Im Bann des Eichelhechts. Axel Hacke

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Im Bann des Eichelhechts - Axel Hacke


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ein Vorfall in diesem Fall ereignete, ist es unbedingt den Campern gebeten, in der Anwendung die durch die Macht des Lagers gegebenen Anweisungen zu legen, die den Alarm auslösen wird:

      1) In der Meldung der Macht des Lagers gehorchen.

      2) Sich sofort zu Fuss bis zum Zentrum des Campings gehen, neben dem (Holzkohl) Grill; bitte dem blau markierten Weg Folgen.

      3) Sich gruppiert bewegen, den Anweisungen der Mächte bis zum Turnanstalt »Falorni«.

      Jawohl, im Ernstfall wird hier durchgegriffen, das kann man wohl sagen, aber es geht hier, bitte sehr, nur um Eventualitäten, in denen Vorfälle sich in gewissen Fällen ereignen. So etwas ist sehr selten.

      Ansonsten einfach immer die Turnanstalt »Falorni« im Auge behalten.

      Falls jemand Hunger hat: Frau B. meldete aus Dreieich, sie habe das Wohnzimmer betreten, als ihr Mann und der kleine Sohn gerade eine ZDF-Dokumentation über die Eisfelder Grönlands sahen. Fasziniert von den Bildern sei sie in der Tür stehen geblieben und habe mitgeschaut, »ein akustisch offenbar suboptimaler Standort«. Jedenfalls habe sie vernommen, wie ein Schweizer Grönland-Forscher auf die Frage, ob ihm bei der einsamen Arbeit im eintönigen Eis nicht langweilig werde, wörtlich antwortete: Nein, hier gebe es Currywurstbuden, eine Mutter und ein Kind sind da vorbeigelaufen, und dazu gibt es auch viele seltene Pflanzen.

      Currywurstbuden?

      In Grönland?

      Na ja, er hatte gesagt: Karibuspuren.

      Und nie vergessen: Für all das, für jede Gefahr, jeden Alarm und jede Anweisung der Mächte, werden wir entschädigt, zum Beispiel so, wie es meiner Leserin H. bei Airbnb verheißen wurde.

      Am Morgen wachen wir auf zum Lied der großen Titten, die auf dem Baum vor dem Zimmer stehen und in der Nacht können Kühe unter den Fenstern grasen.

      Natürlich erhebt sich hier, wie überall, die Frage: Wie konnte es zu einer solchen Übersetzung kommen? Des Rätsels Lösung: Im Italienischen, aus dem übersetzt wurde, ist die Rede von il canto delle cinciarelle, dem Gesang der Blaumeisen. Der Übersetzungsautomat überträgt das alles in der Regel erst einmal vom Italienischen ins Englische, wo die cinciarella, die Meise also, tatsächlich tit heißt, und wenn man tit dann weiter ins Deutsche überträgt … Das Adjektiv groß ist dann allerdings einer klassischen freudschen Fehlleistung zuzuschreiben, denn Blaumeisen sind immer klein.

      Und auch dies hier noch!

      Man sollte in Erinnerung behalten, was auch Leser H. an einer Bushaltestelle auf Teneriffa ganz unverhofft ins Gedächtnis gerufen wurde: Dort stand Destino Destiny – Schicksal. Das heißt: Am Ende aller Reisen landen wir alle am gleichen Ziel, el destino – im Spanischen ein Wort mit mehreren Bedeutungen: einmal der Zielbahnhof, aber auch das Schicksal. Man muss sich also beim Übersetzen entscheiden. Im Englischen wäre der Zielbahnhof the final destination, »das Schicksal« aber eben the destiny. Und genau an dieser Zweigstelle ist der Übersetzer jenes Haltestellenschildes auf Teneriffa falsch abgebogen (falsch aber nur, wenn man an einer korrekten Übersetzung interessiert ist, richtig hingegen, wenn man nach Sprachland möchte): Im Laufe der langen Reise ist destino irgendwie und ohne dass es jemand wirklich bemerkt hätte, zu destiny geworden und damit dann im weiteren Verlauf des Übersetzens vom Englischen ins Deutsche zum Schicksal, zur großen, letzten und immer geöffneten Lebenshaltestelle.

      Und diese Haltestelle befindet sich in Sprachland.

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      Aber was haben wir nicht alles erlebt auf unserem Weg hierher?!

      Wir trafen die Super Frau und den Grundassistenten, wir begegneten Bewohnern, Nicht-Einwohnern und der sortierten Königin, wir folgten den Anweisungen der Mächte, wir wurden in der nützlichen Zeit behoben und lauschten dem Lied der großen Titten.

      Diagreeably, würde ich sagen.

       REISEN 3

      Denke ich ans Reisen, fällt mir ein katholisches Kirchenlied ein, das gerne zu Weihnachten gesungen wird.

      Es beginnt so:

      Menschen, die ihr wart verloren,

       lebet auf, erfreuet euch!

      Heut ist Gottes Sohn geboren,

      heut ward er den Menschen gleich.

      Dazu bekam ich etliche Briefe, allesamt von Menschen, die den Text an einer winzigen, doch bedeutsamen Stelle falsch verstanden hatten, sie hatten als Kinder bei dem Wörtchen wart sozusagen ein großes W gehört, Wart also.

      Menschen, die ihr Wart verloren.

      Aber was das sein könnte, dieses Wart, das da verloren gegangen war, das wusste sich niemand zu erklären. Es war auch irgendwie egal, »Trost und Rettung nahte ja durch die Geburt Jesu«, schrieb mir Frau D. (Immerhin schien übrigens nie jemand das zweite ward falsch verstanden zu haben, es wird ja auch mit d geschrieben, vielleicht liegt es daran.)

      Verblüffenderweise passt aber auch das groß geschriebene Wart bestens in den Text, und zwar in fast allen Schattierungen seiner früheren Bedeutungen. Ganz ursprünglich war darunter ja ein Hüter oder Wächter zu verstehen, wie er heute noch als Wortteil im Kassenwart oder Torwart existiert und wie wir ihn in jenen Menschen sehen, die in der Werkstatt unser Auto warten, und wie er dann eben in der Warte wiederkehrt, von der aus man ins Land schauen kann: den Zinnen, den Türmen, den Festen, den Wällen, den Mauern, den Dämmen.

       Von Jerusalem die Warten

      Lagen schon in rothem Duft.

      Stand der Patriarch im Garten,

      Glockenklang ging durch die Luft.

      So dichtete Eichendorff, und bei August Graf von Platen war die Wart dann endgültig eine Art Leuchtturm. Er schrieb:

      Wenn ich bei Nacht die finstre See befahre,

       Wer zündet Licht mir auf den hohen Warten?

      Natürlich sind die Worte wart verloren im menschheitsschicksalhaften Sinne weit umfassender als das doch eher kindlich-konkrete Wart verloren, aber letztlich …

      Ach, letztlich …

      Beim Herumstöbern entdeckte ich dann noch ein Gedicht Friedrich von Matthissons, der Zeitgenosse und Freund Hölderlins war, auch von Schiller und übrigens Beethoven hoch geschätzt. (Doch nach seinem Tode war Matthisson rasch vergessen.) Das Todtenopfer heißt dieses Gedicht, darin die Zeilen:

       Aus Warten und aus Klüften

       Fleugt scheu die Eul’ empor;

       Es gehn aus ihren Grüften

       Die Geister leis’ hervor;

      Still tanzen, in Ruinen,

      Die Gnomen und die Fey’n,

      Vom Glühwurm bleich beschienen,

      Den abendlichen Reih’n.

      Ach, wer je des Nachts vom Glühwurm bleich beschienen war, der wird verstehen, wie ich diese Art des Reisens schätze: Man startet mit einem Kirchenlied und kommt bei einem längst vergessenen Dichter an.

       ZEIT

      Es ist sehr lange her, dass mir Frau S. aus Bad Godesberg schrieb: »In meiner frühen Jugend gab es noch Straßensänger.


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