Seewölfe - Piraten der Weltmeere 191. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 191 - Fred McMason


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in ihrem unglaublichen Eifer nicht, oder sie ignorierten das Schiff, aber das fand Hasard höchst unwahrscheinlich.

      Der junge O’Flynn, der sich neben Hasard und Ben ebenfalls auf dem Achterdeck aufhielt, schüttelte erstaunt den Kopf. Sein Adlerblick hatte noch vor den anderen erkannt, um was es sich handelte.

      „Die schlagen einen Einbaum kaputt“, sagte er.

      „Einen Einbaum?“ fragte der Seewolf. „In dieser Ecke hat man nur ganz selten Einbäume.“

      „Es ist ein Einbaum“, beharrte O’Flynn. „Es war jedenfalls einer, denn jetzt ist es nur noch ein Trümmerhaufen.“

      Ja, es stimmte, was Dan behauptete. Es war ein Einbaum, ein ganz leichter und sicher nicht seetüchtiger. Vermutlich war er aus dem dikkeren Stamm einer Palme gearbeitet.

      Was die vier Insulaner damit bezweckten, verstand niemand an Bord.

      Selbst die Reste zerstörten sie noch einmal, indem sie mit kleinen Äxten oder Beilen darauf losschlugen.

      Immer noch kümmerten sie sich nicht um das Schiff, das jetzt in ihrer Nähe die Segel aufgeite und in die kleine Bucht trieb.

      „Fallen Anker!“ rief der Profos mit Donnerstimme, nachdem Smoky die Wassertiefe ausgesungen hatte.

      Erst als der Anker klatschend in die See fiel, zuckten die vier Männer zusammen und drehten sich um.

      Augenblicklich schienen sie zu versteinern. Sie standen wie vom Donner gerührt da. Offenbar hatten sie das Schiff tatsächlich nicht bemerkt, als es die kleine Landzunge gerundet hatte. Jetzt betrug die Entfernung gerade noch etwas mehr als eine Kabellänge.

      So schnell, wie sie erstarrt waren, kehrte auch wieder Leben in sie zurück.

      Einer von ihnen deutete voller Entsetzen auf die „Isabella“. Daraufhin rannten sie los, schoben ihren Ausleger ins Wasser und sprangen in das Boot.

      Nur der vierte Mann befand sich noch bis zu den Knien im Wasser und schob das Boot an.

      Hasard hatte das Spektiv am Auge und blickte hindurch.

      Der Insulaner tat noch ein paar Schritte, dann begann in seiner unmittelbaren Nähe plötzlich das Meer zu kochen, es wurde aufgewühlt, brodelte immer stärker, und kleine blitzende Leiber flitzten nach allen Seiten.

      Dan, der das zweite Spektiv hatte, ließ es voller Entsetzen sinken.

      „Piranhas!“ sagte er entsetzt. „Das ist fast unvorstellbar!“

      „Das sind keine Piranhas“, erwiderte der Seewolf. „Das ist etwas anderes. Es sieht aus wie tausend kleine Aale mit gelblicher Unterseite. Ja, eine Art Aal“, sagte er nachdrücklich.

      Auf der „Isabella“ verfolgten jetzt alle angespannt das Geschehen, das sich vor ihren Augen abspielte.

      Offenbar wurde der Insulaner von den kleinen Biestern pausenlos angegriffen und attackiert, denn ein hoher, dünner Schrei drang herüber, so voller Entsetzen und Schmerz, daß er ihnen das Blut in den Adern gefrieren ließ.

      Dan O’Flynn war drauf und dran, sich über die Balustrade zu schwingen, ins Wasser zu stürzen und dem Insulaner zu helfen. Aber eine harte Hand hielt ihn zurück, und für eine Sekunde blickte ihn der Seewolf aus seinen eisblauen Augen an.

      „Auf keinen Fall, Dan“, sagte er. „Außerdem ist es zu spät, du kannst nicht mehr helfen.“

      Unterdessen ging das Drama am Strand weiter.

      Die drei anderen Insulaner setzten das kleine Segel. Ohne sich um ihren Kameraden zu kümmern, segelten sie los. Sie drehten sich nicht einmal nach dem schreienden Mann um.

      Der griff voller Panik ins Wasser, hieb um sich, schrie und versuchte den Strand zu erreichen. Einmal bückte er sich, riß einen aalähnlichen Fisch aus dem Wasser und schleuderte ihn voller Zorn und Angst zum nahen Strand hinauf.

      Noch einmal gellte sein Schrei über das Wasser. Dann fiel der Insulaner steif um und trieb leblos im Wasser, mit dem Gesicht nach unten.

      Niemand zweifelte daran, daß er tot war.

      Auf der „Isabella“ standen die Seewölfe wie erstarrt. Die meisten blickten auf den alten O’Flynn, der mit steinernem Gesicht zum Strand schaute. Diese Inseln waren verflucht, sagte sein Blick, und hier lag der Pesthauch des Todes, das war immer deutlicher zu spüren.

      „Seeschlangen“, sagte Old O’Flynn mit unbewegtem Gesicht. „Seeschlangen haben ihn getötet.“

      „Es gibt keine Seeschlangen“, sagte der graubärtige Big Old Shane in die Stille hinein, aber er schien selbst daran zu zweifeln.

      „Und es gibt doch welche“, behauptete Old O’Flynn stur. „Ihr werdet sie schon noch sehen.“

      „Laßt das kleine Boot zu Wasser!“ befahl der Seewolf.

      Er zog wieder das Spektiv auseinander und blickte zu jener Stelle am Strand, wo die Leiche des Insulaners immer noch mit dem Gesicht nach unten im Wasser trieb.

      Während das kleine Boot abgefiert wurde, rätselte Hasard daran herum, was den Insulaner so blitzschnell getötet hatte. Als das Wasser zu brodeln begann, bis zu jenem Augenblick, da der Mann starb, war nicht einmal eine Minute vergangen. Aber es stand außer Frage, daß ihn diese kleinen Fische getötet hatten, es konnte gar nicht anders sein.

      Er winkte dem Kutscher und Feldscher der „Isabella“.

      „Du fährst mit zum Land, Kutscher, ebenso der Profos und ich.“

      „Und die Wasserfässer?“ fragte der Kutscher prompt.

      „Um die geht es im Augenblick nicht. Wasser nehmen wir später. Ich will mich hier nur einmal umsehen. Es ist immerhin möglich, daß auf dieser Insel ebenfalls Kopfjäger leben und wir einen Anschlag aus dem Hinterhalt befürchten müssen. Laß dir vom Profos eine Waffe geben und dann ab ins Boot.“

      „Aye, aye, Sir!“

      Hasard sah dem Auslegerboot nach, das jetzt die Stelle erreicht hatte, wo die eine Insel in die andere, weitaus kleinere überging. Deutlich ragten die scharfen Korallen aus dem Wasser, aber dazwischen gab es auch Stellen, die fast glatt und eben waren.

      Die Insulaner umsegelten die Korallen. Kein einziges Mal hatten sie sich umgedreht, nachdem sie ihr Zerstörungswerk beendet hatten. Sie warfen auch keinen einzigen Blick zurück auf ihren toten Kameraden.

      Vielleicht hatte sie die Angst vertrieben, überlegte der Seewolf, vielleicht war es aber auch etwas anderes. Das wollte er feststellen.

      Der Profos Edwin Carberry händigte dem Kutscher zwei Pistolen aus, die er sich in den Gürtel steckte.

      Dann stiegen sie in das Boot und legten ab. Solange der Seewolf abwesend war, hatte Ben Brighton das Kommando über die „Isabella“.

      Al Conroy war damit beschäftigt, die beiden vorderen Drehbassen zu laden und auf Land zu richten – für alle Fälle. Ebenso waren zwei Culverinen feuerbereit.

      Der Profos trieb das kleine Beiboot dem Strand entgegen, jener Stelle zu, wo auch der Eingeborene im Wasser lag und allmählich dem Strand entgegenschaukelte.

      „Langsam, Ed“, sagte Hasard. „Wir bringen den armen Kerl an Land.“

      Hasard wollte nach dem Arm des Toten greifen, um ihn das kurze Stück auf den Sand zu ziehen.

      Aber ein lauter Warnschrei des Kutschers hielt ihn zurück.

      „Achtung, Sir, im Wasser!“

      Hasards ausgestreckte Hand zuckte zurück. Im ersten Augenblick hatte er die blitzenden Leiber nicht wahrgenommen, weil sich die Sonne auf dem Meer spiegelte. Der Kutscher sah sie aus seinem Blickwinkel besser.

      Es waren Tausende, die unter Wasser hin und her flitzten, durcheinanderquirlten und mehrere Schwärme bildeten, die sich im Zickzack rasend schnell bewegten.

      Auch der abgebrühte


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