Die Zeiten hatten sich verschlechtert, und die Front der Ablehnung zwischen der schwarzen Bevölkerung und der weißen Besatzungsmacht hatte sich verhärtet. Jeden Tag gab es Tote und Verletzte, und ihre Zahl nahm weiter zu. Die Koevoet – was 'Brecheisen' bedeutet – walzte die Krale platt, wenn der Verdacht bestand, dass sich ein SWAPO-Kämpfer dort versteckt hielt, beziehungsweise versteckt halten könnte. Die Jugend machte es nicht mehr mit, dass Menschen mit der schwarzen Haut weniger wert sein sollten als jene mit der weißen Haut. Viele junge Menschen verließen das Land, um aktiv am Befreiungskampf teilzunehmen. Sie bildeten die Schicksalsgemeinschaft, die enger und stärker war als in der Schule durch die Unbedingtheit der Disziplin und des gegenseitigen Vertrauens. Brot und Wasser wurden wie alles andere geteilt, und die Kameradschaft der gegenseitigen Hilfe wurde als unabdingbar vorausgesetzt. Die Erkenntnis kam, dass aus einer solchen Gemeinschaft die unbezwingbare Kraft erwächst, mit der das Ziel der Befreiung zu erreichen war. Es war eine lange Fahrt in den hohen Norden Namibias unweit der angolanischen Grenze. Die Sonne hatte den Teer der Straßendecke weichgebrannt, sodass die Reifen den monotonen Klebeton über hunderte von Kilometern summten. Nach zweihundertfünfzig Kilometern gab es in Otjiwarongo eine kurze Pause. Schweißgebadet ging ich in den Supermarkt an der Straße und kaufte eine Flasche Mineralwasser, die ich aus dem Kühlschrank nahm und in wenigen Zügen leerte. Beim Betasten der Reifen verbrannte ich mir die rechte Hand, an dessen Fingern der heiße Teer kleben blieb. Auf der Fahrt in den Norden stellte ich mir die Frage, ob ich den gewaltigen Anforderungen unter den völlig neuen klimatischen Bedingungen überhaupt gewachsen bin. Und das um so mehr, als es galt, die Chirurgie und Traumatologie an einer unübersehbaren Zahl von Patienten und Verletzten zu betreiben.