Oft geh ich hin und pack mich in einen Umschlag und schick mich los – auf die Reise nach Jena, mach mich auf den Weg zu Amelie. Bei ihr, da bin ich immer gut aufgehoben. Wir beide treffen uns in unseren Briefen…
Ach, Amelie – nun muß ich wieder mal einen Brief schreiben, den ich eigentlich nicht schreiben will. Weil es ein trauriger Brief werden wird. Ein Brief mit vielen Tränen drin. Ein Brief, der mich Kraft kosten wird. Da hast Du mir vor ein paar Tagen erst viel Spaß mit Mauzek gewünscht – und nun ist Mauzek nicht mehr da. Und ich spüre, wie sehr mir der kleine schwarze Kater mit den weißen Pfoten ans Herz gewachsen ist. Obwohl Katzen doch eigentlich nicht meine Tiere sind. Obwohl ich immer gesagt habe: «Nein, eine Katze würde ich mir nicht anschaffen, mit der käme ich nicht klar.» Meine Tiere, das sind Hunde, das sind Pferde. Nun, den Kater, den haben wir uns auch nicht «angeschafft», der hat sich uns ausgesucht. Er war plötzlich da, eines Abends Anfang Oktober vorigen Jahres. Niemand weiß, woher er kam. Als Maarten und ich die Haustür aufsperrten, da huschte etwas Schwarzes an uns vorbei, gleich die Treppe hinunter zum Keller. Ich werde nie vergessen wie Maarten dann – die Katze auf dem Arm – die Stufen hochkam und mich zwei bernsteinfarbene Augen anblitzten. "Der sucht ein Zuhause", so unser Nachbar, der an dem Abend noch vorbeischaute. "Ich würd' den gerne behalten", so Maarten, der Katzenfan. Ich aber war unentschlossen. Am nächsten Tag war der Kater wieder da, am übernächsten auch – saß auf einer der Stufen zur Verandatür und wartete. Hatte wohl vor, nicht so leicht aufzugeben. Diese Hartnäckigkeit, dieses Vertrauen in uns – wir würden ihn doch wohl nicht verhungern lassen, dieses Verhalten hat mich angerührt. Natürlich hab ich ihn reingelassen, natürlich stand längst Katzenfutter auf der Einkaufsliste. Tag für Tag haben wir uns ein bißchen mehr kennengelernt. Tag für Tag wurden wir vertrauter miteinander.