Sozialraumorientierung 4.0. Группа авторов

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Sozialraumorientierung 4.0 - Группа авторов


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in der sogenannten Praxis ankommen. Das Projekt, dass Klient/innen Lehre übernehmen, ist dafür eine geeignete Möglichkeit. Um das zu verdeutlichen, wird hier abschließend von diesem Ereignis sozusagen aus dem Nähkästchen berichtet.

      Zunächst gilt es festzustellen, dass der Übernahme der Lehre eine ganze Reihe von Prozessen im Ludwig-Steil-Hof vorausgegangen war. Über Tandems von Mitarbeitenden und Klient/innen wurden einzelne Themen erarbeitet, in verschiedenen Kleingruppen wurden Vorträge vorbereitet, bis zu Generalproben geübt usw. Die Veranstaltungen mit den rechtlichen Betreuer/innen und den Angehörigen fanden in vertrauten Umgebungen statt. Erst mit diesen Erfahrungen war es möglich, eine Veranstaltung in der Fachhochschule durchzuführen.

      Die Veranstaltung, an der Studierende aus Bachelor- und Masterstudiengängen sowie Praktiker/innen aus einer anderen Einrichtung teilnahmen, war in zwei Teile gegliedert. Am Vormittag gab es eine allgemeine Einführung in das Thema BTHG, am Nachmittag kamen dann Klient/innen und Mitarbeitende des Ludwig-Steil-Hofs, um ihre Perspektiven vorzustellen. An dieser Stelle mag man den Mut der Klient/innen bewundern, sich dieser Situation zu stellen, doch noch mehr Bewunderung verdient, wie es gelang, Inhalte zu vermitteln. Ein Klient fasste die Auswirkungen des BTHG so zusammen: „Das bedeutet, dass uns der Arsch nicht mehr hinterhergetragen wird.“ Besser kann aktivierende Arbeit nicht auf den Punkt gebracht werden. Andere wiesen darauf hin, dass im Sozialhilfebetrag kein Geld für Tabak eingepreist ist. Und auf die Nachfrage, an welcher Stelle denn dann Einsparungen gemacht würden, um den Tabak finanzieren zu können, wurden durchweg Aspekte genannt, die in der Sozialhilfeberechnung für Teilhabe an der Gesellschaft vorgesehen sind. Handfester können Erkenntnisse hinsichtlich der Differenz zwischen Theorie und Praxis nicht sein. Als Dozierende konnten wir dabei zusehen, wie bei allen Beteiligten die unterschiedlichen Perspektiven Lernerfolge evozierten. Der immerwährende Ruf nach Partizipation löste sich sukzessive zugunsten eines Verständnisses von Zusammenarbeit („Arbeite nicht härter als der/die Klient/innen“ und auch „Arbeite nicht weniger als die Fachkraft“) auf.

      Die Veranstaltung endete mit der Bitte einer Studierenden, sich in einem halben Jahr wieder zu begegnen, um von den weiteren Erfahrungen des beschrittenen Weges zu erfahren. So wurde es dann auch verabredet.

      Als Vertreter der Hochschule war es dem Autor des Artikels wichtig, den Lehrauftrag zu honorieren. Dies geschah in Form eines Gutscheins für einen Cafébesuch, der einer Klientin stellvertretend überreicht wurde und der im Anschluss an die Veranstaltung direkt eingelöst wurde. Zwei weitere Stunden saßen wir nun (im kleineren Kreis) im Café zusammen – miteinander und durcheinander, es gab viel zu erzählen. Und da vom Gutschein ein stattlicher Betrag übrig blieb, verständigte man sich kurzerhand auf ein weiteres Treffen. Sozialräumlich kann also berichtet werden, dass sich dieser für alle Beteiligten an diesem Tag deutlich erweitert hat. Und um im zweiten Prinzip zu bleiben: Genau das ist der Unterschied zwischen „aktivierender Arbeit“ und „betreuender Tätigkeit“.

      Literatur

      Böhnisch, Lothar/Schröer, Wolfgang/Thiersch, Hans (2005): Sozialpädagogisches Denken – Wege zu einer Neubestimmung. Weinheim

      Dieckbreder, Frank/Haase, Bartold (In Print 2020): Management des Sozialen – inspiriert diakonisch handeln. Göttingen

      Fürst, Roland/Hinte, Wolfgang (Hg.) (2014): Sozialraumorientierung: Ein Studienbuch zu fachlichen, institutionellen und finanziellen Aspekten. Wien

      Hinte, Wolfgang (2014): Das Fachkonzept „Sozialraumorientierung“. In: Fürst/Hinte (2014), S. 9-28

      Luhmann, Niklas (1987): Soziale Systeme – Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt/Main

      Müller, Heiner (1993): Mommsens Block, Drucksache 1, Berliner Ensemble, S. 3. Berlin

      Sartre, Jean-Paul (1981): Was ist Literatur? Reinbek bei Hamburg

      Tillich, Paul (1992): Begegnungen, Gesammelte Werke XII. Berlin

      Internetquellen:

      https://www.behindertenbeauftragte.de/SharedDocs/Publikationen/UN_Konvention_deutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (Zugriff: 04.07.2019)

      https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/gesetz/reformstufen/ (Zugriff: 04.07.2019)

      http://www.safewards.net/de/ (Zugriff 04.07.2019)

      Literatur zum BTHG:

      Grundsätzlich ist an dieser Stelle darauf zu verweisen, dass die Entwicklungen zum Gesetz einer permanenten Beobachtung bedürfen. Zum einen werden noch immer Anpassungen vorgenommen, zum anderen handelt es sich zwar um ein Bundesgesetz, das jedoch in den Bundesländern bis hin zu den Kommunen nicht einheitlich umgesetzt wird. Bücher sind daher nicht so gut geeignet wie bestimmte Internetquellen. Einige von dem/der Autor/in geprüfte Quellen werden hier, alle zum Zugriffsdatum des 04.07.2019, eingefügt.

      https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Meldungen/2016/bundesteilhabegesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=7 (Der Gesetzestext)

      https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/gesetz/reformstufen/ (Sehr zuverlässige Quelle, die immer auf dem neusten Stand gehalten wird.)

       https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Inklusion/bundesteilhabegesetz.html

      https://www.bmas.de/DE/Leichte-Sprache/einzelheiten-zum-bundesteilhabegesetz/einzelheiten-zum-bundesteilhabegesetz-artikel.html (Leichte Sprache)

       https://www.betanet.de/bundesteilhabegesetz.html

      Fußnoten

      1 Deutsches Bundesteilhabegesetz.

      2 Singular nicht im Original.

      3 Anmerkung: Es ist ein Kern des Fachkonzepts Sozialraumorientierung, dass es eine Matrix darstellt, innerhalb derer sich unterschiedlicher Methoden bedient wird, um Ziele zu erreichen. Deshalb wird an dieser Stelle nicht darauf eingegangen, wie der Aushandlungsprozess gestaltet wird; das obliegt dann der Anwendung weiterer sozialarbeiterischer Methodenkompetenz.

      4 Zur Erinnerung und um Verwechslungen zu vermeiden: Der erste Schritt in der Arbeit mit dem ersten Prinzip ist das Finden des Willens des/der Klienten/Klientin.

      5 Vgl. hierzu: Luhmann, Niklas (1987): Soziale Systeme – Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt/Main.

      6 Zu diesem Phänomen vgl. Dieckbreder, Frank und Haase, Bartolt (In Print 2020): Management des Sozialen – Inspiriert diakonisch handeln. Göttingen.

      7 Letztlich ist dies auch genau das, wogegen Wolfgang Hinte seit Jahren mit den Prinzipien an arbeitet.

      8 Vgl. z. B. https://www.behindertenbeauftragte.de/SharedDocs/Publikationen/UN_Konvention_deutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (Zugriff: 14.06.2019).

      9 In Tabellenform umgewandelte Quelle: https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/gesetz/reformstufen/.

      10 Im BTHG wird das sogenannte „stationäre Wohnen“ durch den Begriff der „besonderen Wohnform“ ersetzt.


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