Seewölfe - Piraten der Weltmeere 369. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 369 - Roy Palmer


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trank noch einen Schluck Rum, dann fuhr er fort: „Don Juan ist mit besonderen Vollmachten der Spanischen Krone ausgestattet und hat den Auftrag, einen berüchtigten Piraten und Feind Spaniens zu fangen und zur Verurteilung direkt nach Spanien zu bringen. Außerdem ist Don Juan sogar dem Gouverneur gegenüber noch weisungsbefugt und übergeordnet.“

      „Mit anderen Worten – Don Juan kann Don Antonio nach Herzenslust und nach Belieben auf der Nase herumtanzen?“ fragte Eggens.

      „Genau das“, entgegnete Arne.

      „Recht so“, sagte O’Brien. „Wir haben uns so was schon gedacht. Aber jetzt eine andere Frage. Um was für einen berüchtigten Piraten und Feind Spaniens handelt es sich denn?“

      Arne wurde ernst. „Dreimal darfst du raten.“

      „Ich kann’s mir schon vorstellen“, sagte O’Brien. „Er ist hinter dem Seewolf her, nicht wahr?“

      „Ja.“

      „Mann, Mann“, sagte Renke Eggens entgeistert. „Wir müssen Hasard unbedingt darüber unterrichten.“

      „Langsam“, sagte Arne. „Außer Don Antonio weiß noch keiner, was Don Juan hierhergeführt hat. Ich kann froh sein, daß mir der Dicke das Geheimnis im Suff verraten hat. Jetzt ist es unsere Aufgabe, zu beraten und einen Weg der Lösung zu finden.“

      „Einen Weg gibt es dort, wo ein Wille vorhanden ist“, sagte Eggens. „Wir dürfen diesen Don Juan auf keinen Fall unterschätzen, wir müssen ihn im Auge behalten.“

      „Ich halte ihn sogar für brandgefährlich“, sagte Arne. „Nicht nur für Hasard, sondern für die gesamte Existenz des Bundes der Korsaren einschließlich der Timucua-Indianer. Was soll ich dem noch hinzufügen? Ich glaube, es reicht.“

      Eggens nickte. „Jeder Schnapphahn und Schlagetot an unserer Stelle würde nicht lange fackeln und Don Juan ins Jenseits befördern. Bei der ersten Gelegenheit, die sich bietet, können wir ihn um die Ecke bringen. Entweder schieben wir ihm ein Messer zwischen die Rippen, oder wir ersäufen ihn in der Hafenbucht, mit einem Stein am Bein.“

      Arne von Manteuffel und Oliver O’Brien sahen ihren Ersten betroffen an. So hatten sie ihn noch nie reden hören. War das, was er sagte, wirklich sein Ernst?

      „Eine solche Methode würde ich nie anwenden“, sagte Arne. „Du weißt doch, daß sich Mord nicht mit meinen Prinzipien vereinbaren läßt.“

      „Auch dann nicht, wenn der Zweck die Mittel heiligt?“ fragte Renke Eggens.

      „Auch dann nicht.“

      Eggens grinste hart. „Etwas anderes hätte ich von dir auch nicht erwartet, Arne. Verzeihung, vielleicht ist auch ein falscher Eindruck entstanden. Ich bin selbstverständlich derselben Meinung.“

      „Ja, gewiß“, sagte O’Brien. „Spielen wir einmal die anderen Möglichkeiten durch, die uns bleiben: Don Juan de Alcazar könnte eingeschüchtert werden. Das heißt, wir müßten ihn verprügeln.“

      „Abgelehnt“, sagte Arne. „Er ist ein Menschenjäger der spanischen Krone, aber wir müssen trotzdem fair bleiben. Wir sind keine Galgenstricke wie die, die ihn überfallen haben und ihn ausplündern wollten. Außerdem – das habt ihr sicherlich auch schon bemerkt – läßt der Mann sich nicht beeinflussen, weder durch Gewalt noch durch eine List.“

      „Wir könnten ihn entführen“, sagte Eggens.

      „Wohin denn?“ fragte O’Brien. „Etwa zur Schlangen-Insel? Nein, ausgeschlossen.“

      „Nach Florida oder zum Mississippi“, schlug der Erste vor. „Dort wird er im dicksten Sumpf ausgesetzt und wird einige Zeit brauchen, um sich durchzuschlagen.“

      „Auch das ist unmenschlich“, sagte Arne. „Und was geschieht, wenn er der Hölle des Bayous entrinnt? Dann haben wir ihn wieder am Hals.“

      „Beziehungsweise Hasard“, sagte O’Brien. „Nein, so geht das nicht. Können wir ihn nicht ablenken und weglocken?“

      „Schwer zu sagen.“ Arne blickte nachdenklich auf seinen Becher. „Dazu müßte sich erst einmal eine passende Gelegenheit ergeben. Meiner Ansicht nach ist es das beste, zunächst abzuwarten und zu beobachten, was Don Juan weiter unternimmt.“

      O’Brien erhob sich und trat an die Bleiglasfenster der Heckgalerie. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah zu den Hafenanlagen und den Segelschiffen, als wäre dort irgendwo die Lösung ihres Problems zu finden.

      „Nach dem, was sich in der letzten Nacht ereignet hat, wissen wir, daß sich Don Juan bereits in den Spelunken und Kneipen von Havanna umhorcht“, sagte er. „Er will etwas über Piraten erfahren, die in der Karibik ihr Unwesen treiben.“

      „Der feine Unterschied zwischen einem Piraten und einem Korsaren scheint ihm nicht bekannt zu sein“, sagte Eggens. „Vielleicht sollte man ihn mal darauf hinweisen.“

      „Sicher ist, daß Don Juan jemanden sucht, der ihn mit Informationen über die Freibeuter-Szene versorgt“, sagte Arne. „Jemanden, der vielleicht sogar etwas über den Seewolf weiß. Das ergibt ein Spiel aus dem Dunkel heraus – wenn ihr versteht, was ich meine.“

      Renke Eggens rieb sich das Kinn. „Statt ihn zu entführen, könnten wir ihn auf eine falsche Fährte schicken. Wir brauchen ihm nur eine Nachricht zuzuspielen, in der es heißt, die Seewölfe und die ‚Isabella‘ seien da oder dort gesichtet worden.“

      „Beispielsweise?“ fragte O’Brien, der sich umgedreht hatte.

      Eggens grinste. „Wie ich schon sagte, als Zielposition für so einen Hinweis bietet sich das Mississippi-Mündungsgebiet an, es liegt schön weit weg.“

      „Die Idee ist nicht schlecht“, sagte Arne von Manteuffel. „Aber man muß die Sache geschickt angehen, damit der Mann den Braten nicht vorzeitig riecht. Wie sollen wir ihm die Nachricht zuspielen? Wie stellst du dir das vor, Renke?“

      „Die Botschaft muß anonym erfolgen, der Übermittler darf nicht wissen, wer sie ihm gegeben hat“, erwiderte der Erste. „Wie sich das einfädeln läßt, müßte ich noch überlegen.“

      „Und dann fragt sich, ob Don Juan auf den Köder anbeißt“, sagte O’Brien. „Wir haben es ja mit keinem Dummen zu tun. Im übrigen darf offiziell niemand wissen, daß Don Juan auf der Jagd nach dem Seewolf ist.“

      „Das ist alles richtig“, sagte Arne. „Und die Erwägungen, die wir anstellen, beweisen mir immer wieder das eine: So aus dem Handgelenk kann man die Sache keineswegs in Angriff nehmen.“

      „Wir könnten zumindest eines tun“, sagte Eggens. „Wir könnten Hasard mit einer Brieftaubennachricht vor dem neuen Gegner warnen.“

      „Das halte ich für unnötig“, sagte Arne. „Don Juan de Alcazar tappt völlig im dunkeln, zur Zeit jedenfalls noch. Wir sollten nichts überstürzen, nur aufpassen, welche Schritte der Mann unternimmt.“

      „Die Crew muß also schleunigst informiert werden“, sagte O’Brien. „Die jeweilige Hafenwache muß darauf achten, ob Don Juan möglicherweise mit einem Schiff Havanna verläßt.“

      „Ich gebe sofort Hein Ropers Bescheid.“ Eggens wandte sich zum Gehen. „Er soll das Erforderliche veranlassen. Oder hast du noch andere Befehle, Arne?“

      „Befehle nicht. Wir sollten uns aber auch unserer wichtigsten Aufgabe widmen, ohne jetzt viel Zeit zu verlieren. Das Handelshaus muß bezogen und eingerichtet werden.“

      O’Brien trat neben ihn. „Da packen wir natürlich alle kräftig mit zu. Aber mit dem Aufbau einer Faktorei allein ist es ja nicht getan. Du brauchst auch Waren.“

      Arne sah ihn von der Seite an. „In der Entwicklung kaufmännischer Aktivitäten bin ich kein Anfänger. Irgendwie kriege ich das schon in den Griff. Wir mannen an Land, was die ‚Wappen‘ an Ladung hergibt, und erhalten dadurch die Tarnung aufrecht. Gleichzeitig fange ich aber auch an, neue Waren einzukaufen.“


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