Der fremde Gott. Hans-Joachim Höhn

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Der fremde Gott - Hans-Joachim Höhn


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verpflichtet, indem sie Gegenstimmen zu Wort kommen lässt. Aber dennoch ergreift sie engagiert Partei für ihre Anliegen. Das ihr gemäße Schlusswort kann daher nur in der Weise eines Plädoyers formuliert werden. Damit wird jedoch kein Element eingeführt, das mit diskursiver Urteilsbildung unverträglich ist. Denn ein Plädoyer als Element eines Prozesses nimmt nicht ein Urteil vorweg, sondern will für eine Urteilsbildung nur eine (möglichst überzeugende) Vorlage liefern. Den Urteilsspruch über die verhandelte Sache muss es anderen überlassen. Es kann nur an die Urteilskraft seiner Adressaten appellieren und ihnen eine bestimmte Entscheidung nahelegen. Wer ein Plädoyer führt, darf daher auch am Ende eine akademische Distanz zu seiner Sache und seinen Adressaten aufgeben. Von dieser Erlaubnis macht das Schlusswort Gebrauch (Kapitel 5). Es enthält eine biographische Notiz über meinen Weg zu einer „theologia negativa“ – und mit ihr.

      Bei der Schlussetappe zur Fertigstellung dieses Buches haben mich Claudia Rott und Martin Dürnberger unterstützt. Ihnen sei dafür herzlich gedankt. Zwar teilen sie in manchen Punkten nicht meine Position. Aber da Streiten auch verbinden kann, bereichern solche Differenzen das Miteinander.

Köln, im Sommer 2008 Hans-Joachim Höhn

      Inhalt

       I. Abschied von Gott? Theologie an den Grenzen der Moderne

       1. Provokationen: Die Passion des Wortes „Gott“

       1.1. Enteignungen: Vom Verbrauch des Wortes „Gott“

       1.2. Bestreitungen: Für und wider die Notwendigkeit Gottes

       1.3. Aufbegehren: Auf den Gedanken kommen, (an) Gott zu denken

       2. „Gott“ als AdVerb: Perspektiven einer postsäkularen Rede von Gott

       2.1. Versuchungen: Die Rede von Gott – nach ihrem Ende

       2.2. Plädoyer: Rehabilitierung einer theologia negativa

       II. Biblische Aufklärung: Offenbarung als Bestreitung

       1. Da – Sein – Werden: Das Wort „Gott“ und der Name Gottes

       2. Gott sehen: Etwas vor sich haben – das Nachsehen haben

       3. Gottes Unheimlichkeit: Erschlichene und errungene Identität

       4. Bild des Unsichtbaren: Bilderverbot und Gottebenbildlichkeit

       4.1. Versuchungen: Der wahre Gott und die falschen Bilder

       4.2. Widerspruch? Schöpfung und Selbstoffenbarung Gottes

       4.3. Entsprechungen: Offenbarung als Erfüllung des Bilderverbotes

       III. Philosophischer Kontext: Gott denken im Widerstreit von Sein und Nichts

       1. Welt ohne Gott: Versteht sich die Welt von selbst?

       2. Gott im Nichts? Dem Dasein auf den Grund gehen

       3. Vor dem Nichts stehen: Gottes Widerfahrnis?

       4. Verschränkungen: Transzendenz und Immanenz grundlosen Daseins

       IV. Ästhetische Kontroversen: Wahre Bilder? – Bilder der Wahrheit?

       1. „Wir sehen uns!“ Zeit des Zeigens – Zeichen der Zeit

       2. Bilder? Verbieten? Medienkritische Aspekte des Bilderverbotes

       3. Kultkritik und Bilderstreit: Religionskritische Aspekte des Bilderverbotes

       4. Gottes Wort im Bild: Das Wagnis einer ästhetischen Gottesrede

       V. Epilog: Gott – bestritten und vermisst

       Auswahlbibliographie

      I.

      Abschied von Gott?

      Theologie an den Grenzen

      der Moderne

      Theologie ist Rede von Gott. Selbstverständlich! Aber versteht man deswegen auch, wovon sie spricht? Selbstverständlich nicht! Denn es versteht sich heute keineswegs von selbst, wer oder wie Gott ist. Darum müssen Theologen viele Worte machen, um verstanden zu werden. Sie erwecken damit den Eindruck, gut Bescheid zu wissen über Gott. Und zugleich wird ihnen diese Beredsamkeit zur Gefahr. Es kommt zu einer unseligen Redseligkeit. Gedankenlose Geschwätzigkeit macht sich breit. Die Theologie vermag trotz ihres Redeflusses nicht mehr, Gott oder das „Wort Gottes“ zur Sprache zu bringen. Beide werden totgeredet. Auf diese Weise bereitet sich die Theologie ihr Ende selbst. Es bedarf keiner religionskritischen Vehemenz, um ihr Ableben zu befördern. Das Ende der Theologie fängt dort an, wo sie geschwätzig wird und viele Sätze über Gott schneller gesagt als gedacht sein lässt.1 Auf diesem Wege wird sie letztlich nichtssagend. Den Nichtssagenden aber gehen die Worte niemals aus. Darum setzt sich theologisches Gerede einstweilen fort, auch wenn es nichts und niemandem mehr etwas sagt.

      Aber was wäre die Alternative? Ihre Sache zu verschweigen, im Diskurs der Wissenschaften zu verstummen, sich aus dem Stimmengewirr der Öffentlichkeit zurückzuziehen, nicht mehr von Gott, sondern nur noch über „Religion“ zu reden würde ebenfalls ihr Ende bedeuten. Ein solches Schweigen wäre nicht beredt, sondern ein betretenes und verschämtes Verstummen. Da sie nicht schweigen will und darf, setzt die Theologie ihr Geschäft fort, viele und große Worte von Gott zu machen. Ihr kommt dabei die Hoffnung zu Hilfe, dass sich dort, wo die Worte sind, auch die Sache einstellt, die sie bezeichnen. Allerdings ist diese Hoffnung trügerisch. Im Reich der Worte werden viele Dinge oft unbedacht ausgesprochen. Hier lässt das Reden das Denken hinter sich. Wo aber das Denken das Reden nicht mehr einholt, droht die Gefahr, dass man gedankenlos daherredet. Das gilt auch für „Berufschristen“, für Religionslehrer/innen, Pfarrer und Theologieprofessoren. In ihrem Worteifer kann es passieren, dass sie sich nichts mehr dabei denken, wenn sie von Gott reden.


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