Seewölfe - Piraten der Weltmeere 206. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 206 - Fred McMason


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Doch sie waren immer auf der Hut, nahmen jede geringfügige Veränderung wahr und vermochten sich immer auf die neue Situation einzustellen.

      Ein anderer hätte dem Boot nicht die geringste Aufmerksamkeit geschenkt.

      Das, was Dan da sagte, stimmte nun auch Ben nachdenklich, und er warf erneut einen Blick achteraus.

      Der Fischer segelte jetzt zur Küste, als hätte er jede Lust zum Fischen verloren. Er segelte schnell, und bald darauf war er nur noch ein winziger kleiner Punkt, der in der See verschwand.

      Als die Glocke vom Achterdeck glaste und die Sanduhr abgelaufen war, wurde das zweite Fischerboot gesichtet. Eine halbe Stunde war vergangen, da tauchte es in der See als heller Punkt auf.

      Ben Brighton wandte sich an den Seewolf. Aus den Augenwinkeln sah er, daß die Männer mit dem Reinschiff fertig waren und der Profos Edwin Garberry sich breitbeinig an Deck stellte, tief die Luft in seine Lungen sog und die mächtigen Arme in die Seiten stemmte.

      „Können wir den Kurs um zwei Strich nach Backbord ändern?“ fragte Ben Brighton.

      „Kein Problem. Weshalb?“

      Ben sagte dem Seewolf, daß er sich den Fischer gern mal aus der Nähe ansehen würde, und erzählte dann das, was Dan soeben erklärt hatte.

      „Ich glaube, ihr seht Gespenster“, sagte Hasard lachend. „Kann doch ohne weiteres sein, daß sich ein englischer, spanischer oder holländischer Deserteur auf einer der vielen Inseln niedergelassen hat und sich jetzt als Fischer versucht. Das ist doch nicht ausgeschlossen. Und daß der uns nicht zuwinkt, kann ich durchaus verstehen. Ich würde es auch nicht tun und möglichst rasch davonsegeln, wenn ich ein schlechtes Gewissen hätte.“

      „Na klar, du hast recht, Sir“, sagte Ben. „Aber das Mißtrauen hast du uns immer wieder eingeschärft.“

      „Ist ja auch richtig so. Zwei Strich Backbord, Pete“, sagte er im selben Atemzug zu Pete Ballie, der die Kursänderung umgehend bestätigte.

      Die „Isabella“ hielt jetzt auf den noch weit entfernten Fischer zu, der offenbar ziellos in der See herumkrebste.

      Hasard selbst empfand nicht das geringste Mißtrauen, denn den Fischern begegneten sie immer wieder. Manche trieben sich in Küstennähe herum, andere waren ziemlich weit draußen. Jeder fischte dort, wo er glaubte, am meisten zu fangen.

      Dieser Fischer jedoch benahm sich merkwürdig. Als ihn noch eine halbe Seemeile von der „Isabella“ trennte, änderte er den Kurs und segelte ebenfalls zur Küste zurück. Sein Gesicht konnten sie nicht erkennen, es war unter einem dichten weißen Turban verborgen und wirkte nur wie ein Schatten, so weit hing der ausgefranste Turban hinunter.

      Da das Boot klein und wendig war, konnte die „Isabella“ auch nicht folgen. Noch bevor der Seewolf erneut den Kurs ändern ließ, tanzte es schon weit entfernt in der Dünung und entschwand langsam den Blicken.

      „Auch das muß nicht unbedingt etwas heißen“, sagte der Seewolf. „Er hat wohl Angst vor uns, und als wir den Kurs änderten, nahm er an, wir wollten etwas von ihm.“

      Dan O’Flynn wollte zuerst wiedersprechen, doch dann unterließ er es. Vielleicht hatte Hasard recht, und das allgemeine Mißtrauen war ihnen allen leicht zu Kopf gestiegen.

      Dennoch verschwand sein besorgter Blick nicht, und er fragte sich, was das erneute Segelsetzen des Fischers, ebenfalls zweimal hintereinander, wohl bedeuten mochte. Das sah verdammt nach einem Signal aus, fand er.

      Inzwischen waren auch der rothaarige Schiffszimmermann Ferris Tucker und Blacky an Deck erschienen.

      Trotz ihrer Verletzungen, die sie beim letzten Kampf davongetragen hatten, arbeiteten sie längst wieder. Ferris hatte immerhin eine Musketenkugel in der Brust gehabt, und bei Blacky hatte eine in der rechten Schulter gesessen. Der spanische Brustpanzer, den Ferris bei dem Kampf getragen hatte, hatte allerdings die Kraft der Kugel stark abgeschwächt.

      Der Rest war Sache des Kutschers und Feldschers der „Isabella“ gewesen. Seiner Kunst war die Genesung der beiden Männer wieder einmal zu verdanken.

      Jetzt schien für die beiden alles vergessen, und die immer noch leicht besorgten Vorhaltungen des Kutschers wurden höflich, aber bestimmt ignoriert.

      „Du hast so gut gearbeitet, daß wirklich keine Sorge mehr besteht“, sagte Ferris Tucker gerade zum Kutscher und öffnete das Hemd über seiner stark behaarten Brust. Eine kahle Stelle und eine längliche rote Narbe waren noch zu sehen.

      „Trotzdem muß man sich schonen“, sagte der Kutscher beschwörend. „Das gilt auch für deinen Arm, Blakky.“

      „Welcher war es eigentlich?“ fragte Blacky grübelnd.

      „Der rechte, Mann, die rechte Schulter.“

      „War’s nicht die linke?“

      „Ihr wollt mich wieder einmal hochnehmen, ihr Stinte“, sagte der Kutscher. „Aber so seid ihr eben: Immer mit dem Schädel durch die Wand, nie unterzukriegen. Und wenn was passiert, muß ich alles wieder kurieren. Aber auf mich hört ja keiner von euch Burschen.“

      „Jedenfalls bist du der beste Wunderheiler, den ich kenne“, sagte Ferris. „Außer Sir Freemont vielleicht, und das meine ich verdammt ehrlich, Kutscher. Sir Freemont hätte seine helle Freude an dir.“

      Der Kutscher wurde rot und verlegen, und schließlich grinste er.

      „Na ja“, sagte er. „Aber gebt nur gut acht auf eure Knochen und klotzt nicht gleich wieder so hart ran!“

      Danach verzog er sich erfreut in seine Kombüse. So ein kleines Lob tut doch immer ungemein wohl, dachte er.

      Auf dem Achterdeck studierte Hasard wieder die Seekarten, und griff dabei auf jene zurück, die er und Dan auf ihrer letzten Reise einmal selbst unter großer Mühe angefertigt hatte.

      Da begann Dan plötzlich zu lachen.

      „Mann, Ed!“ rief er zum Profos hinunter auf die Kuhl. „Weißt du eigentlich, wo wir hier sind?“

      „So ungefähr“, erwiderte Carberry.

      „Wir sind ganz in der Nähe von Profos Island“, sagte Dan grinsend und sah, wie Carberry zusammenzuckte.

      Dann aber brandete doch Gelächter auf, und die Seewölfe blickten alle nach Backbord, obwohl es da nichts als die blaue See zu sehen gab. Aber jeder wußte plötzlich Bescheid.

      Richtig, hier hatten sie auf ihrer ersten Fahrt die kleinen, namenlosen Inseln entdeckt, und Dan O’Flynn hatte den Vorschlag unterbreitet, die Inseln zu benennen.

      Diese Namen waren immer noch in den Karten eingetragen, und jeder erinnerte sich nur allzu deutlich an sie.

      Die erste Insel hatte man zu Ehren des Seewolfs Seewolf-Island genannt. Dann folgte Ben-Brighton-Island, Big-Shane-Land und Ferris-Tucker-Island.

      Nur dem Profos hatte seine kleine Insel nicht behagt, und er hatte von einem lausigen Misthaufen gesprochen, der unter seiner Würde sei. Ihm stand rangmäßig eine größere zu, und so wurde die Insel kurzerhand Bill-Moses-Island genannt, und Bill war nun der Große Chan von Bill-Moses-Island.

      Dann gab es das Kutscher-Atoll, die Jeff-Bowie-Lagune, die Insel des Segelmachers, die Sam-Roskill-Bucht, den Batuti-Felsen und das Gary-Andrews-Riff.

      Schließlich hatte auch der Profos seine Insel gefunden, die etwas später auch angelaufen wurde. Und wie es sich für den Profos Edwin Carberry gehörte, war jene Insel die schönste von allen mit einem malerischen Wasserfall und einem verborgenen Schatz.

      „Wie lange liegt das schon zurück?“ fragte der Profos, der nun ebenfalls das Achterdeck enterte und Ausschau hielt.

      „Die Inseln entdeckten wir im Jahre fünfzehnhundertfünfundachtzig“, sagte der Seewolf. „Jetzt haben wir fünfzehnhundertneunzig.“

      „Himmel, fünf Jahre“, ließ sich Ben Brighton vernehmen. „Wie schnell doch die Zeit vergeht.“


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