Seewölfe - Piraten der Weltmeere 422. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 422 - Roy Palmer


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er nicht wie ein großer, primitiver Affe?“

      „Genau das“, erwiderte Mike. „Und weißt du, um wen es sich bei dem Kerl handelt?“

      „Ich glaube, das könnte der Profos von diesem Drecksack Clifford sein. Oder täusche ich mich?“

      „Meiner Meinung nach nicht.“

      „Was machen wir mit ihm?“

      „Fragen wir Siri-Tong“, erwiderte Mike.

      Juan ließ den toten Profos – daß sein Name Joe Doherty gelautet hatte, wußten sie nicht – wieder los, die Leiche trieb ein Stück von der Jolle weg. Juan griff nach dem Riemen, sie pullten wieder an und kehrten zur „Caribian Queen“ zurück.

      Die Rote Korsarin verzog keine Miene, als sie ihre Meldung vernahm.

      „Ich verstehe“, sagte sie nur. „Also, überlassen wir den Hundesohn den Haien. Er hat es nicht anders verdient. Besser wäre gewesen, wenn die Grauen ihn bei lebendigem Leib vertilgt hätten.“

      Das klang sehr grausam, aber auch die Männer der „Isabella“ teilten ihre Ansicht, als sie hörten, um wen es sich bei dem Toten handelte.

      „Der Hund“, sagte Roger Brighton. „Ein Leuteschinder und Sadist. Gut, daß er abgekratzt ist. Wieder einer weniger von diesem Lumpengesindel.“

      Sein Bruder stand mit verkniffener, finsterer Miene bei ihm. Um sie herum hatten sich auf dem Hauptdeck die anderen geschart – Shane, Ferris, Smoky und die ganze Crew bis auf den Kutscher, Mac und die Zwillinge, die auch während der kurzen Knallerei nicht von Hasards Lager gewichen waren.

      „Eins ist sicher“, sagte Ben. „Wenn Hasard durch den Überfall gelitten hat oder es noch schlimmer kommt, segeln wir zu der Insel der Grand Cays zurück und rechnen endgültig mit den Kerlen ab. Ihr habt ja auch alle sehr genau erkannt, wer in der verdammten Jolle saß, nicht wahr?“

      „Ja“, erwiderte Big Old Shane mit grollender, nur mühsam gedämpfter Stimme. „Stewart und fünfzehn, sechzehn Kerle von der ‚Lady Anne‘. Ganz klar. Schade, daß wir sie nicht alle in die Hölle befördern konnten.“

      „Sie hätten nur ein bißchen näher ranzukommen brauchen“, sagte Dan verhalten. „Aber sie hatten nur Blankwaffen.“

      „Keine Schußwaffen“, murmelte Matt Davies.

      „Oder keine Munition dafür“, meinte Smoky.

      „Egal“, sagte Ben. „Tatsache ist, daß ihnen ihr Angriff mißlungen ist. Was haben sie sich denn eingebildet? Daß sie uns einfach überrumpeln können?“

      „So haben sie sich das wohl vorgestellt“, brummte Ferris Tucker. „Wahnsinn. Aber sie dachten Wohl, wir sind durch Hasard abgelenkt und merken nichts, wenn sie sich anpirschen und längsseits gehen.“

      „Von wegen“, sagte Stenmark mit grimmiger Miene.

      Dan schickte einen Blick zur „Caribian Queen“ hinüber. „Achtung-, da kommt Siri-Tong.“

      Die Rote Korsarin ließ sich von Juan und Mike zur „Isabella“ übersetzen und enterte an der Jakobsleiter auf. Kaum war sie bei den Arwenacks eingetroffen, fragte sie: „Wie geht es Hasard?“

      „Er hat nach wie vor hohes Fieber“, entgegnete Ben.

      „Aber irgendwann muß der Sud wirken.“

      „Das hoffen wir alle.“

      „Stewart, dieser Bastard!“ zischte sie. „Ich habe es gewußt, daß man ihm nicht trauen kann. Dieser Hund! Wenn Hasard stirbt, töte ich den Kerl eigenhändig, das schwöre ich.“

      Keiner zweifelte daran, daß sie ihre Drohung wahrmachen würde. Der Haß steckte in ihnen allen, sie warteten nur darauf, etwas unternehmen zu können. Doch vorerst waren sie zum Warten verdammt, zum Warten und Hoffen, zum stillen Fluchen und Beten.

      „In der Jolle hat auch O’Leary, der Bootsmann vom Alten, gehockt“, brummte Carberry. „Ich habe nicht so gute Augen wie Dan, aber ich habe ihn erkannt.“

      „Und die Ferkelsöhne“, sagte Dan mit wütend verzerrtem Gesicht.

      „Thomas Lionel und Simon Llewellyn. Sie waren auch dabei.“

      „Der Teufel soll sie holen“, murmelte Al Conroy.

      „Hoffentlich tut er’s“, fügte Jeff Bowie hinzu. „Das wäre mir gerade recht.“

      „Wie sie hierher gefunden haben, ist mir einigermaßen klar“, sagte die Rote Korsarin. „Nachdem wir die beiden Kriegsgaleonen versenkt hatten, retteten sich alle an Land und teilten sich dort in zwei oder sogar drei Gruppen mit unterschiedlichen Ansichten und Zielen auf. Daß sich Stewart auf die Seite der Killigrew-Mannschaft schlagen würde, leuchtet mir ein. Stewart und O’Leary wollen ihr eigenes Süppchen kochen.“

      „Unklar ist aber, was ihr Angriff bezwecken sollte“, sagte Ben. „Wollten sie nun den Alten oder Sir Henry befreien?“

      Diese Frage hing unbeantwortet in der Luft. Sir John Killigrew befand sich als Gefangener in der Vorpiek der „Isabella“, Sir Henry, der Duke of Battingham, war an Bord der „Caribian Queen“, wo er vor Angst fast verging und ihm die Knie schlotterten, wenn er Barba nur tief durchatmen hörte.

      Mit einem Trick hatte Siri-Tong selbst die wüste Crew der „Lady Anne“ angelockt, indem sie sich als „Sirene“ in dem Lagunensee der Grand-Cay-Insel den Kerlen dargeboten hatte. So waren die Halunken in die Falle gegangen, und die Seewölfe und die Männer der „Caribian Queen“ hatten sie „vereinnahmt“. Dann aber hatte Hasard die zwar verständliche, aber im Endeffekt doch fatale Idee gehabt, sich aus Gründen der Ehre mit Sir Andrew Clifford, Earl of Cumberland, und Sir John Killigrew zu duellieren – am Strand der Inselbucht.

      Clifford hatte genau solche Angst gehabt wie jetzt Sir Henry. Schließlich gehörten sie ja auch beide der blaublütigen Clique an, die das Unternehmen in die Karibik organisiert hatte. Clifford war ein Menschenschinder, aber mit dem eigenen drohenden Tod vor Augen hatte ihn die Panik gepackt. Zuerst hatte er sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, zu kämpfen. Dann hatte er sich – feige und hinterhältig – nach wenigen Schritten viel zu früh umgedreht und die ihm ausgehändigte Pistole auf den Rücken des Seewolfes abgefeuert.

      Batuti hatte Cliffords Leben mit einem Pfeil ein Ende gesetzt. Aber damit war die Sache längst nicht bereinigt. Hasards Leben stand auf der Kippe. Und sie hatten immer noch Sir John Killigrew am Hals – und den kreischenden, zitternden Sir Henry, den Barba nach dem Gefecht der „Caribian Queen“ gegen die „Orion“ und die „Dragon“ von der gesunkenen „Dragon“ durch einen simplen Trick abgeborgen hatte. Wie sich nun herausgestellt hatte, waren auch die Überlebenden der Schiffe immer noch eine große Gefahr. Besonders Stewart und O’Leary konnten noch viel Unheil anrichten.

      „Ich weiß es nicht“, entgegnete die Rote Korsarin auf Bens Frage. „Aber es gibt auch noch eine andere Möglichkeit. Vielleicht haben die Kerle den Wahnsinnsplan verfolgt, Hasard zur Strecke zu bringen.“

      „Klar, kann schon sein“, sagte Dan. „Sie wollten also entern und wahrscheinlich die Kapitänskammer der ‚Isa‘ stürmen. Verrückt, ohne Schußwaffen oder entsprechende Munition.“

      „Das finde ich auch“, stimmte Carberry ihm zu.

      „Nicht so laut, Ed“, sagte Ben.

      „Ich flüstere ja auch nur“, brummte der Profos. „Ich möchte wissen, warum dieser idiotische Angriff nur von einer Jolle unternommen wurde, noch dazu nur von den Kerlen der ‚Lady Anne‘.“

      „Wegen der Aufsplitterung in Gruppen“, sagte Siri-Tong. „Die Schiffbrüchigen haben sich gegenseitig in die Wolle gekriegt.“

      „Das ist auch nur eine Vermutung“, sagte Carberry. „Vielleicht halten sich in der Umgebung noch mehr Jollen auf. Das meine ich.“

      „Sie umzingeln uns und kochen uns langsam weich“, sagte Gary


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