Heiliger Schein. Adrian Plass

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Heiliger Schein - Adrian Plass


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Professor Peter Caws. Ich bin der Leiter des Instituts für Gemeindelebenskunst, das hier sein Hauptquartier hat.«

      Etwas nervös erklärte ich ihm, wir seien auf dem Weg nach Salisbury und hätten wohl einen Abzweig verpasst. Jetzt seien wir in Richtung Great Malvern geraten.

      »Ganz einfach«, erwiderte er. »Wenden Sie, fahren Sie zurück durch die Dörfer Bowling Green und Powick, bis Sie zum Kreisverkehr kommen. Dort biegen Sie rechts ab auf die A44, dann am nächsten Kreisverkehr wieder rechts und auf der A38 nach Süden.«

      »Herzlichen Dank«, sagte ich, »und entschuldigen Sie bitte die späte Störung.« Im Begriff, mich umzudrehen, hielt ich noch einmal inne. »Übrigens, was ist eigentlich das – nun, das Institut für Gemeindelebenskunst?«

      Der Mann hob elegant eine Augenbraue.

      »Wir pflegen auf übertriebene Eigenwerbung zu verzichten«, sagte er, »aber ich gebe Ihnen gerne ein Exemplar unseres aktuellen Jahresberichts mit, wenn Sie interessiert sind. Er ist gerade heute Morgen frisch aus der Druckerei gekommen.«

      Er verschwand und erschien wenige Sekunden später mit einem dicken broschierten Buch.

      »Bitte sehr. Vielleicht wäre ja einer unserer Kurse für Sie interessant.«

      »Ich besuche sehr ungern Kurse.«

      »Interessant. Wir haben einen zweiwöchigen Grundlagenkurs speziell für Leute, die nicht gern Kurse besuchen.«

      »Ja, nun, ich muss dann mal los. Nochmals vielen Dank.«

      Plötzlich, von einer unerklärlichen Angst befallen, machte ich auf dem Absatz kehrt und floh in die Nacht und die Einfahrt hinunter. Minuten später saß ich wieder in Jakes Auto auf dem Beifahrersitz und hatte den Jahresbericht achtlos nach hinten geworfen. Getreu den Anweisungen des Professors wendeten wir und machten uns auf den Weg zu dem Kreisverkehr, der uns wieder in die richtige Richtung bringen würde.

      Bald darauf muss ich tief eingeschlafen sein. Als ich wieder erwachte, stand der Wagen, und Jake schlief neben mir. Das völlig Verblüffende daran war, dass wir uns genau an derselben Stelle an der A38 zu befinden schienen, an der wir schon zuvor für ein Nickerchen gehalten hatten. Aber das konnte doch sicherlich nicht sein.

      War etwa alles nur ein Traum gewesen? So musste es wohl sein, doch etwas hielt mich davon ab, Jake davon zu erzählen. Überhaupt sagte ich bis Salisbury kaum noch ein Wort. Erst als Jake mich zwei Tage später zu Hause absetzte und mir nachrief: »Vergiss dein Buch nicht!«, wurde mir klar, dass Professor Caws’ Bericht, ob nun Traum oder nicht, seit zwei Tagen hinten im Fußraum des Autos gelegen hatte.

      Inzwischen hatte ich Gelegenheit, ihn zu lesen. Sie haben ihn vor sich. Er ist ein höchst außergewöhnliches Dokument. Ich habe mich oft gefragt, wieso es ein so mühseliges Handwerk ist, in der christlichen Gemeinde zu irgendwelchen Fortschritten zu kommen. Kann es tatsächlich sein, dass es eine Organisation von Leuten gibt, deren ausdrückliches Ziel es ist, zu – nun, lesen Sie den Bericht und machen Sie sich Ihr eigenes Bild.

      Übrigens habe ich versucht, eine Telefonnummer oder irgendwelche anderen Adressinformationen über das Institut für Gemeindelebenskunst ausfindig zu machen, aber es ist mir nicht gelungen. Wie Sie dem Bericht entnehmen werden, hat Professor Caws eine Adresse für das Einsenden seiner Fragebögen angegeben, aber wie ich entdeckt habe, gibt es diese Adresse überhaupt nicht. Vielleicht fahre ich eines Tages noch einmal nach Great Malvern und suche nach der Kastanienallee und dem großen Haus, aber ich habe den mehr als nur leisen Verdacht, dass ich sie nicht vorfinden werde.

      Wer ist Peter Caws? Ich habe keine Ahnung, aber der Name geht mir ständig im Kopf herum. Es ist, als ob irgendetwas daran mich an eine ganz andere Person erinnert. Immer wieder denke ich, jetzt habe ich es, aber dann ist es wieder weg. Ich komme einfach nicht darauf …

      HEILIGER SCHEIN

       Die subtile Kunst, in der Gemeinde gut dazustehen

       Jahresbericht für 2009

       von Professor Peter Caws

      Es ist mir als Leiter des Instituts für Gemeindelebenskunst ein Vergnügen und ein Vorrecht, Ihnen diesen Bericht für das Jahr 2009 zu präsentieren. Im vergangenen Jahr konnte sich unsere Bewegung mit so vielen neuen Triumphen und Innovationen schmücken, dass wir uns in unserem Eintreten für die zentralen Überzeugungen der Gemeindelebenskunst ermutigt und bestätigt wissen dürfen. Wir halten weiterhin daran fest, dass ein völliger Mangel an Glauben oder Überzeugung und die fehlende Bereitschaft, Zeit, Kraft oder Geld auf irgendeinen Aspekt des christlichen Lebens zu verwenden, keinerlei Hindernis für die Mitgliedschaft und das Engagement in der Kirche sein müssen. Allerdings müssen wir stets bedenken, dass unsere Kunst subtil und unentdeckt bleiben sollte. Auf den folgenden Seiten feiern wir diejenigen aus Vergangenheit und Gegenwart, die durch ihr Beispiel und ihre Sachkenntnis in der Lage sind, uns in dieser Hinsicht zu unterstützen und aufzuklären. Ich empfehle Ihnen diesen Bericht herzlich an.

       Die hohe Kunst des Gebetslebens

       Die hohe Kunst des Heilungsgebets

      Ich muss nicht betonen, wie überaus stolz wir sind auf die hervorragende Arbeit, die in diesem Bereich von Absolventen unseres Instituts geleistet wurde. Namen werde ich nicht nennen, da viele dieser Leute inzwischen sehr bekannt sind, aber es ist eine große Freude, so viele vertraute Gesichter und Frisuren live und im Fernsehen wiederzusehen. Ihre mit Autogrammen versehenen Fotos hängen hier auf den Fluren des Instituts. Es ist ein Quell tiefster Befriedigung, dass diese großen Gemeindelebenskünstler und -künstlerinnen nach wie vor die Tricks und Praktiken anwenden, die sie in früheren Jahren in Frome oder in neuerer Zeit hier in unserem wunderschönen neuen Gebäude in Great Malvern gelernt haben, wo Studenten von Fachleuten in der Anwendung neuester versteckter Kommunikationstechniken unterrichtet werden.

      Fassen Sie Mut! Das ist meine Botschaft an alle, die sich in der hohen Kunst des Heilungsgebets engagieren. Echte Heilungsdienste mögen kommen und gehen, doch unsere Tätigkeit in diesem Bereich der Kirche scheint von einem Höhepunkt zum nächsten zu eilen. Das Institut für Gemeindelebenskunst wird nicht darin nachlassen, denen, die sich mit diesem Gebiet befassen, mit Unterstützung, Rat und praktischer Hilfe zur Seite zu stehen. Beginnen wir mit einer unserer neuesten Innovationen.

       Handliche Heilungs-Handwärmer

      Dieses pfiffig benannte Hilfsmittel für eindrucksvolle Heilungsgebete ist vollkommen ungefährlich in der Anwendung und für Außenstehende praktisch nicht zu entdecken. Das Set besteht aus einem Paar batteriebetriebener Taschenhandwärmer (erhältlich im Institut für Gemeindelebenskunst zum Preis von fünfzehn Pfund je Set, einschließlich Porto und Verpackung – siehe Abbildung), ideal für den Gebrauch in Situationen, in denen Heilungsuchende damit rechnen, das von den Händen der für sie Betenden eine seltsame Wärme ausgehen wird. Die gute Nachricht ist, dass sie keine Enttäuschung erleben werden. Stecken Sie einfach beide Hände in die Seitentaschen Ihrer Jacke, während Sie vor der Handauflegung die »Was-kann-ich-für-Sie-tun?«-Routine abspulen, schalten Sie die Handwärmer ein und warten Sie etwa zweieinhalb Minuten, bis Ihre Handflächen sanft vor Wärme glühen. Nötigenfalls wiederholen Sie den Vorgang.

      Dies ist eine unserer kreativsten Neuentwicklungen, und wir sind überzeugt, dass man uns dieses Produkt geradezu aus den Händen reißen wird. Also sichern Sie sich Ihr Set, so schnell Sie können!

       Die hohe Kunst des Spendenbriefschreibens

      Gemeindelebenskünstler und -künstlerinnen müssen essen wie alle anderen auch, und der Gemeindelebenskünstler, der sich mit der hohen Kunst des Heilungsgebets befasst, bildet da keine Ausnahme. Seine Bedürfnisse sind ebenso


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