Abschied von der Heimat: Die Domglocke schlug drei Uhr morgens, als es an der Tür klopfte. Ein Mann überreichte einen zusammengefalteten Zettel und sagte, dass Ludwig und Martha Lorch mit dem Fluchtwagen Breslau passiert hätten. Der Mann hatte es eilig und lehnte die angebotene Tasse Tee dankend ab. Beim Verlassen der Haustür drehte er sich noch einmal um: «Wir werden uns wohl nicht wiedersehen. Ich wünsche Ihnen für ihre Flucht alles Gute. Mögen Sie den Weg in die Zukunft, die wir nicht kennen, aber fürchten, heil überstehen.» Leben wurden geopfert für ein Vaterland und seine Menschen im Zweifel schwindender Hoffnung. Der Sohn war verschollen. Ein Brief wurde in der Uniformtasche gefunden und mit dem Brief der Tod gesichert, der große Begabungen und noch größere Hoffnungen mit dem Sohn begraben hat. Die Mutter verlor den Sohn und konnte es nicht fassen. Tränenfluten überzogen ihr Gesicht, dass noch nach Jahren Rinnsale über die Wangen zu den Mundwinkeln flossen. Jung war das Leben, als der Tod nach ihm und seine Unschuld griff. Frauen und Mütter standen über Jahre schweigend zusammen und weinten am selben Platz. «Doch weinen könnt ihr, wie ihr wollt. Das Leben kommt nicht wieder, wenn der Sohn gefallen ist.» Böen wehten die weggebrochenen Hoffnungen mit dem gefallenen Laub davon. Träume blieben am Boden liegen, wo einst Jugend sprang und klopfte. Nun ist's da totenstill. Abend: Wenn das Licht auf dem Rückzug zum Horizont sich verstreift, dann trägt die Verdämmerung die Frage nach dem Wert des gewesenen Tages für das Sein mit den unerfüllten Hoffnungen und verfehlten Vermutungen mit sich, ob eine Besserung mit Hebung der Lebensqualität überhaupt erreichbar ist, oder ob das Leben in der bloßen Anreihung der Tage und Jahre verharrt. Es brennt das Feuer, es brennen Städte und Dörfer, es brennen Männer und Frauen und Kinder. Was soll der Vernichtungswahn, wenn es mit dem Leben von Geburt an nicht stimmt. Es scheint, als wäre der Frieden der größte Feind der Menschheit, dem mit großer Entsagung und immer größeren Opfern zu widerstehen ist, egal was es koste. Oft wird das Kind mit anderen Kindern liegenbleiben, denn Kinder haben es anderen Kindern vorgemacht, wie es mit und um den Hunger steht. Du wirst es sehen und an die Kinder denken, bei denen es der leere Magen war, dass sie es mit dem Leben nicht schafften. Weich streicht der Bogen über die Geige mit dem schrägen Riss, es zucken die Münder in entlegene Winkel, die es vorher nicht gab. Rau schlägt der Schnee ins Braun der Augen, wenn Sand an der Träne vor dem anderen Auge klebt, die sich mit anderen Tränen vor dem Tränenpunkt staut. Es ist nicht nur das Auge, das dem Licht entgegenblickt. Auch der Mund zuckt ihm entgegen, dass sich die Morgensänfte auf die Lippen legt, sie wärmt, der frühe Strahl sie glättet, die Zunge das Neue schmecken lässt, und sich Frieden an die Gaumen heftet. Täler füllen sich mit dem Licht der neuen Hoffnung, neuer Freude.