Gesammelte Werke von Xenophon. Xenophon

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Gesammelte Werke von Xenophon - Xenophon


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in der Statthalterschaft zu Byzanz und benachrichtigte ihn, daß Polus, sein Nachfolger im Obercommando der Flotte, sogleich im Hellespont ankommen würde. Anaxibius trug dem Aristarch auf, alle Soldaten von der Armee des Cyrus, die er noch in Byzanz antreffen würde, zu verkaufen: denn Kleander hatte keinen verkauft, sondern vielmehr die menschenfreundliche Verfügung getroffen, daß die Kranken in die Häuser angenommen und verpflegt werden mußten. Aristarch verkaufte also sogleich nach seiner Ankunft wenigstens vierhundert Mann. Anaxibius schiffte nach Parium und ließ den Pharnabaz durch einen Abgeordneten um die Erfüllung seines Versprechens mahnen. Allein dieser, benachrichtigt, daß Aristarch als Statthalter nach Byzanz käme und Anaxibius nicht mehr die Flotte commandirte, nahm nun auf den Letztern keine Rücksicht mehr, sondern knüpfte die Unterhandlungen in Betreff der Cyrischen Armee, in denen er mit Anaxibius gestanden hatte, jetzt mit dem Aristarch an. Hierauf ließ Anaxibius den Xenophon rufen und befahl ihm, Alles aufzubieten, um aufs Eiligste zur Armee zu segeln, ihre Auflösung zu verhindern, die bereits zerstreute Mannschaft nach Möglichkeit wieder zusammenzubringen, die Truppen nach Perinth zu führen und aufs Schnellste nach Asien überzusetzen. Zugleich händigte er ihm einen Brief ein, gab ihm eine Person mit, die den Perinthiern befehlen sollte, den Xenophon so schnell als möglich mit Vorspann zur Armee bringen und ließ ihn auf einem Schiffe von dreißig Rudern absegeln. Nach beendigter Fahrt kam Xenophon bei der Armee an: die Soldaten empfingen ihn mit Frohlocken und folgten ihm sogleich willig, in Hoffnung, aus Thrazien nach Asien übergesetzt zu werden.

      Auf die Nachricht von der Wiederkunft Xenophon's fertigte Seuthes den Medosates zur See an ihn ab und ließ ihn ersuchen, die Armee ihm zuzuführen, und unterstützte die Bitte durch alle mögliche Versprechungen, die er für zweckdienlich hielt. Xenophon lehnte diesen Antrag aber gänzlich ab, und der Gesandte kehrte wieder zurück. Nach der Ankunft der Griechen bei Perinth trennte sich Neon von der Armee und schlug mit ungefähr achthundert Mann ein eignes Lager auf: die ganze übrige Armee stand an den Mauern Perinths beisammen. Hierauf unterhandelte Xenophon der Fahrzeuge wegen, um sobald als möglich nach Asien überzusetzen. Während dem kam auf Anstiften des Pharnabazus der Statthalter Aristarch aus Byzanz mit zwei Triremen an und untersagte dem Schiffseigner die Ueberfahrt der Armee und dieser, zu der er selbst kam, verbot er ebenfalls, nach Asien überzusetzen. Xenophon erwiederte: »Anaxibius habe es befohlen und ihn deshalb hergeschickt.« »Anaxibius,« versetzte Aristarch, »ist nicht mehr Admiral, ich aber bin hier Statthalter, und wen ich von euch ertappe, den lasse ich ins Wasser werfen.« Mit diesen Worten ging er in die Stadt. Am folgenden Tage ließ er die Anführer und Hauptleute der Armee zu sich rufen. Schon waren sie nahe an der Stadt, als Jemand Xenophon den Wink gab: wenn er hineinginge, so würde er festgesetzt und entweder hier bestraft, oder dem Pharnabazus ausgeliefert werden. Auf diese Nachricht schickte er die Andern voraus und sagte: er habe sich vorgenommen zu opfern. Er trennte sich also und suchte durch ein Opfer zu erforschen, ob ihm die Götter das Unternehmen, die Armee zum Seuthes zu führen, genehmigten; denn einerseits sah er das Mißliche der Ueberfahrt, da der Mann, der sie verhindern wollte, Triremen hatte: anderseits aber wollte er nicht in den Chersones marschiren, um sich dort einschließen zu lassen und die Armee den größten Mangel an allen Bedürfnissen auszusetzen.

      Hiermit beschäftigte sich also Xenophon. Die Heerführer und Hauptleute aber kamen vom Aristarch zurück und meldeten ihm die Aeußerung desselben: vor der Hand möchten sie nur gehen, Abends aber wiederkommen. Jetzt sah man die Hinterlist noch deutlicher. Da nun Xenophon in den Opfern keine Anzeichen fand, die ihm und dem Heere den Zug zum Seuthes widerrathen hätten, so nahm er den Hauptmann Polykrates, einen Athenienser und von der Abtheilung jedes Heerführers – Neon ausgenommen, – den vertrautesten Gemeinen zu sich und ging in der Nacht sechzig Stadien weit zu dem Lager des Seuthes. In der Nähe desselben stieß er auf verlassene Wachtfeuer und glaubte anfänglich, Seuthes habe seine Stellung verändert: als er aber Getümmel vernahm und Seuthes Leute einander zurufen hörte, so merkte er, daß Seuthes die Feuer vor den Nachtwachen habe deswegen anzünden lassen, damit diejenigen, die sich dem Lager näherten, in dem Scheine der Flammen sichtbar wären, ohne den Standort der im Finstern stehenden Wachen entdecken zu können. Nach dieser Wahrnehmung schickte Xenophon den Dolmetscher, den er gerade bei sich hatte, voraus, um dem Seuthes zu melden, Xenophon sei da und wünsche mit ihm zu sprechen. Als er ihre Frage, ob es der Athenienser Xenophon aus dem Lager wäre? bejaht hatte, liefen sie frohlockend und eilend zum Seuthes, und bald darauf kamen gegen zweihundert Peltasten an, empfingen den Xenophon mit seiner Begleitung und führten ihn zum Seuthes. Dieser befand sich auf einem Thurme und ließ für sich die größte Wachsamkeit beobachten. Rings um den Thurm standen die Pferde gezäumt: denn aus Furcht ließ er die Pferde nur des Tages weiden und in der Nacht unter der Aufsicht der Wache. Schon ehemals nämlich verlor, wie man erzählte, sein Ahnherr Teres, der in dieser Gegend ein starkes Heer stehen hatte, durch die Einwohner dieser Landschaft viele Leute und sein Gepäck. Thynier heißen die Eingebornen und sie sind, der Beschreibung nach, zur Nachtzeit unter allen die gefährlichsten Feinde.

      Bei ihrer Annäherung hieß er den Xenophon mit zwei Andern, die er nach Belieben wählen könne, hereinkommen. Dies geschah. Zuerst umarmten sie sich und tranken einander, nach thrazischer Sitte, Wein aus hörnernen Bechern zu. Auch Medosates, dessen sich Seuthes in allen vorkommenden Fällen als Gesandten bediente, war bei ihm. Nun leitete Xenophon die Unterredung ein: »Seuthes, du schicktest den Medosates zuerst nach Chalcedon an mich ab, mit der Bitte, die Ueberfahrt der Armee aus Asien zu befördern und dem Versprechen, mir dafür deine Erkenntlichkeit zu beweisen. Dies war die Aussage des Medosates.« Hiermit wendete er sich gegen den Letzteren und fragte ihn: »Ist das, was ich sagte, der Wahrheit gemäß?« Es wurde bejaht. – Xenophon: »Nachher, als ich von Parium zur Armee zurückgekehrt war, kam Medosates wieder, mit dem Versprechen von dir, wenn ich dir die Armee zuführte, mich nicht nur übrigens als Freund und Bruder zu behandeln, sondern mir auch die Seeplätze, die in deiner Gewalt sind, einzuräumen.« Hierbei fragte er den Medosates wieder: »Hast du nicht so gesagt?« Auch dieses bejahete er. »Wohlan,« fuhr Xenophon fort, »sage nun dem Seuthes meine Antwort, die ich dir in Chalcedon gab.« Medosates: »Erstlich antwortetest du, die Armee würde nach Byzanz übersetzen, und deshalb dürfte weder dir, noch einem Andern etwas gezahlt werden; du selbst aber würdest nach der Ueberfahrt abreisen, was auch wirklich geschah.« Xenophon: »Was erwiederte ich dir, da du nach Selybria kamst?« Medosates: »Es ginge nicht an, sagtest du, sondern ihr würdet nach Perinth marschiren und nach Asien übersetzen.« »Nun aber,« sagte Xenophon, »komme ich mit diesem Phryniskus, einem der Heerführer und diesem Polykrates, einem Hauptmann, und draußen stehen Männer, von denen jeder das größte Vertrauen seines Generals besitzt; nur von dem Lacedämonier Neon ist keiner dabei. Willst du also unsern Verhandlungen noch mehr Zuverlässigkeit verschaffen, so laß auch diese hereinrufen. Geh, Polykrates, und sage ihnen meinen Befehl, die Waffen draußen zu lassen; du selbst laß auch dein Schwert zurück, und dann komm' wieder.« Seuthes versicherte hierauf, gegen keinen Athenienser Mißtrauen zu hegen; denn er wüßte, daß sie seine Verwandten wären45 und schätzte sie daher als wohlwollende Freunde. Als nun die betreffenden Personen hereingekommen waren, fragte Xenophon zuerst den Seuthes, wozu er die Armee zu brauchen gedächte. Er antwortete: »Mäsades war mein Vater; er herrschte über die Melanditen, Thynier und Tranipsen. Da der Staat der Odrysen aber in Verfall gerieth, so wurde mein Vater aus diesem Lande vertrieben und starb an einer Krankheit. Ich wurde als Waise bei Medokus, dem jetzigen Könige, erzogen. Als ich in die Jünglingsjahre trat, war es mir unerträglich, an fremdem Tische leben zu müssen, und ich bat daher täglich bei der Tafel den König, mir ein Truppencorps so zahlreich als möglich zu geben, theils um an denen, die uns vertrieben hatten, Rache zu nehmen, theils um mich nicht länger auf eine hündische Art blos füttern zu lassen. Er gab mir hierauf die Leute und die Pferde, die ihr sehen werdet, sobald es Tag sein wird. Jetzt nähre ich mich nun mit diesen Leuten von der Beute, die ich in meinem väterlichen Gebiete mache. Wenn ihr aber meine Macht verstärkt, so hoffe ich mit Hilfe der Götter mein Reich leicht wieder zu erobern: und dies ist es, um was ich euch bitte.« »Bestimme nun,« sagte Xenophon, »wie viel du, wenn wir zu dir kommen, der Armee, den Hauptleuten und Generalen zu geben vermagst, damit diese davon Nachricht bringen können.« Er versprach hierauf jedem Gemeinen einen Cyzicener, einem Hauptmann zwei, einem General vier, nebst so viel Land als er wünschte, wie auch Ochsengespanne und einen ummauerten Seeplatz. »Wenn wir aber,« sagte Xenophon, »ungeachtet unserer Bemühung, die Armee doch nicht dazu bereden können,


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