Transkulturelle Kommunikation. Andreas Hepp
Читать онлайн книгу.bezeichnet wird, seinen Charakter weltweit verändert hat. Verband man noch vor zehn Jahren mit Mediatisierung vor allem das Fernsehen und allenfalls ansatzweise das Internet, haben sich die Vorzeichen geändert: Eine fortschreitende globale Mediatisierung wird fast ausschließlich mit dem »Siegeszug« der digitalen Medien und dem Social Web gleichgesetzt. In dem vorliegenden Buch habe ich aber versucht, einen vermittelnden Weg zu gehen. Dieser nimmt zum einen die sich mit dem Aufkommen der digitalen Medien verändernde technische Grundlage von Medienkommunikation ernst, ohne zum anderen zu vergessen, dass es in vielen Regionen der Welt nach wie vor andere Medien sind – Fernsehen, Zeitung, Radio –, die für transkulturelle Kommunikationsprozesse entscheidend sind.
Weite Teile der Neufassung habe ich während meines durch die Universität Bremen ermöglichten Forschungssemesters in einem sehr inspirierenden Forschungsumfeld am Goldsmiths, University of London, geschrieben. Hierfür danke ich beiden Institutionen, vor allem aber folgenden Personen: Am Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) der Universität Bremen möchte ich Stefanie Averbeck-Lietz, Friedrich Krotz und allen Mitgliedern meines Fachgebiets – Matthias Berg, Cigdem Bozdag, Monika Elsler, Marco Höhn, Sigrid Kannengießer, Swantje Lingenberg, Anne Mollen, Johanna Möller, Anke Offerhaus, Cindy Roitsch und Laura Suna – sowie unserem Forschungskoordinator Leif Kramp dafür danken, dass sie sich in den sechs Monaten meiner Abwesenheit um alle Belange kümmerten und mir den Freiraum gaben, so das Manuskript zu verfassen. Nick Couldry, David Morley und den Kolleginnen und Kollegen vom Department for Media and Communication des Goldsmiths möchte ich für die große Gastfreundschaft vor Ort und vielfältige Diskussionen danken. Eingeflossen in dieses Buch sind daneben zahlreiche Anregungen von und Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen, die zu viele sind, als dass ich sie hier aufführen könnte. Namentlich danken möchte ich aber meiner Familie – Beate Köhler, Levi Daniel Hepp und Naomi Liv Hepp –, dass sie bereit war, mit mir die Zeit im Ausland zu verbringen und zu tolerieren,[8] dass ich auch in einer Stadt wie London meine Zeit weitgehend am Schreibtisch verbrachte.
Unterstützt haben mich beim Verfassen des Manuskripts daneben vielfältige weitere Personen. So bezieht sich Kap. 4.2 auf gemeinsame Forschung mit Michael Brüggemann, Katharina Kleinen-von Königslöw, Swantje Lingenberg, Johanna Möller und Anke Offerhaus in dem Teilprojekt »Die Transnationalisierung von Öffentlichkeit am Beispiel der EU« des Sonderforschungsbereichs 597 »Staatlichkeit im Wandel« an der Universität Bremen, denen ich für die hier zusammenfassend präsentierte gemeinsame Forschung danken möchte. Darüber hinaus hat der Sonderforschungsbereich insgesamt die wissenschaftliche Arbeit, die in diesem Buch reflektiert wird, finanziell unterstützt. Danken möchte ich auch der Zeitschrift »Medien & Kommunikationswissenschaft« für die Möglichkeit, Kap. 2 des vorliegenden Buchs auf meinem dort in dem Sonderheft »Grenzüberschreitende Medienkommunikation« erschienenen Aufsatz »Transkulturelle Kommunikation als Ansatz der Erforschung grenzüberschreitender und grenzziehender Medienkommunikation« basieren zu können. Bei Literaturrecherchen halfen mir als studentische Hilfskräfte Annika Mahr, Judith Niesel, Philip Hurzlmeier und Ann-Christin Westphal. Die Erstellung vieler Grafiken wäre ohne die Hilfe von Cindy Roitsch nicht möglich gewesen, die von Cornelia Gutsche, Philip Hurzlmeier, Simone Michel und Franziska Römer unterstützt wurde. Vor Ort in London half mir Sebastian Kubitschko mit der mir fremden Bibliothek und vielen weiteren Dingen. Für die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts danke ich Annalena Oeffner Ferreira, für dessen Korrekturen Heide Pawlik, für das Lektorat Claudia Hangen bzw. Rüdiger Steiner von der UVK Verlagsgesellschaft.
Widmen möchte ich dieses Buch meiner Großmutter Eugenie Hepp, die im Alter von 100 Jahren gestorben ist, während ich das Manuskript der »Transkulturellen Kommunikation« korrigierte. Ihre Verwurzelung sowohl in der Migration ihrer Familie als auch im Lokalen war immer präsent, wenn ich über transkulturelle Kommunikation schrieb.
Bremen, im Februar 2014 | Andreas Hepp |
Unter www.utb.de ist beim Aufrufen des Titels ein nach Kapiteln geordnetes und kommentiertes Verzeichnis mit weiterführender Literatur einsehbar.
[9]1 | Einleitung |
Fast schon euphorisch hat Marshall T. Poe in seiner breit angelegten Geschichte der Kommunikation die Gegenwart als eine Zeit der medienvermittelten Transkulturalität beschrieben. Während die Zeit des Buchdrucks und der audiovisuellen Medien die Zeit der Toleranz und des Multikulturalismus gewesen seien, bewegen wir uns nun – so sein Argument – hin in eine Zeit, in der Identitäten »jenseits von Kultur« (Poe 2011: 240) lägen. Identitäten sind für ihn zukünftig weniger in historischen (National-)Kulturen verwurzelt, sondern eher eine Mischung verschiedener historischer und auch (neu) erfundener Kulturen. Ein Beispiel dafür sind für ihn die – wie er es nennt – transnationalen Identitäten verschiedener Subkulturen. Während diese zuerst einmal jenseits des Internets gelebt werden, ermöglicht Letzteres doch einen vergleichsweise einfachen Zugang zu ihnen. Der aktuelle Medienwandel befördert damit einen alltagsweltlichen Transkulturalismus. Als Beleg führt Marshall T. Poe den von dem togolesischen Botschaftersohn und Kreativunternehmer Claude Grunitzky herausgegebenen Band »Transculturalism« an. In Letzterem wird Transkulturalismus als eine Form des Lebens beschrieben, bei der »einige Menschen Wege finden, ihre ursprüngliche Kultur zu überschreiten, um fremde Kulturen zu entdecken, zu studieren und zu infiltrieren« (Grunitzky 2004: 25). Mit dem aktuellen Medienwandel verbunden wird also eine ganz neue Welt des Lebens und Erlebens von Kultur, für die der Begriff des Transkulturalismus steht.
Wenn wir aufmerksam die Medien verfolgen, scheint es daneben andere Seiten von Transkulturalität zu geben. Die Rede ist dann von transkulturellen Konflikten, die es in Organisationen zu managen gilt, oder aber von dem transkulturellen Konflikt zwischen dem »Westen« und dem »Rest« der Welt (Hall 1994a: 137–179). Nicht nur wissen wir von solchen transkulturellen Konflikten durch die verschiedenen Medien: neben dem World Wide Web können dabei ebenso traditionelle Massenmedien wie beispielsweise das Fernsehen oder die Zeitung genannt werden. Medien können selbst treibende Kräfte in solchen transkulturellen Konflikten werden. Exemplarisch wurde dies 2006 in dem sogenannten Karikaturenstreit deutlich (Eide et al. 2008): Europäische Karikaturen über den Propheten Mohammed lösten Proteste in der arabischen Welt aus, was in Europa zu einem öffentlichen Diskurs über den Islam und religiöse Werte führte. Produziert wurden die Karikaturen für die dänische Tageszeitung JYLLANDS-POSTEN, durchaus mit dem Ziel, Kontroversen auszulösen. Sie stehen somit für den Blick eines bestimmten Mediums auf »fremde Kulturen«. Erfahren von diesen Karikaturen haben die Menschen in der arabischen Welt wiederum durch die Medien – durch ein kritisches Dossier, das unter islamischen Geistlichen kursierte, Internetseiten und durch Berichte von AL JAZEERA –, was unterschiedliche Proteste auslöste. Über diese Proteste wurde dann in europäischen (Massen-)Medien mit zum Teil sehr distanzierenden Kommentaren berichtet. Die durch die Globalisierung der [10]Medien mögliche transkulturelle Kommunikation führt, wie dieses Beispiel zeigt, ebenfalls zu Konflikten zwischen Kulturen (und Religionen) und bringt diese nicht zwangsläufig zusammen.
Solche wenigen Beispiele machen deutlich, wie komplex und vielfältig das Phänomen der transkulturellen Kommunikation ist. Sie zeigen, wie notwendig ein differenziertes Wissen über die Möglichkeiten und Grenzen transkultureller Medienkommunikationsprozesse ist, wenn man die sich globalisierende Medienkommunikation angemessen einschätzen und beurteilen möchte. Transkulturelle Kommunikation betrifft uns alle, wenn wir im Fernsehen, Kino und in der Presse mit Medienprodukten konfrontiert sind, die über die Grenzen verschiedener Kulturen hinweg »reisen«. Sie betrifft uns, wenn wir über das Internet mit Menschen anderer Kultur in Kontakt stehen. Auf welche Weise und von welchen Unternehmen werden diese transkulturell verfügbaren Medienprodukte hergestellt? Wie verhält sich die Medienpolitik zu den Aktivitäten global agierender Medienkonzerne? Durch was zeichnen sich transkulturelle Medienprodukte aus? Wie werden sie rezipiert und angeeignet? In welcher Beziehung steht all dies zu unserer kulturübergreifenden Kommunikation im Social Web? Und welche Theorien und Ansätze sind es, die uns in diesem Feld bei einer kritischen Betrachtung weiterhelfen? Diese Fragen sind es, auf die ich mit dem vorliegenden Buch zumindest ansatzweise eine Antwort geben möchte. Bevor ich in dieser Einleitung allerdings einen kurzen Überblick über das Buch insgesamt gebe,