Grundkurs Existenzsicherungsrecht für die Soziale Arbeit. Markus Fischer

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Grundkurs Existenzsicherungsrecht für die Soziale Arbeit - Markus Fischer


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Möglichkeit besteht für zahlreiche kommunale Träger (BMAS 2019, 22; HSRB / Schwengers 2017, Kap. 7 XII. 1.; Kievel et al. 2018, Kap. 14.4.2.16).

      Diese auf Antrag „zugelassenen kommunalen Träger“ sind nach § 6a SGB II für die gesamten Leistungen nach dem SGB II zuständig (GK-SRB / Herbe 2018, § 6 SGB II, II. 1.) und gemäß § 6b Abs. 1 S. 1 SGB II (mit bestimmten Ausnahmen) anstelle der Bundesagentur (auch) Träger der Aufgaben nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II; sie haben gemäß S. 2 insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit und tragen wie die „Gemeinsamen Einrichtungen“ (Kap. 2.1.3) die Bezeichnung „Jobcenter“ (§ 6d SGB II).

      Wird kein kommunaler Träger gemäß § 6a SGB II zugelassen, bilden die Träger der SGB II-Leistungen – also die Arbeitsagentur und die kreisfreien Städte und Kreise (kommunale Träger) – zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende („gleichsam aus einer Hand“) gemäß § 44b Abs. 1 SGB II im Gebiet jedes kommunalen Trägers eine „Gemeinsame Einrichtung“ (Hoenig / Kuhn-Zuber 2012, B. II. 1. A; HSRB / Schwengers 2020, 97 VI. 1.) mit den in Übersicht 12 dargestellten Aufgaben.

      Übersicht 12

      Aufgaben der „Gemeinsamen Einrichtung“ nach § 44b SGB II („Jobcenter“) und Aufsicht

      1. Aufgaben und Rechtsstellung der „Gemeinsamen Einrichtung“

      1.1 Umfassende und einheitliche Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung nach dem SGB II (§ 44b Abs. 1 S. 1 SGB II)

      1.2 Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten und Widerspruchsbescheiden (§ 44b Abs. 1 S. 3 SGB II (Kap. 2.2.2 und 2.2.3)

      1.3 Behördeneigenschaft im Sinne von § 1 Abs. 2 SGB X

      1.4 Führung der Bezeichnung „Jobcenter“ (§ 6d SGB II – wie die zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a SGB)

      2. Dabei: Aufgaben der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Bundesagentur und kommunale Träger)

      2.1 Bildung der „Gemeinsamen Einrichtung“ – „Jobcenter“ (§ 44b Abs. 1 S. 1 SGB II)

      2.2 Bestimmung des Standortes sowie der näheren Ausgestaltung und Organisation durch Vereinbarung (§ 44b Abs. 2 SGB II)

      2.3 weitere Aufgaben nach den §§ 44b bis 44k SGB II

      2.4 Fortbestand der Trägerschaft der Bundesagentur und der kommunalen Träger für die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach den §§ 6, 6a und 6b SGB II (§ 44b Abs. 1 S. 2 SGB II)

      2.5 Deshalb: weiterhin Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen (§ 44b Abs. 3 S. 1 SGB II)

      2.6 Fach- und Rechtsaufsicht und Weisungsrechte gegenüber der „Gemeinsamen Einrichtung“ in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 SGB II (§ 44 Abs. 3 S. 2 SGB II)

      Für das SGB II gelten – wie für alle anderen „speziellen“ Bücher des SGB – gemäß § 37 S. 1 SGB I zunächst die allgemeinen Vorschriften nach dem SGB I sowie die Vorschriften des Buches X über das Sozialverwaltungsverfahren und den Sozialdatenschutz, sofern nicht im SGB II vorrangige Spezialregelungen getroffen worden sind (Wabnitz 2020a, Kap. 10.1.2; Kap. 2.3).

      Zu den wichtigsten Grundsätzen des Sozialverwaltungsverfahrens nach dem SGB I und X (Wabnitz 2020a, Kap. 10.5.2; Papenheim et al. 2016, Kap. I. 3; Reinhardt 2014, Kap. 5; Trenczek et al. 2018, Kap. III. 1.2.) siehe Übersicht 13.

      Übersicht 13

      Allgemeine Grundsätze des (Sozial-) Verwaltungsverfahrens (SGB I, X)

      1. grundsätzlich formlose Antragstellung (§ 16 SGB I)

      2. Beschleunigungsgebot (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I)

      3. Nichtförmlichkeit des Verfahrens (§ 9 SGB X)

      4. Nichtöffentlichkeit des Verfahrens

      5. Beteiligte (§ 12 SGB X), insbesondere Antragsteller, Antragsgegner und Behörden

      6. Handlungsfähigkeit (§§ 11 ff. SGB X) – entspricht weitgehend der Geschäftsfähigkeit nach dem BGB; mit Sonderregelungen für Minderjährige

      7. keine Beteiligung ausgeschlossener oder befangener Personen / Mitarbeiter / innen der Behörde (§§ 16, 17 SGB X)

      8. grundsätzlich Deutsch als Amtssprache (§ 19 Abs. 1 SGB X)

      9. Untersuchungsgrundsatz (§ 20 SGB X): Die Behörde ermittelt den Sachverhalt „von Amts wegen.“

      10. Anhörung Beteiligter (§ 24 Abs. 1, 2 SGB X)

      11. Akteneinsicht durch Beteiligte (§ 25 SGB X)

      12. umfangreiche Mitwirkungspflichten der Leistungsberechtigten nach den §§ 60 ff. SGB I

      

      Es gibt zwei „Hauptprodukte“ des Sozialverwaltungsverfahren: den Verwaltungsakt (§§ 31 bis 52 SGB X) sowie den öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 53 bis 61 SGB X). Letzterer kann gemäß § 53 Abs. 1 SGB X auf zahlreichen Gebieten des Sozialleistungsrechts anstelle des Erlasses eines Verwaltungsakts abgeschlossen werden (Näheres bei Wabnitz 2020a, Kap. 11.2; Papenheim et al. 2015, Kap. J.8; Reinhardt 2014, Kap. 10; Trenczek et al. 2014, Kap. III. 1.3.2.).

      Der Verwaltungsakt (dazu: Wabnitz 2020a, Kap. 11.1; Kievel et. al. 2018, Kap. 17.3.3; Kookemoor 2014, Kap. II. 2. c; Papenheim et. al. 2015, Kap. J.1.2; Reinhardt 2020, Kap. 4; Trenczek et. al. 2018, III. 1.3.1) ist die zentrale Handlungsform von Behörden bzw. Trägern hoheitlicher Verwaltung. Der Verwaltungsakt (VA) – zumeist als „Bescheid“ bezeichnet – wird in § 31 S. 1 SGB X auch für das SGB II definiert; er umfasst fünf Elemente.

      Übersicht 14

      Elemente des Verwaltungsaktes (VA)

      Ein Verwaltungsakt (VA) ist:

      1. jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde (z.B. eine „Gemeinsame Einrichtung“ nach § 44b Abs. 1 S. 3 SGB II)

      2. auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (also: auch des SGB II)

      3. zur Regelung (also: als definitive Entscheidung, in Form einer Bewilligung oder Ablehnung einer Leistung, Rechtsgewährung, eines Verbotes, eines Gebotes, einer Rechtsfeststellung)

      4. eines Einzelfalls trifft und die

      5. auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (also nicht nur innerhalb der Behörde Wirkung entfaltet).

      Der wichtigste förmliche Rechtsbehelf gegenüber Verwaltungsakten ist der Widerspruch. Nur durch ein Widerspruchsverfahren ist es möglich, eine Behörde gegen den Willen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu „zwingen“, einen Verwaltungsakt aufzuheben bzw. einen nicht erlassenen Verwaltungsakt zu erlassen (Näheres bei: Wabnitz 2020a, Kap. 12.2; Kievel et. al. 2018, Kap. 17.3.3; Papenheim et. al. 2018, Kap. N. 3; Reinhardt 2016, Kap. 8.2.1; Trenczek


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