Seewölfe - Piraten der Weltmeere 457. Burt Frederick

Читать онлайн книгу.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 457 - Burt Frederick


Скачать книгу
zu vervollständigen.

      Überhaupt, so sagte sich Don Juan, entstand der Gedanke wohl nur dadurch, daß sich acht Hühner an Bord der Karavelle befanden. Und um diese Hühner schien es denn auch schon einigen Trubel gegeben zu haben.

      All das bewies aber letztlich nur, welch ein prachtvoller Haufen diese Crew unter Philip Hasard Killigrew war. Wenn eine Gemeinschaft solchen Humor und die Fähigkeit zu beinahe jungenhaften Streichen bewies, dann war das ein Beweis für ihren Zusammenhalt und für ihr Funktionieren. Bösartigkeiten, Schadenfreude und Intrigen waren den Arwenacks völlig unbekannt.

      Alle diese Tugenden galten zweifellos auch für die Mannschaft Jean Ribaults, des Franzosen, und ebenso für die Crew Siri-Tongs, der Roten Korsarin. Don Juan erinnerte sich daran, wie erfreut sie ihn nach seiner Rettung begrüßt hatte.

      Ja, es erfüllte ihn mit innerer Wärme, daß der Bund der Korsaren offenbar froh war, ihn wieder bei sich zu haben.

      Nur Hasard hatte sich deutlich verändert. Im ersten Moment war Don Juan betroffen gewesen. Nun aber, da er alles erfahren hatte, konnte er nachempfinden, wie nahe der Seewolf dem Tod gewesen war. Dort auf den Galápagos-Inseln mußte es schlimm um ihn gestanden haben. Daher war es ganz und gar nicht verwunderlich, daß ihn der Kampf ums Überleben gezeichnet hatte.

      Von der Stichwunde unter dem Herzen war Hasard inzwischen vollständig genesen. Die Schnittwunde auf der linken Wange verheilte zu einer Narbe, die unter jener alten Narbe verlief, die sich von der rechten Stirnseite über die linke Augenbraue und die linke Wange hinzog.

      Deutlichstes Zeichen der Veränderung, die mit dem Seewolf vor sich gegangen war, war jedoch das graue Schläfenhaar, das sich scharf vom schwarzen Haupthaar abhob. Äußerlich war ihm sonst nichts anzumerken, doch er schien schweigsamer als sonst.

      Don Juan glaubte, den Seewolf gut genug zu kennen, um zu wissen, daß er nach dem Tod Arauas noch härter geworden war. Diese bittere Tatsache und die eigene böse Erfahrung konnten einfach nicht ohne seelische Folgen geblieben sein.

      „Sobald wir uns den Booten nähern“, sagte Hasard, „wirst du unter Deck verschwinden.“

      Don Juan runzelte die Stirn.

      „Du meinst, man könnte mich erkennen? Die Leute auf den Frachtgaleonen haben mich nie gesehen. Im übrigen sind die Boote der ‚San Jorge‘ schwarz gestrichen. Man kann sie also leicht unterscheiden.“

      „Einerlei“, entgegnete der Seewolf mit einem knappen Kopfschütteln. „Man weiß nicht, wer in welchen Booten sitzt. Ich muß darauf bestehen, Juan.“

      Der schwarzhaarige Spanier sah den hünenhaften Engländer einen Moment erstaunt an. Dann beschloß er, nicht zu widersprechen. Es war eine Bagatelle, und sicherlich hatte Hasard sogar recht.

      „Es könnte mir vielleicht nicht mehr gefallen, diese Verfolgung überhaupt veranlaßt zu haben“, sagte Don Juan leise.

      „Rede keinen Unsinn.“

      „Wieso? Ihr habt mir das Leben gerettet. Das allein ist schon …“

      „… eine Selbstverständlichkeit“, fiel ihm Hasard ins Wort. „Außerdem haben sich gewisse Leute dir gegenüber verbrecherisch verhalten. Das ist Grund genug, daß wir uns diesen sauberen Capitán vorknöpfen.“

      „Es ist eine Angelegenheit zwischen de Moncayo und mir.“

      „Nicht ausschließlich. Der Bund der Korsaren ist auch betroffen. Vergiß nicht, daß der dicke de Quintanilla mit im Spiel ist. Solange er in Havanna seine schmutzigen Geschäfte betreibt, gibt es immer ein Risiko für uns.“

      „Und für die Schlangen-Insel“, fügte Don Juan hinzu.

      Der Seewolf nickte.

      „Hör also auf, diesen de Moncayo als deine Privatsache zu betrachten. Wir sind alle daran interessiert, ihn zu erwischen.“

      „Aber ich allein werde ihn zur Rechenschaft ziehen. Den Mordversuch hat er nur an mir begangen.“

      „Gut. Und die Geheimorder?“ Hasard zog die Brauen hoch.

      „Ist mindestens genauso wichtig. Ohne die Order kann ich den Befehl des Königs nicht ausführen. Es ist sowieso heikel genug, mitten in die Höhle des Löwen zu marschieren, de Quintanilla aus dem Rudel seiner Speichellecker herauszuholen und zu verhaften.“

      „Und selbst wenn du das schaffst, hast du ihn immer noch nicht nach Spanien gebracht.“ Der Seewolf verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Blick wirkte gedankenverloren, als er den Booten nachschaute, denen sie schon ein beträchtliches Stück näher waren. „Abgesehen davon, glaube ich nicht, daß de Moncayo die Geheimorder überhaupt noch besitzt. Wenn es so wäre, müßte er völlig schwachsinnig sein. Gibt es die Order nicht mehr, kann er seine Hände in Unschuld waschen. Als Grund für deine Verhaftung käme sie jedenfalls nicht mehr in Betracht. Dafür könnte er alle möglichen anderen Gründe hervorzaubern – zum Beispiel Anstiftung zur Meuterei.“

      „Das ist alles nicht vom Tisch zu fegen“, sagte Don Juan und nickte. „Aber es gibt einen ebenso gewichtigen Grund, warum de Moncayo gut daran täte, die Order noch bei sich zu haben.“

      „Und der wäre?“

      „Wenn er sie nicht mehr hat, muß er dem Gouverneur mit leeren Händen gegenübertreten. Das heißt, er könnte nicht beweisen, ihm einen gefährlichen Gegner vom Hals geschafft zu haben.“

      Hasard rieb sich bedächtig das Kinn.

      „In der Tat ein Argument. Es hängt allerdings davon ab, wieweit sich de Moncayo mit de Quintanilla eingelassen hat.“

      „Der Mordversuch an mir beweist, daß de Moncayo nur eine Art ausführendes Organ war. Will sagen, er gehört nicht zu denen, die die Dinge in Bewegung setzen. Er wird auf jeden Gunstbeweis des Gouverneurs angewiesen sein.“

      „Möglich“, sagte Hasard nachdenklich. „Wie dem auch sei, in den Kreisen eines Don Antonio de Quintanilla ist es wohl förderlich, wenn einer dem anderen hin und wieder einen Gefallen tut.“

      „Förderlich ist ein schmeichelndes Wort“, entgegnete Don Juan mit grimmigem Lachen. „Es zahlt sich meist in klingender Münze aus.“

      Ein Lächeln grub sich in die harten Mundwinkel des Seewolfs.

      „Scheint so, als hättest du deine Landsleute in diesem Punkt inzwischen hinreichend kennengelernt.“

      „Sind die Engländer besser?“

      „Keinen Deut. Nur haben wir rechtzeitig die Konsequenzen daraus gezogen.“

      „Du wirst es mir nachsehen, daß ich in der Beziehung ein wenig langsamer war.“

      Hasard winkte lachend ab.

      „Dieses Thema könnten wir endlos lange erörtern, ohne dabei jemals zu einem Ergebnis zu gelangen.“

      „Ich muß dir widersprechen“, sagte Don Juan und grinste. „Das Ergebnis haben wir schon: Wir sind einer Meinung.“

      Hasard klopfte ihm auf die Schulter.

      „Um auf den sauberen de Moncayo zurückzukommen: Den Mordversuch wirst du ihm kaum beweisen können. Bei der Aufregung und dem Durcheinander während des Untergangs der ‚San Jorge‘ hat man dich glatt vergessen. Oder man hatte einfach keine Zeit, sich um dich zu kümmern. Schließlich befand man sich im Gefecht mit blutrünstigen Piraten.“

      Don Juan nickte nachdenklich.

      „Das ändert aber nichts daran, daß ich diesen Mann vor mir haben will. Auge in Auge.“

      Der Seewolf konnte de Alcazar nur zu gut verstehen. Das Gefühl, auf einem sinkenden Schiff hilflos im verschlossenen Kabelgatt zu hocken, mußte die reine Hölle gewesen sein. Und es war eine unglaublich menschenverachtende Art, einen Gegner auf diese Weise aus dem Weg zu räumen.

      Die Aufmerksamkeit der Männer wurde abgelenkt.

      „Jolle an Steuerbord!“


Скачать книгу