Wie frei wir sind, ist unsere Sache. Ulrich Pothast
Читать онлайн книгу.1. Freiheit zum rechten Tun erwirbt man nicht durch Wahl oder Belehrung, sondern durch vielfaches Ausüben
2. Überlegung und Emotionsmanagement
3. Indirektheit und Unfestigkeit. Unmessbarkeit des Grades beim Steigen und Fallen
4. Nachdenken mit Gewöhnung verbunden: Eine Grundhaltung von Handlungsaufschub und Überlegung
5. Eine Kultur des Überlegens ist ein Stück personeigener Freiheit
Dritter Teil Freiheit und Selbstverhältnis
VII. Der Wille und sein »Ich«
2. Die Leere des Programms »ich selbst sein«
3. Die Unauffindbarkeit eines Ich im inneren Raum
4. Sich-Bilden des Wollens ohne den inneren Steuermann
5. Wollen als Resultante komplexer Wechselwirkung. Unsere virtuelle Ichheit
6. Warum Peer Gynt sich nicht verwirklicht, sondern verfehlt
VIII. Der innere Kompass: Freiheit durch Selbstbesinnung bei Marc Aurel
4. Erkunde deine letzten Stellungnahmen
5. Moderne Tragik: Besinnungsloses Weiterleben mit inneren Widersprüchen
IX. Spinoza, Nietzsche, Sartre: Freiheit durch Bewusstheit und grenzüberschreitendes Denken
1. Freiheitsgewinn durch Emotionserkenntnis: Spinoza
2. Besinne dich auf deine Geschichte und gewinne Leitung und Halt aus ihr: Nietzsche
3. Freier durch freieres Denken: Sartre
Schluss: Personeigene Freiheit und der Schuldgedanke
2. Der Mörder vor dem Verteidiger des Status quo
3. Der Fall Raskolnikow verweist auf ein Menschheitsdilemma
6. Den Schuldgedanken anders denken: Schuld ist geschuldete Lebensänderung
7. Lebensänderungsschuld: Das Strafrecht hat voraussehbare Einwände
8. Lebensänderungsschuld: Die Hauptleistung muss vom Täter kommen
Life is a public performance on the violin, in which
you must learn the instrument as you go along.
Edward Morgan Forster
1. Wir haben als Personen eine besondere Art von Freiheit. Sie ist aber kein sicherer Besitz, sondern bleibt immer unfest
In den letzten Jahrzehnten gab es – wieder einmal – eine aufgeregte Debatte um die Fragen: Sind wir frei? und: Wenn ja, in welchem Sinn genau, und was folgt daraus? Seit der Spätantike ziehen sich wiederkehrende, oft mit großer Erbitterung geführte Kämpfe um diese Fragen durch die Jahrhunderte. Traditionell stehen auf einer Seite Verfechter einer natur- oder gottgegebenen menschlichen Freiheit, auf der anderen Seite Vertreter einer natur- oder gottgegebenen menschlichen Unfreiheit, seit einiger Zeit auch mit dem Wort »Determinismus« verbunden. Dass dieser Streit nicht aufhört, wurde auch schon als Skandal bezeichnet, und es wurde gefordert, über diese Dinge nicht mehr zu reden.1 Das hat natürlich nicht geholfen. Denn wir haben als Menschen ein elementares Interesse an den genannten Fragen, unter anderem, weil sie eng mit dem Problem unserer Verantwortung für eigene Taten zusammenhängen. Ich werde nun nicht versuchen, den sehr alten Streit zu Ende zu bringen, indem ich der einen oder anderen Seite zum Sieg verhelfe. Das ist schon unabsehbar oft versucht worden und nie gelungen. Man kann auch vermuten, dass der Streit bis auf weiteres gar nicht zu Ende kommen kann, weil er auf einander widersprechenden, jedoch gleichermaßen unleugbaren Erfahrungen in unserem Verhältnis zur Welt und zu uns selbst beruht. Dieser Konflikt ist durch bloße Theorie offenbar nicht aufzulösen.2 Statt nach Freiheit oder Unfreiheit als dauerhaften Eigenschaften zu fragen, die uns von Natur aus unveränderlich zukommen, werde ich eine Errungenschaft kultureller Entwicklung betrachten, die uns auszeichnen kann, sofern wir Personen sind. Auch dafür kann das Wort »Freiheit« verwendet werden. Es bezeichnet dann allerdings nichts Natur- oder Gottgegebenes, sondern eine veränderliche, unfeste Eigenschaft.
Der junge Arzt Lydgate in George Eliots Roman Middlemarch3 ist ehrgeizig, sozial engagiert und will sich auch als Forscher bewähren.