Mehrsprachige Leseförderung: Grundlagen und Konzepte. Группа авторов

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Mehrsprachige Leseförderung: Grundlagen und Konzepte - Группа авторов


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im Fremdsprachenunterricht erbringen können, stellt sich für den Fremdsprachenunterricht die Frage, wie die offensichtlich vorhandenen besonderen Sprachlernvoraussetzungen der Mehrsprachigen optimal berücksichtigt werden können. Bislang liegen hier nur sehr wenige Erkenntnisse vor (u.a. Poarch/Bialystok 2017).

      Wachsende Erkenntnisse im Bereich des multiplen Spracherwerbs und zum bilingualen Unterricht

      Zwar nutzen Mehrsprachige dieselben Gehirnareale wie einsprachige Menschen, allerdings zeigen computer-tomographische Aufnahmen (z.B. Franceschini 2002), dass die Sprachregionen bei multilingualen Menschen häufig anders ausgebildet sind. Das betrifft insbesondere einen Teil des Broca‘schen Sprachenzentrums in der Großhirnrinde. Dieses Areal steuert unter anderem unsere Entscheidungsprozesse. Mehrsprachige Menschen nutzen dieses Areal deutlich häufiger als Einsprachige, weil sie geübt darin sind, schnell zu entscheiden, in welcher Sprache sie sprechen müssen. Häufig fällt es Frühbilingualen – im Vergleich zu Monolingualen – deshalb bei der Aufgabenbearbeitung leichter, wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen (vgl. Bialystok/Poarch/Luo/Craik 2014). Für den Zweit- und Fremdsprachenunterricht stellt sich die Frage, wie mit den unterschiedlichen Prädispositionen Früh- und Spätmehrsprachiger umgegangen werden kann (vgl. hierzu Poarch/Bialystok 2017).

      Ein ansteigendes Forschungsinteresse lässt sich zudem auch im Bereich des bilingualen Unterrichts ausmachen, woraus sich natürlicherweise auch neue Erkenntnisse auf diesem Gebiet ergeben. Insgesamt zeigt sich, dass Schüler/innen, die an bilingualen Unterrichtsmaßnahmen teilnehmen, unter bestimmten Bedingungen nicht nur hinsichtlich der Fremdsprache einen höheren Zuwachs verbuchen können als Lernende, die am herkömmlichen Fremdsprachenunterricht teilnehmen (z.B. Zydatiß 2009). Darüber dhinaus kann der bilinguale Unterricht auch zu verbesserten Kompetenzen in den Sachfächern sowie in Teilbereichen der Muttersprache, wie z.B. dem Lesen, führen (z.B. Zaunbauer/Gebauer/Möller 2013). Insgesamt wird deutlich, dass geförderte unterrichtliche Zwei- und Mehrsprachigkeit offensichtlich ein hohes Potenzial für Lernende birgt und deshalb weiter erforscht werden sollte.

      Die Bedeutung von mehrsprachigen Kompetenzen in einer globalen Gesellschaft

      Die steigende Nachfrage an mehrsprachigen Lerngelegenheiten ist zweifellos auch ein Resultat der weltweiten Vernetzung von Unternehmen, der wirtschaftlichen Globalisierung und der zunehmenden Mobilität in unserer Gesellschaft. Etwa 7000 Sprachen gibt es auf der Welt. In der Europäischen Union werden aktuell 24 Sprachen als Amts- und Arbeitssprachen anerkannt. Um sich beruflich oder privat mit anderen verständigen zu können, ist die Beherrschung mindestens einer gemeinsamen Verkehrssprache essentiell. Seit dem 2. Weltkrieg ist Englisch als wichtigste lingua franca anerkannt und muss deshalb von allen Schüler/innen in Europa gelernt werden. Dennoch plädiert die EU schon lange dafür, dass europäische Bürger/innen neben ihrer Muttersprache nicht nur Englisch, sondern mindestens noch eine weitere Fremdsprache erlernen.

      Langfristig verfolgt die Kommission das Ziel, die individuelle Mehrsprachigkeit zu fördern, bis alle Bürger/innen zusätzlich zu ihrer Muttersprache über praktische Kenntnisse in mindestens zwei weiteren Sprachen verfügen. (Kommission der EG 2005: 4)

      Diese Forderung führt für Fremdsprachendidaktiker/innen und Lehrkräfte gleichermaßen zur Frage, wie Kinder, Jugendliche und Erwachsene möglichst viele Fremdsprachen so gut wie möglich und so schnell wie möglich erlernen können.

      Wachsender Bedarf an geeigneten Sprachlehr- und Lernmethoden

      In Deutschland beispielsweise wurde das Ziel Muttersprache plus 2 lange Zeit lediglich durch den verbindlichen Fremdsprachenunterricht (spätestens) ab Klasse 3 sowie durch das je nach Schulform verbindliche oder freiwillige Angebot einer zweiten Fremdsprache ab Klasse 7 umgesetzt.

      Diese nacheinander folgenden Maßnahmen alleine reichten aus Sicht der EU und der KMK (Kultusminsterkonferenz) jedoch nicht aus, um Mehrsprachigkeit umfassend und im europäischen Sinne zu fördern. So fügte die Europäische Kommission 2003 ergänzend hinzu:

      Es ist wesentlich, dass Schulen und Ausbildungseinrichtungen im Sprachunterricht einen ganzheitlichen Ansatz verwenden, der geeignete Verbindungen herstellt zwischen dem Unterricht in der Muttersprache, den Fremdsprachen, der Unterrichtssprache und den Sprachen der Migrantengemeinschaften; entsprechende Strategien erleichtern es den Kindern, das volle Spektrum ihrer kommunikativen Fähigkeiten zu entwickeln. (Kommission der EG 2003: 10)

      Es geht somit nicht nur darum, dass verschiedene Sprachen in der Schule im Rahmen von Fachunterricht gefördert werden, sondern auch darum, hierfür einen holistischen Sprachvermittlungsansatz zu wählen, der die wertschätzende, fördernde und strategische Einbindung verschiedener Erstsprachen beim Fremdsprachenerwerb unterstützt und Bezüge zwischen den verschiedenen Sprachen der Lernenden herstellt. Wie dies methodisch umgesetzt werden kann, soll im Folgenden überlegt werden.

      2. Fachdidaktische Überlegungen zur Förderung von Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht

      Wenngleich die Entwicklung individueller Mehrsprachigkeit sowohl von der KMK als auch in den Curricula der Bundesländer als das zentrale Ziel des Fremdsprachenunterrichts betont wird (vgl. u.a. KMK 2012: 11), wurde lange Zeit das Prinzip der Einsprachigkeit als wichtiges Qualitätsmerkmal des fremdsprachlichen Unterrichts gehandelt. Begründet wurde (und wird) dies von Fremdsprachenlehr- und lernforscher/innen auf der Grundlage natürlicher Spracherwerbsprozesse, bei denen der/die Erwerbende vollständig in die fremde Sprache eintaucht und sich „aus der Not heraus“ aus dem jeweiligen Kontext und mit Unterstützung des jeweiligen Sprachpartners/der jeweiligen Sprachpartnerin die Bedeutung einzelner Wörter und Redemittel erschließt (vgl. Klippel 2016: 317). In jüngster Zeit werden jedoch Stimmen lauter, welche die klare Überlegenheit dieses recht dogmatischen Verfahrens anzweifeln.

      So argumentiert u.a. Wolfgang Butzkamm (2012), dass eine ausschließlich einsprachige Unterrichtsführung gerade Sprachlernanfänger/innen nicht nur darin hindere, eine Fremdsprache möglichst schnell und ohne Umwege zu lernen (ebd.: 122), schlichtweg, weil sie ohne den Einsatz der Muttersprache nur wenig verstünden, sondern, dass das Ausklammern anderer Sprachen die Lernenden darüber hinaus auch später in ihrer Spontaneität und Kreativität hemme, weil sie stets nur das Vokabular verwenden können, das sie bereits kennen. Damit, so Butzkamm, wirke der einsprachige Unterricht der Befriedigung des Kommunikationsbedürfnisses der Lernenden deutlich entgegen. Ebenfalls verlaufe Butzkamm zufolge die (spontane) Kommunikation in Klassenräumen, in denen die Lehrkraft auf Einsprachigkeit bestehe, deutlich oberflächlicher (wenn sie überhaupt zustande kommt) als in einem mehrsprachig gestalteten Unterricht (ebd.: 123ff.).

      Darüber hinaus erklärt Butzkamm, dass allein durch den direkten Vergleich der Fremdsprache mit anderen Sprachen negative Interferenzen vermieden, sowie positiver Transfer ermöglicht werden könnte (ebd.: 121f. und 128). Für Butzkamm ist die Mitwirkung der Erst- bzw. Zweitsprache der Lernenden deshalb „[…] nicht nur unvermeidlich, sondern notwendig“ (Butzkamm 2012: 122).

      Doch nicht nur Wolfgang Butzkamm spricht sich für den Einbezug anderer Sprachen im Fremdsprachenunterricht aus. Auch die KMK selbst empfiehlt die Einbringung anderer Sprachen im Fremdsprachenunterricht, allerdings weniger im Sinne einer unterstützenden „Helferspache“ als als Mittel zur Förderung von Sprach(lern)bewusstheit:

      Der Unterricht in der ersten Fremdsprache stellt den Erwerb der angestrebten Kompetenzen [Anm. DE: kommunikative, interkulturelle und methodische Kompetenzen] fachlich und pädagogisch dadurch sicher, dass (…) Bezüge zwischen den von den Schülerinnen und Schülern erlernten Sprachen hergestellt werden und sie durch entsprechende Methoden und Einsichten ihre Fähigkeit zu lebenslangem, selbständigem Sprachenlernen weiter entwickeln, (…). (KMK 2003: 7f.)

      Weitere Überlegungen dazu, wie die bereits vorhandenen Sprachen der Schüler/innen gewinnbringend im Fremdsprachenunterricht genutzt werden können, werden seit mehreren Jahren von verschiedenen Fremdsprachendidaktiker/innen angestellt – insbesondere jenen, die sich mit der Didaktik einer zweiten schulischen Fremdsprache befassen (vgl. zusammenfassend


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