Anjuli Aishani. Janina Gerlach

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Anjuli Aishani - Janina Gerlach


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Kopfkissen.

      Mist! Vor der Tür stand meine Mutter um mich zu wecken und das war ein schlechtes Zeichen, da sie morgens eigentlich nur an meine Tür klopfte, wenn ich wirklich spät dran war. Was hat sie gesagt? 7:45 Uhr – und um 8 Uhr fängt die Schule an?

      Mit einem Satz sprang ich aus dem Bett, versicherte meiner Mutter rasch, dass ich schon so gut wie fertig war und zog mir schnellstmöglich wahllos ein paar Shorts und ein Shirt aus einem der Umzugskartons über. In Windeseile hetzte ich ins Bad, welches direkt neben meinem Zimmer lag, putzte mir so schnell die Zähne, dass mein Zahnarzt bei dem Anblick im Dreieck gesprungen wäre und legte etwas Make-up auf, um die kleinen roten Stellen auf meiner Stirn zu bedecken. Dann noch ein wenig Kajal um meine kastanienfarbenen Augen und fertig. Kritisch betrachtete ich mich im Spiegel. Bei dem Anblick meiner zerzausten Haare kräuselten sich meine Lippen, doch ein Blick auf die Uhr verriet, dass ich es schon jetzt nicht mehr rechtzeitig schaffen würde.

       Super! Das macht ja einen tollen Eindruck bei meinem ersten richtigen Schultag. Ungekämmt und trotzdem viel zu spät.

      Ich war aufgeregt und gespannt, wie die anderen Schüler auf mich reagieren würden. Zwar war ich am vorigen Tag bereits an der Schule gewesen, jedoch nur um ein paar Formulare auszufüllen und meinen Stundenplan abzuholen.

      Während ich die Treppe halb runter rannte, halb runter stolperte, warf ich einen kurzen Blick darauf und sah mit Entsetzen, dass ich in der ersten Stunde Mathe haben würde. Leider gehöre ich nicht zu den wenigen Genies dieser Welt, die etwas von Integralrechnung, Stochastik und wie das alles heißt, verstehen, sondern sitze immer einfach nur da, mein süßestes Lächeln aufgesetzt und nicke ganz schnell, wenn der Lehrer fragt, ob wir auch alles verstanden haben.

      Die Klausuren zeigten dann meistens, dass ich da doch noch ein paar Fragen hatte …

      Unten angekommen sprintete ich in die Küche, drückte meiner Mum einen Schmatz auf die Wange, warf mein Frühstück in meinen Rucksack und packte mir die Autoschlüssel. Mein weißer Audi wartete bereits im Hof auf mich. Ich bin eigentlich nicht so markenverrückt wie einige meiner Freunde, aber ich muss sagen, dass dieses Auto schon das gewisse Extra hat. Mit Navi, Sitzheizung und eingebautem Bordcomputer machte das Fahren echt Spaß und die Chromfelgen gaben dem Ganzen den letzten äußerlichen Schliff – meinte zumindest mein Vater, der mir den Wagen zu meinem 16. Geburtstag geschenkt hatte.

      Vom Geld her war das kein Problem. Schließlich verdiente er beim FBI mehr als genug, um mir jeden Wunsch zu erfüllen, doch ehrlich gesagt wollte ich das nicht so ausnutzen und hatte mir, bis auf ein fahrtaugliches Auto zum Geburtstag, noch nie so etwas Großes gewünscht. Dass es genau dieses Auto wurde, hat mich dann auch nicht gestört.

      Das einzig Schlechte daran war, dass es zahlreiche Blicke von gaffenden Schülern auf sich und somit auch auf mich lenkte. Als ich gestern zum ersten Mal vor der Schule vorgefahren war, hatte ich mich vor neugierigen Blicken kaum retten können und war froh, als ich durch die Tür des Sekretariats geschlüpft und somit erst mal sicher gewesen war.

      Heute würde mir das wahrscheinlich nicht drohen, da meine Uhr bereits 8:10 Uhr zeigte, als ich die Hofausfahrt verließ und mich in Richtung Schule begab.

      Unser neuerworbenes Haus lag an einem abgelegenen Waldstück etwas abseits der Stadt und so dauerte es fast zehn Minuten bis die Schule in Sicht kam.

      Auf dem Schulparkplatz angekommen, drehte ich eine Runde, um noch eine freie Parklücke zu finden, und siehe da – hinter einer Reihe von Büschen und Bäumen gab es noch weitere fünf Parkplätze. Drei davon waren bereits belegt und eine der freien Parklücken war so eng, dass ich bestimmt Probleme mit dem Einparken bekommen würde. Ich steuerte also auf die letzte Parklücke zu, die wie für mich gemacht zu sein schien, da tauchte plötzlich hinter mir ein anderes Auto auf. Es war eine schwarze Corvette, die mich überholte und sich in die Lücke stellte, auf die ich gerade zugehalten hatte. Verärgert grub ich meine Fingernägel in das Lenkrad.

      Was erlaubt sich dieser Typ?

      Genervt legte ich den Rückwärtsgang ein und versuchte mir die Worte meines Fahrlehrers über Einparken wieder ins Gedächtnis zu rufen. Ich wollte jetzt einfach möglichst schnell in diese Parklücke und am besten ohne mir eine Delle in meinen Audi zu fahren.

      Wie ich erwartet hatte, klappte es nicht beim ersten Versuch. Beim zweiten auch nicht. Der dritte war knapp, doch ich wollte nicht riskieren, gegen eins der anderen Autos zu fahren, also setzte ich nochmals zurück und versuchte es ein viertes Mal. Ich war so konzentriert gewesen, dass ich gar nicht bemerkte, wie drei Personen aus der Corvette ausstiegen. Zwei davon, ein Junge und ein Mädchen, entfernten sich in Richtung Schulgebäude, der Dritte kam direkt auf mich zu. Ich betete, dass ich es dieses Mal schaffen würde. Alles andere wäre einfach viel zu peinlich gewesen. Ich hielt die Luft an, lenkte in Richtung Parklücke, drückte leicht das Gaspedal und… atmete aus, denn ich hatte es endlich geschafft. Hastig ergriff ich meinen Rucksack, der auf dem Beifahrersitz lag und stieg aus. Ich hoffte immer noch, dass ich mich nur verguckt hatte, doch der Fahrer der Corvette kam wirklich auf mich zu.

       Was will der nur?

      Eigentlich kochte die Wut in meinem Magen, doch bei dem Anblick des jungen Mannes verflog der Ärger und wich einem Hauch von Scham, welcher meine Wangen rosa rot färbte.

      Er musste etwa 1,90m groß sein, denn ich selbst war schon mit 1,78m nicht klein und er schien mich noch um einen Kopf zu überragen. Mein Blick wurde auf seine muskulösen Arme gelenkt, während er sich lässig in meine Richtung bewegte.

      Ich musste echt lächerlich aussehen, wie ich einfach nur so dastand und ihn anstarrte, denn als er näher kam, erkannte ich ein schelmisches und zugleich arrogantes Lächeln auf seinen Lippen. Lippen, die einfach perfekt zu dem Teint seiner braunen Haut passten. Seine Augen waren verdeckt von einer großen, schwarzen Sonnenbrille mit verspiegelten Gläsern, so dass es mir unmöglich war zu sehen, wohin er schaute.

       Bitte geh an mir vorbei, bitte geh an mir vorbei.

      Seine Haare waren leicht nach oben gegelt und eine Mischung aus schwarzbraunen und haselnussfarbenen Strähnen, die in sein Gesicht fielen und somit seine makellose Haut im Bereich der Stirn verdeckten. Als er keine zwei Meter mehr von mir entfernt war, verlangsamte er seine Schritte und blieb schließlich stehen.

      »Du bist neu in der Stadt, stimmt´s? Ich habe dich gestern schon hier gesehen«, sagte er unerwartet freundlich. Beim Klang seiner Stimme klopfte mein Herz schneller. Die Melodie, die darin mitschwang, war einfach atemberaubend schön.

      »Ehm, ja stimmt.«

      Ich spürte wie Unmengen von Blut in mein Gesicht gepumpt wurden und konnte mir gut vorstellen, wie rot ich wohl sein musste. Mit einem Grinsen im Gesicht streckte er mir die Hand entgegen und sagte:

      »Nathan Hawk. Sorry noch mal wegen eben. Ich hatte es ein wenig eilig.«

       Eilig? Wieso nimmt er sich dann die Zeit mit mir zu reden?

      Ein winzig kleiner Teil in mir bestand darauf, sauer auf diesen arroganten Nathan Hawk zu sein, doch der restliche Teil meines Verstands verzieh ihm sofort und wie ferngesteuert streckte ich auch meine Hand aus und stellte mich vor.

      »Anjuli Aishani. Macht nichts. Ist ja nix passiert.«

      Mit der freien Hand strich er sich ein paar Strähnen zur Seite und ich konnte sehen, wie er die Stirn runzelte.

      »Anjuli Aishani? Das ist aber nicht sehr amerikanisch. Wo kommst du ursprünglich her, wenn ich fragen darf?«

      Diese Frage kannte ich nur zu gut, da sie mir schon viele Leute zuvor gestellt hatten – zu Recht, wenn man nicht wusste, dass meine Mutter indischer Abstammung war, ich mich jedoch durch und durch als Amerikanerin fühlte und nicht ein Wort Indisch konnte. Ich wusste lediglich was mein Name bedeutete. Anjuli, der Segen, und Aishani, die Göttin.

      Du bist wirklich ein Segen Gottes, hatte mir meine Mutter immer ins Ohr geflüstert, als ich klein war.

      Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke etwas höher, da ein kräftiger


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