereithalten. Diese „Wunderwaffen“ hatten noch in allen Kämpfen ebenso überraschend wie wirkungsvoll die herkömmlichen Waffen ergänzt.

      Die Gefechtsbereitschaft war hergestellt. Auf beiden Schiffen hielt man scharf Ausschau voraus. Aber erst etwa eine Stunde später wurden an der Kimm voraus Rauchwolken gesichtet. Inzwischen war der Kanonendonner in unregelmäßigen Zeitabständen weiter zu hören gewesen. Folglich hatten Hasard und die Rote Korsarin sich nur danach zu richten brauchen, um den Kampfplatz zu orten.

      Beim Heransegeln stellte sich heraus, daß sich der Seewolf nicht geirrt hatte: Drei Schiffe lagen im verbissenen Gefecht miteinander, und auf beiden Seiten spuckten die Geschützrohre nach wie vor Feuer, Rauch und Eisen aus.

      „Zwei Spanier!“ rief Bill, der im Großmars der „Golden Hen“ stand. „Karavellen! Sie sind gut armiert! Stark armiert! Es sind – Kriegsschiffe!“

      „Sie haben eine Galeone in der Zange“, sagte Dan O’Flynn. Er spähte jetzt wieder unausgesetzt durch den Kieker. „Sie wehrt sich verbissen, ist aber bereits schwer angeschlagen.“

      „Die Karavellen sind aber auch nicht unbeschädigt“, sagte Hasard, der nun ebenfalls durch ein Spektiv blickte. Dann richtete auch er sein Augenmerk auf die Galeone – und da versteifte sich seine Körperhaltung.

      „Hol’s der Henker“, murmelte er. „Das kann doch nicht wahr sein.“

      „Die Galeone!“ rief Bill. „Nur ihr Besanmast steht noch!“

      „Ja, das sehe ich auch“, sagte Dan. „Aber ich sehe auch die Flagge.“

      „Mein Gott“, sagte der Seewolf. „Es ist die englische Flagge und darunter ein Wimpel, ebenfalls mit dem roten Georgskreuz.“

      „Engländer“, sagte Ben Brighton. „Zur Hölle, du hast doch recht gehabt. Wir müssen ihnen zu Hilfe eilen.“

      Es bedurfte keiner Absprache mehr – Siri-Tong und Hasard waren sich auch so einig. Gleichzeitig flog auf beiden Schiffen die schwarze Flagge des Bundes der Korsaren an den Besangaffel hoch, und die Schiffe nahmen Kurs auf die spanischen Karavellen. Die „Caribian Queen“ näherte sich der einen, die „Golden Hen“ der anderen.

      Erst jetzt schienen die Spanier an Bord der Karavellen richtig zu begreifen, daß sie gefährlich in die Klemme gerieten. Als es ihnen aufging, war es zu spät zum Rückzug. Der Kampf ging weiter – noch erbitterter als zuvor.

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