Der römische Kaiser Julian, dem die Christen den Beinamen Apostata gaben, weil er den Kult der alten Götter wiederherstellen wollte und sich vom Christentum abwandte, gehört zu den herausragenden Gestalten der Antike. Trotz der kurzen Spanne seiner Herrschaft, gerade mal 20 Monate, hinterließ er Spuren, die bis zum heutigen Tag andauern. Von den Christen dämonisiert, von den Geistesgrößen der Neuen Zeit zum Idealherrscher, zum Vorkämpfer für Toleranz und Gewissensfreiheit erhoben, sorgte Julian über die Jahrhunderte immer wieder für kontroverse Debatten. Für seine Gegner war er ein Abtrünniger, der das Rad der Geschichte zurückdrehen wollte. Seine Bewunderer lobten seine sittliche Reinheit, seine Gelehrsamkeit, seine hohe Intelligenz, seine Toleranz und seine Gerechtigkeit. «Julian vereinigte in vollendeter Weise alle Eigenschaften, für deren einzelne je ein Idealkaiser berühmt war», schrieb der Historiker Ammianus Marcellinus, ein Zeitgenosse und glühende Verehrer Julians. Julian hinterließ philosophische Schriften, Satiren, und zahlreiche Briefe. Seine Interessen galten vor allem der Philosophie und der Literatur, die Krone nahm er eher widerwillig an. Seine Soldaten, die seine Tapferkeit, seine Fähigkeiten als Feldherr und seinen asketischen Lebensstil schätzten, erhoben ihn zum Augustus. Der Enkel Kaiser Konstantin des Großen war ein hervorragender Feldherr, der Gallien befriedete und die germanischen Stämme besiegte; ein Gesetzgeber, der um Recht und Gerechtigkeit besorgt war und ein Redner und Philosoph, der von einer göttlichen Mission erfüllt war. In Julian prallten Welten aufeinander. Mit nur 32 Jahren wurde der Philosoph auf dem Kaiserthron getötet.