100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 4. Erhard Heckmann
Читать онлайн книгу.wie heute glasklar im Mirror Lake spiegelt, doch ist auch er ein Vulkan mit weißer Kappe, der zu den Kaskade-Bergen zählt, während der „Szenic Drive“ mit völlig anderer Umgebung lockt.
Die Multnomah Fälle (190 m) an der Panoramastraße Columbia Drive
Da sind viele Aussichtspunkte auf Nordamerikas viertgrößten Fluss, das Vista House auf steilem Fels am Crown Point und ein Dutzend Wasserfälle, von denen die kaskadenartigen Multnomah Fälle, die knappe 190 Meter in die Tiefe springen und auf halber Höhe mit einer schmalen Brücke in luftiger Höhe Interessierte nochmals näher bitten, die die meisten Touristen anlocken. Bereits vorher gedenkt man im Starvation Creek State Park dem Historischen Highway und nach den Bridal Veil Falls, die in zwei Etappen etwa fünfzig Meter hinter sich lassen, auch der Expedition von Lewis und Clark im kleinen Memorial Park. Als die beiden Explorer auf einem Erkundungsausflug ihr Schiff mit einem kleinen Boot verließen, sollen sie damals in etwa dort gestanden haben, wo der kleine Park ihrer heute gedenkt. Der Insel vor ihnen (Government Island) gaben sie den Namen Point Vancouver, und den Berg, den sie in der Ferne sahen, benannten sie nach Admiral Viscount Hood, während sie von den ansässigen Indianern lernten, dass sie einen wichtigen Zufluss zum Columbia erreicht hatten, der für Lewis und Clark zum Quick Sandy River wurde.
Die einstige Roadhäuser des alten Highways, die heute als Hotels oder Lodges fungieren wie das Columbia Gorge Hotel zu Hood River, die Multnomah Lodge oder das Vista House, haben den Sprung in die moderne Zeit im neuem Outfit geschafft wie auch die Straße selbst, die mit gutem Asphalt abwechslungsreich unterwegs ist, hoch oben kurvend, oder im Tal durch Wald und über schmale Brücken ziehend. Der Historische Columbia River Highway war einst Teil des Columbia River Highway Systems, das in Oregon die „30“ und die „Interstate 84“ vereinte und von Astoria bis an Idahos Westgrenze zog. Der „historische Teil“ war das Original, das den Columbia River Gorge im Bundesstaat Oregon überquerte, von Troutdale bis nach The Dalls. Und das ist dort, wo am 10.3.1957 der „The Dallas Dam“ – die Staumauer der Talsperre ist 79 Meter hoch und 2.705 lang – 88 Meilen östlich der Großstadt Portland die berüchtigten Columbia River Celilo-Fälle verschluckte, an denen die Eingeborenen schon seit zehntausend Jahren fischten, und die Männer wie David Thompson zu ihrer Zeit noch zu meistern hatten. Dieser Highway war auch der erste „Szenic Highway“, der in den USA angelegt und am 6.6.1916 am Crown Point als Columbia River Highways (Portland- Hood River) offiziell eröffnet wurde, und dessen Konstruktion als ein Meilenstein galt. An der Formung des Columbia River Gorges, der als weite Felsenschlucht die Kaskadenkette durchbricht, ein achtzig Meilen langes geologisches Wunder ist und als Grenze zwischen dem südlichen Washington und des nördlichen Oregons seines Weges zieht, war der Mensch nicht beteiligt, denn das hatten Gletscher schon lange vorher erledigt. Eingeschnürt hatte man den großen Fluss auch schon 1938, als das erste Elektrizitätswerk des Staudammes zu Bonville vierzig Meilen östlich von Portland ans Netz ging, dem 1982 ein zweites folgte. Neben Elektrizität und Wasserregulierung entstand aber auch hier, wie beim Vetter „The Dalls“ ein erhebliches Freizeitpotential.
Portland, die „Stadt der Rosen“, siebzig Meilen vom Pazifik entfernt und mit elf Partnerstädten in aller Welt verbunden, bringt uns die „Interstate 5“ näher, die mitten durch die Großstadt führt und uns anschließend ein paar flotte Kilometer südwärts bringen soll. Zwischen den Flüssen Columbia und Willamette schön gelegen, hat Mains Namensvetter zwar Kleinstadt-Charme, mit fast 600.000 Einwohnern und zwei Millionen im Großraum jedoch entsprechenden Verkehr und zahlreiche Straßen, so dass Sabine höllisch aufpassen muss, dass ich ohne Navigationshilfe auch an den richtigen Ecken abbiege. Als das geschafft ist satteln wir Schusters Rappen, denn die Stadt ist fußgängerfreundlich, hat viele Parks, Gärten und Grünanlagen als auch gute öffentliche Verkehrsmittel. Den ersten Kontakt mit Europäern hatte diese Gegend zwar schon 1805, als die Expedition Lewis und Clark am heutigen Fort Clatsop National Memorial – zehn Kilometer westlich der Stadt Astoria – ihr Winterlager aufschlug, während Portland 1850 noch nicht mehr als 800 Einwohner zählte. Der Seehafen der Stadt, die lange Jahre im Schatten der einstigen Hauptstadt Oregon City stand, verlor schnell an Bedeutung, als die Eisenbahn ausgebaut wurde, und Seattles Tiefseehafen immer stärker ins Blickfeld rückte. Dennoch wurde und blieb Portland die größte Stadt und das wirtschaftliche Zentrum im Bundesstaat und ist, hinter Seattle und dem kanadischen Vancouver, die drittgrößte Metropole im Pazifischen Nordwesten. Zwei Flüsse verlangen Brücken, für die Eisenbahn, die Autos und den Schiffsverkehr, dem sie allerdings Platz gewähren müssen. So befinden sich unter den 14 Brücken auch Konstruktionen wie die grüne Hawthorne Bridge, die 1910 fertiggestellt wurde und als älteste Hubbrücke der Welt gilt, während die 529 Meter lange rote Klappbrücke ein Teil der Broadway Street ist und äußerlich ausschaut wie die kleinen Brücken, die ich als Kind aus dem Märklinbaukasten für meine Eisenbahn zusammenschraubte. Als zweitlängste Stabbogenbrücke der Welt gilt die 1973 errichtete zweistöckige Fermont Bridge, die eine Stützweite von 383 Metern besitzt und sich über 656 m ausstreckt. Die jüngste begrüßte die sympathische Stadt mit dem Mount Hood am östlichen Horizont 1982, als sich die „Glenn Jackson“ über 3.581 Metern vom Government Island über den Columbia River hinüber nach Washington ausstreckte. Aber auch Galerien, Museen, Restaurants, Cafés und Sportstadien, der Portland Saturday Market oder historische Gebäude gehören zum Bild dieser Stadt. So die Konzerthalle, die 1928 als Theater begann und 1974 umgebaut wurde und im Inneren Rokokostil zeigt, das elegante Benson Hotel stammt aus 1912 und das Lloyd Center war bei seiner Eröffnung 1960 das größte Einkaufszentrum der Welt. In der Altstadt finden sich „gusseiserne Gebäude“ aus der Gründerzeit, während andernorts die Moderne himmelwärts strebt, Gemütlichkeit einlädt oder einzelne Bauten den Blick ganz für sich allein beanspruchen wie der weiße Tempel oder der auffallende rote Ziegelbau der Union Station, deren Holzbänke in der großen hellen Halle das Warten verkürzen, und deren Turm für „GO BY TRAIN“ wirbt. Gefeiert wird in einer Stadt, in der es wie überall im Pazifischen Nordwesten vom Herbst bis zum Frühjahr viel Regen gibt, im Sommer umso mehr. Zu den bekanntesten Sport- und Festlichkeiten zählen das seit 1907 jährlich im Juni stattfindende Rosenfestival, eine großen Messe, die sich Oregon Brewers Festival nennt und die Spring Beer- und Weinfestivals im Frühjahr und Herbst.
Als der Stadtbummel im Straßencafé abgeschlossen ist wäre es eigentlich an der Zeit, den Tag zu beenden, doch heute ist Sonntag und kein Feierabendverkehr unterwegs, sodass wir auf der dreispurigen „5 Süd“ den Höchstspeed noch eine Weile nutzen möchten, den „die Polizei“ hier erlaubt. Gemütlicher wäre es natürlich weiter im Inneren der Provinz, wo die Landstraßen durch die Mt.Hood-, Willamette- und Deschutes National Forests führen, doch bringt uns die Autobahn Zeit für andere Abstecher, und große Waldgebiete liegen im Oregon auf der Fahrt nach Osten auch noch vor uns. Reizend ist auch die „101“, die sich an der Küste von Washington bis nach Kalifornien streckt, aber die verlangt richtig Zeit, weil sich dort ein Badeort an den anderen reiht, und wir hatten sie auch schon unter den Rädern, bis hinunter nach San Diego. So lesen wir an der „5“ zunächst die Ausfahrten im Willamette Valley für die Hauptstadt Salem, Albany, Springfield und Eugene. Zwischen den abzweigenden Highways „20“ (Albany) und „38“ lockt, etwa sechzig Kilometer entfernt, auch Oregons Zentralküste mit vielen Stränden, State Parks, Recreation Sites, Aussichtspunkten, Waltouren und anderen Urlaubsangeboten. Beide Straßen eigenen sich auch um das Oregon Coast Aquarium zu Newport und die Oregon Dunes südlich des Touristenstädtchen Florence zu besuchen, dass sich von der „5“ auch ab Eugene anfahren lässt. Nördlich des Ortes finden sich das malerische Heceta Lighthouse und die Sea Lion Caves, wo Hunderte dieser Gesellen in einer vom Meer ausgewaschenen Höhle ansässig sind und durch die Kombination „Aufzug und Aussichtspunkt“ aus nächster Nähe beobachtet werden können. Oregons schöne Küste weiß allerdings auch die heimische Werbung zu vermarkten, die da meint: “When god created the earth, He spend a little extra time on the Oregon coast. And it is as He placed the Heceta Lighthous there Himself”. Übertrieben finde ich das nicht. Einen 40-Kilometer-Abstecher mit Fragezeichen hatte ich allerdings auf der Höhe von Salem in meinem Reiseplan, denn dort findet sich auf der Ostseite der „Silver Falls State Park“, der mehr als 3.600 Hektar gemäßigten Regenwald unter Schutz stellt, in dem Schwarzbären, Kojoten und Pumas heimisch, und