Völkerrecht. Bernhard Kempen

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Völkerrecht - Bernhard  Kempen


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begangen hat, fällt die Beurteilung deutlich schwerer, wenn zugunsten politisch Verfolgter diplomatisches Asyl gewährt wird. Nach Ansicht des IGH (Urt. v. 20.11.1950, ICJ Rep. 1950, 274 [275 f.] – Asylum Case) ist die Gewährung diplomatischen Asyls als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Empfangsstaates anzusehen und daher nur dann zulässig, wenn ein berechtigender völkerrechtlicher Rechtssatz vorliegt. Neben der Möglichkeit einer ausdrücklichen Vereinbarung in einem völkerrechtlichen Vertrag wurde für Teile Südamerikas von einer entsprechenden Ermächtigung durch die Bildung regionalen Völkergewohnheitsrechts ausgegangen. Zu beachten ist allerdings, dass sich der Empfangsstaat im Falle einer unzulässigen Asylgewährung nicht gewaltsam Zutritt zu dem Missionsgelände verschaffen darf. Die Bedeutung des Grundsatzes der Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission überwiegt in diesem Fall das Interesse des Empfangsstaates an der Festnahme der den Schutz der diplomatischen Mission suchenden Person.

      Um einer diplomatischen Mission die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, sieht Art. 25 WÜD die allgemeine Verpflichtung vor, dass der Empfangsstaat der diplomatischen Mission jede Erleichterung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zukommen lassen muss. Näher konkretisiert wird diese Vorgabe in den Art. 26 f. WÜD. Nach Art. 26 WÜD verfügen die Missionsmitglieder über eine umfassende Bewegungs- und Reisefreiheit im Empfangsstaat, die lediglich in Bezug auf sicherheitspolitisch sensible Gebiete eingeschränkt werden kann. Nach Art. 27 Abs. 1 WÜD ist der freie Verkehr für sämtliche amtliche Zwecke geschützt, hierzu zählen insbesondere das Recht auf Kontakt zu den Organen des Empfangsstaates und auf freien Umgang mit den Staatsangehörigen des Entsendestaates. Weiterhin sind die amtliche Korrespondenz, der Einsatz von Kurieren und das diplomatische Kuriergepäck vor einem Zugriff des Empfangsstaates geschützt, Art. 27 Abs. 2 – 7 WÜD.

      Im Einzelfall kann der Empfangsstaat allerdings ein Interesse an der Öffnung von diplomatischem Kuriergepäck auch ohne die Zustimmung von Vertretern der diplomatischen Mission haben, vor allem wenn ihm konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht vorliegen, dass in dem Gepäckstück nicht amtlichen Zwecken dienende Gegenstände, wie z. B. Drogen, Waffen oder Sprengstoff, transportiert werden. Anders als Art. 35 des WÜK enthält das WÜD für ein solches Vorgehen jedoch keine Ermächtigungsgrundlage. Bereits der Einsatz von Durchleuchtungsgeräten wird wegen der Möglichkeit, Zugriff auf geheime Informationen zu erhalten, kritisch gesehen.

      Neben der diplomatischen Mission als Einheit werden auch die einzelnen Missionsmitglieder, soweit sie über einen diplomatischen Status verfügen (s. zur Abgrenzung oben II.1.), völkerrechtlich nach Art. 29 ff. WÜD durch umfangreiche Privilegien und Immunitäten geschützt. Dieser Schutz gilt sowohl im dienstlichen als auch im privaten Bereich des Diplomaten. Selbst die zum Haushalt des Diplomaten gehörenden Familienangehörigen werden vom Schutzumfang miterfasst, Art. 37 WÜD. Auf diese Weise soll die ungestörte Ausübung des diplomatischen Mandats der einzelnen Missionsmitglieder gewährleistet werden. Dem Schutz des Diplomaten dient neben den relevanten Vorschriften des WÜD das Übereinkommen über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten (Diplomatenschutzkonvention, Sart. II, Nr. 330), aus dem Jahr 1977, das von mehr als 160 Staaten ratifiziert wurde.

      Zu den besonderen Vorrechten des Diplomaten gehört die Unverletzlichkeit seiner Person, Art. 29 WÜD. Dem Empfangsstaat ist es somit untersagt, gegen den Diplomaten Zwangsmaßnahmen wie eine Festnahme, Ausweisung oder Auslieferung durchzuführen. Weiterhin hat der Empfangsstaat den Diplomaten vor Angriffen auf seine Person, Freiheit oder Würde zu schützen, Art. 29 S. 3 WÜD. Der Schutz erstreckt sich auch auf die Privatwohnung und das Vermögen des Diplomaten, Art. 30 WÜD. Weiterhin ist der Diplomat von der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen und der Entrichtung von Steuern im Empfangsstaat nach Maßgabe der Art. 33 bis Art. 36 WÜD befreit.

      Der Diplomat genießt eine völlige Immunität von der Strafgerichtsbarkeit des Empfangsstaates und ist nur in Ausnahmefällen dessen Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit unterworfen, Art. 31 Abs. 1 WÜD. Die Gewährung von Immunität entbindet den Diplomaten allerdings nicht von der Verpflichtung, die Gesetze des Empfangsstaates zu beachten, Art. 41 Abs. 1 WÜD. Lediglich wenn der Entsendestaat einen ausdrücklichen Verzicht auf die Immunität seines Diplomaten erklärt oder der Diplomat selbst ein Gerichtsverfahren gegen eine andere Person im Empfangsstaat in Gang gesetzt hat, besteht keine Immunität für das konkrete Verfahren, Art. 32 Abs. 1 – 3 WÜD.

      Bei der Gewährung der Immunität wird danach unterschieden, ob der Diplomat einen Gesetzesverstoß im Rahmen seines dienstlichen Aufgabenbereichs (sog. funktionelle Immunität) oder bei privatem Handeln (sog. persönliche Immunität) begangen hat. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein, so z. B. wenn der Diplomat einen Verkehrsunfall während einer Dienstfahrt verursacht. Eine sachgerechte Lösung dürfte sich in der Regel aus dem Gedanken ergeben, ob ein enger Zusammenhang zu den Aufgaben der diplomatischen Mission (s. oben II.2.) besteht. Während seiner Dienstzeit im Empfangsstaat besteht die Immunität des Diplomaten sowohl für dessen amtliche Tätigkeiten als auch für Handlungen in seiner Freizeit, da ihn ein Gerichtsverfahren unabhängig von dem zugrunde liegenden Anlass in der ungestörten Ausübung seines diplomatischen Mandats behindern würde. Nach der Beendigung der Tätigkeit als Diplomat in dem Empfangsstaat, entweder durch Ausreise oder den Ablauf einer hierfür gesetzten angemessenen Frist, wirkt die Immunität dagegen nur für dienstliche Handlungen weiterhin fort, die persönliche Immunität wird hinfällig, Art. 39 Abs. 2 WÜD. Ab diesem Zeitpunkt ist somit die Aufnahme von Zivil- und Strafverfahren für Privathandlungen möglich, die während der Dienstzeit begangen wurden.

      Obwohl der Diplomat somit während seiner Dienstzeit über eine umfassende Immunität für seine Handlungen im Empfangsstaat verfügt, sind dem Empfangsstaat nicht sämtliche Reaktionsmöglichkeiten versagt. Er kann insbesondere jederzeit die Aufhebung des diplomatischen Status dadurch bewirken, dass er den Diplomaten zur persona non grata erklärt, Art. 9 Abs. 1 WÜD (s. bereits oben II. 4.). Weiterhin hat der IGH im Teheraner Geiselfall angedeutet, dass es Ausnahmefälle geben kann, in denen die Verhaftung eines Diplomaten zulässig sei. Sollte ein Diplomat z. B. bei der Begehung einer Straftat angetroffen werden, könne eine kurze Inhaftierung zulässig sein, wenn hierdurch die Begehung des Verbrechens verhindert werden würde (Urt. v. 24.5.1980, ICJ Rep. 1980, 3 Rn. 86 – Case Concerning U.S. Diplomatic and Consular Staff in Tehran). Allerdings darf sich an das Vorgehen nach den zuvor genannten Grundsätzen nicht die Durchführung eines Strafverfahrens anschließen.

      Die oben beschriebenen Privilegien und Immunitäten stehen nur den Mitgliedern der diplomatischen Mission mit diplomatischem Status in vollem Umfang zu. Das Verwaltungspersonal und die technischen Mitarbeiter sowie das Hauspersonal der Mission genießen dagegen nur eine eingeschränkte Immunität nach Maßgabe der Art. 37 und 38 WÜD.

      Soweit die Mitarbeiter nicht Staatsangehörige des Empfangsstaates sind, besitzen sie im Wesentlichen dieselben Vorrechte und Immunitäten wie die Mitglieder mit diplomatischem Status. Allerdings sind Rechtsverstöße im privaten Bereich der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit des Empfangsstaates unterworfen, Art. 37 Abs. 2 WÜD; das Hauspersonal unterliegt zusätzlich auch der Strafgerichtsbarkeit, Art. 37 Abs. 3 WÜD. Für Angehörige des Empfangsstaates bestehen dagegen keine besonderen Vorrechte nach dem WÜD. Sie sind lediglich insoweit geschützt, als die Ausübung der Hoheitsgewalt des Empfangsstaates nicht zu einer ungebührlichen Behinderung der Arbeit der diplomatischen Mission führen darf, Art. 38 Abs. 2 WÜD.


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