Lautlose Sprache. Marta Williams

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Lautlose Sprache - Marta Williams


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damit einhergehende Aussterben von mündlichen Überlieferungen entscheidend zu dem Auseinanderstreben von alter und moderner Kultur beigetragen haben.8 Sie stützen sich auf das Argument, dass die Entwicklung der Schriftsprache einen Keil zwischen die menschliche Rasse und den Rest der Natur getrieben habe, der zu der gegenwärtigen Entfremdung geführt habe. Die Erklärung der Archäologin Marija Gimburtas9 überzeugt mich allerdings noch mehr. Gimburtas dokumentiert den Aufstieg einer räuberischen Kultur kurdischen Ursprungs, die vor 7000 Jahren von den nördlichen Wüsten ins alte Europa eindrang. Ihrer mit archäologischen Aufzeichnungen belegten Theorie zufolge wurde diese Invasion von einer verheerenden Dürre im Norden ausgelöst, die zu einer Abwanderung der Überlebenden führte. Diese eroberten die Gebiete, in die sie einwanderten. Mit ihrer kriegerischen Kultur verdrängten sie die bis dahin im vorgeschichtlichen Europa vorherrschende Kultur, die auf Prinzipien des friedlichen Miteinanders, der Gleichheit und der Naturverehrung beruhte. Sie eroberten nach und nach auch andere Kontinente. Der so eingeleitete weltweite Wertewandel hatte die Ausbeutung von Tieren und der Natur zur Folge.10

      In der modernen Wissenschaft wurde der niedere Status der Natur schließlich zur Norm erhoben. Francis Bacon, der Vater der modernen Wissenschaft, glaubte, die Natur sei der Sklave des Menschen.11 Eine andere Säule der modernen Wissenschaft, René Descartes, war der Ansicht, Tiere seien Automaten, die weder Schmerz noch Gefühle verspürten.12 Ich selbst habe an der Universität und später als Wissenschaftlerin die Erfahrung gemacht, dass Naturwissenschaftler und da­runter vor allem Biologen, mit eingeschränktem Blick die Fähigkeiten anderer Lebensformen beurteilen. Sie glaubten beispielsweise, nur der Mensch sei fähig, Schmerz und Freude zu empfinden, Werkzeuge herzustellen, eine komplexe Sprache zu benutzen oder allgemein altruistische Motive für sein Verhalten zu haben.

      Doch es gibt auch einige Wissenschaftler, die diesen Wissensstand in Frage stellen. In ihrem hervorragenden Buch über das Gefühlsleben der Tiere bieten die Autoren Jeffrey Masson und Susan McCarthy13 beeindruckende Belege für das Vorhandensein eines sehr differenzierten Gefühlslebens bei Tieren. Sie stützen sich auf eine umfangreiche Sammlung von Berichten über Haustiere und Tiere, die in der Wildnis leben. Die Beispiele wurden sowohl von Laien als auch von Wissenschaftlern zusammengetragen. Die Autoren beweisen unbestreitbar, dass Tiere ebenso tief wie der Mensch zu Empfindungen der Trauer, der Freude und der Wut fähig sind. Doch immer noch bestehen moderne Wissenschaftler darauf, dass Tiere keine Gefühle haben können und belächeln Untersuchungen zu dieser Frage. Seit Darwins Buch „Der Ausdruck der Gemütsbewegung bei den Menschen und den Tieren“14 von vor über 120 Jahren gab es keine grundlegende Forschungsarbeit zu dieser Frage.

      Sobald es darum geht, Gefühle bei Tieren zu untersuchen oder das Vorhandensein der Intuition zu betrachten, schweigt die Wissenschaft. Beweise, die sich auf Fallbeispiele stützen, werden nicht anerkannt. Dies ist besonders frustrierend, denn in anderen Wissenschaftsbereichen werden Beweise, die sich auf Berichte stützen, als zuverlässig akzeptiert. Nehmen wir ein Beispiel aus der Medizin, wenn es um medikamentöse Schmerzbehandlung geht. Schmerz ist ein rein subjektives Phänomen, dessen Intensität sich nur aus der Aussage des Betroffenen beurteilen, oder an dessen Verhalten ablesen lässt. Der Bericht eines Patienten über den Grad seiner Schmerzen könnte als eine „Anekdote“ - was wörtlich bedeutet: eine unveröffentlichte Geschichte - bezeichnet werden. Sobald diese Patienten-“geschichten“ gesammelt wurden und in der Form eines Artikels in einer medizinischen Fachzeitschrift veröffentlicht sind, hören sie auf, einfach nur Anekdoten zu sein, sie verwandeln sich in „Fallstudien“, und werden somit ausgestattet mit der gewichtigen Bedeutung einer wissenschaftlichen Tatsache. Die hohen Geldsummen, die für medizinische Forschung ausgegeben werden, müssen mittlerweile Millionen solcher als Beweis akzeptierte „Fallstudien“ hervorgebracht haben, in denen Patienten in Form anekdotischer Berichte ihre Symptome und die daraus folgende Beeinträchtigung beschreiben. Dieser Art der Datensammlung mit ihrer subjektiven, indirekten und schlussfolgernden Methode wird jeder Wert aberkannt, sobald sie für die Erforschung der Tiere oder der Natur oder für das Themengebiet der Intuition angewendet wird.

      Es gibt vermutlich viele Gründe für diesen Widerstand aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft, denn wenn Tiere und andere Lebensformen als fühlende Wesen betrachtet würden, die den Menschen gleichwertig sind, müssten sie auch entsprechend behandelt werden. Dies würde einen Wandel im Geschäftsleben und in praktisch jedem anderen Bereich des modernen Lebens erfordern. Wenn wir zugeben würden, dass Tiere Terror, Leid, Schmerz und Depression fühlen, könnten wir sie nicht mehr so unbarmherzig ausbeuten, wie wir das in Versuchslaboren und in industriellen Viehzuchtbetrieben tun.

      Weit davon entfernt wissenschaftlicher Studien unwürdig zu sein, stellt die Beschäftigung mit der intuitiven Kommunikation zwischen Mensch und Tier und zwischen Mensch und Natur eine neue Aufgabe der Wissenschaft dar. Auch wenn sie nicht in die Schablonen traditioneller Wissenschaftler passt, und diese sich weigern, sie zu erforschen und zu akzeptieren, gibt es doch genügend Abtrünnige, für die sie eine faszinierende und vielversprechende Aufgabe darstellt.

      Im Gegensatz zu uns Menschen wissen die Tiere, dass es lebenswichtig ist, immer mit ihrem Wesenskern, mit ihrem intuitiven Selbst verbunden zu bleiben. Dies lässt sich nirgendwo besser beobachten als bei einem Tier, das normalerweise freundlich und zutraulich ist und plötzlich eine drohende und unerklärliche Abneigung gegen einen Menschen zeigt. Meistens stellt sich später heraus, dass diese Person in irgendeiner Weise nicht vertrauenswürdig ist.

      Margot Lasher beschreibt in ihrem Buch “And the Animals Will Teach You“15 dieses Phänomen. Sie gibt mehrere Beispiele, bei denen ihr Hund Hogan sie vor drohender Gefahr gewarnt hatte. In einem Fall gab der Hund ihr laute und eindeutige Warnsignale an der Tür, doch sie öffnete und bat einen Mann herein, mit dem sie über Reparaturarbeiten in ihrem Haus sprechen wollte. Er war ein Bekannter einer Freundin, die ihn als vertrauenswürdig beschrieben hatte. Hogan, der einem neuen Gast normalerweise freundlich und lebhaft begegnete, saß während des gesamten Gesprächs wie versteinert auf der Couch und beobachtete den Mann. Dann kam er zu seinem „Frauchen“ und schob sich zwischen sie und die Rücklehne der Couch. Ein solches Verhalten hatte er noch niemals zuvor und auch später nicht mehr gezeigt. An diesem Punkt verstand Margot Lasher, was ihr Hund ihr sagen wollte und sie verabschiedete den Mann. Später stellte sich heraus, dass der Mann Drogen nahm und schon öfter das Vertrauen seiner Arbeitgeber missbraucht hatte.

      Der promovierte Mikrobiologe Rupert Sheldrake ist einer der wenigen Biologen, die sich auf die Erforschung der Intuition konzentrieren16. Er führte mit statistischer Analyse und unter kontrollierten Bedingungen eine Studie durch, die sich mit dem Phänomen von Haustieren beschäftigte, die genau wissen, wann ihre Menschen nach Hause kommen. Er machte mehrere Videoaufnahmen von einem kleinen Hund, der die unheimliche Fähigkeit besaß, genau zehn Minuten, bevor seine Person nach Hause kam, an der Tür zu sitzen. Alle Vorbehalte, die gegen das Experiment hätten angeführt werden können, wurden ausgeschlossen. Die Frau wurde weggeschickt und erhielt willkürlich gewählte Anweisungen, wann sie zu ihrem Hund zurückkehren sollte - manchmal sollte sie sofort zurückkehren, manchmal musste sie den ganzen Tag wegbleiben. Sie erhielt die Anweisungen erst, als sie schon von zu Hause weg war. Der Hund war alleine im Haus und die Videokamera lief. Die Frau durfte keine ungewollten Hinweise z.B. durch den Motorenlärm ihres Autos geben, sondern sie ging zu Fuß. Sheldrake fand heraus, dass die Fähigkeit des Hundes, die Rückkehr der Frau vorauszusagen, eine statistisch gesehen signifikante Treffsicherheit ergab (p < 0.000001). Er ließ das Experiment von einem seiner schärfsten Kritiker wiederholen und erneut ergab sich ein ähnlich eindeutiges Ergebnis. Mit welcher Methode der Hund die Rückkehr seiner Person voraussah, konnte nicht festgestellt werden, doch Sheldrake vermutet, dass er die Information auf intuitivem Weg erhielt.

      Tiere sind wahre Meister der Intuition. Sie haben ja auch nicht von klein auf gehört, dass Intuition unsinnig sei oder nur auf Einbildung beruhe. Sie kennen nicht die kulturellen Einschränkungen, die wir Menschen uns geschaffen haben. Sie kommunizieren ständig auf intuitivem Weg, sei es untereinander oder zwischen den Arten. Sie nutzen die Intuition, um ihre fünf Sinne zu unterstützen. Sie verlassen sich auf ihre Intuition, wenn sie eine Gefahr erkennen


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