Fremdsprachendidaktische Professionsforschung: Brennpunkt Lehrerbildung. Группа авторов
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Fremdsprachendidaktische Professionsforschung: Brennpunkt Lehrerbildung
Michael K. Legutke / Michael Schart
A. Francke Verlag Tübingen
© 2016 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG
Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen
www.francke.de • [email protected]
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E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen
ePub-ISBN 978-3-8233-0010-6
Vorwort
Michael. K. Legutke/Michael Schart
Der vorliegende Band beruht auf der Arbeit in einer Sektion zur Aus- und Fortbildung von Lehrenden auf dem 26. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF) an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg (30. September – 3. Oktober 2015).
In der Sektion sollten Forschungsprojekte zusammenfinden, die auf der Grundlage empirischer Erkenntnisse eine oder mehrere der folgenden Fragen thematisieren:
Wie tragen einzelne Elemente eines Programms zur Kompetenzentwicklung bei?
Wie wirken bereits zuvor erworbene, medial vermittelte und direkte Lehrerfahrungen als Teil eines Programms zusammen?
Wie verändern sich das professionelle Selbstverständnis und die Lehrkompetenz in der Aus- und Fortbildung unter verschiedenen Kontextbedingungen?
Wie lässt sich forschendes Lehren und Lernen in die Aus- und Fortbildung integrieren?
Wie sollten einzelne Aus- und Fortbildungsinhalte gewichtet werden und welche Überlegungen sind bei dieser Entscheidung ausschlaggebend?
Wie wirkt Fort- und Ausbildung langfristig?
Welche Rolle spielen die Kompetenzen der Aus- und Fortbilder?
Wie ist das aus- und fortbildungsdidaktische Potenzial digitaler Medienarrangements mit ihren Lehr- und Lernformen (z.b. Blended Learning) einzuschätzen?
Wie können sich Lehrkräften selbstinitiiert, kollektiv und kooperativ fortbilden?
Für die Sektionsleiter war wichtig, mit den ausgewählten Beiträgen nicht nur die verschiedenen Arbeitsbereiche in der Aus- und Fortbildung abzudecken, sondern auch die Didaktiken möglichst unterschiedlicher Sprachen einzubeziehen. Das ist uns auf dem Kongress nur teilweise gelungen. Um ein umfassenderes Bild der gegenwärtigen Forschungslage zu den einzelnen Ausbildungsphasen und den im deutschen Sprachraum am häufigsten unterrichteten Fremdsprachen zu erreichen, haben wir deshalb für diesen Band neben den in Ludwigsburg präsentierten Forschungsprojekten weitere Beiträge aufgenommen.
Im Verlauf der Sektionsarbeit zeigte sich eine große Übereinstimmung bei der Einschätzung, dass die Fremdsprachendidaktik der Lehrerbildung jahrzehntelang bestenfalls einen Nebenschauplatz in der Forschung zugestanden hat. Ebenfalls konstatiert wurde, dass die konkreten Lehr- und Lernzusammenhänge, das Zusammenspiel von inhaltlichen Angeboten, Unterstützungssystemen, Sozialformen und Lehrpraktiken an der Hochschule als eine Black Box beschrieben werden müssen. Andererseits haben die Beiträge und Diskussionen gezeigt, dass auf einem lange vernachlässigten Feld Bewegung entstanden ist, die es zu stärken gilt. Als Empfehlung wurde formuliert, dass es für die weitere Entwicklung des Forschungsfeldes zweifellos von Vorteil wäre, wenn es gelänge, größere Forschungsverbünde zu schaffen, und wenn qualitativ-explorative und quantitativ Hypothesen testende Herangehensweisen verstärkt in gemischten Designs zusammengeführt würden. Der vorliegende Band versteht sich als ein Schritt in diese Richtung.
Wir bedanken uns bei allen Autorinnen und Autoren für die inspirierende Zusammenarbeit während des Kongresses und bei der Vorbereitung dieses Bandes. Unser Dank gilt weiterhin der Kongressleitung für die erfolgreiche Organisation des Kongresses und ihre Unterstützung dieser Publikation. Ferner danken wir Ilse Braun und Darja Brotzmann für die kompetente Unterstützung bei der Herstellung der Druckfassung.
Im August 2016
Michael Legutke und Michael Schart
Fremdsprachliche Lehrerbildungsforschung: Bilanz und Perspektiven
Michael K. Legutke/Michael Schart
1 Die Ausbildung von Lehrenden: ein vernachlässigtes Forschungsfeld
Die gesellschaftlichen Umwälzungen der letzten vierzig Jahre, die gemeinhin mit dem Begriff Globalisierung zusammengefasst werden, haben die Bedingungen, unter denen Sprachen gelehrt, gelernt und gebraucht werden, grundlegend verändert. Schulische Bildungseinrichtungen im Allgemeinen und die sprachlichen Fächer im Besonderen müssen nicht nur der wachsenden sprachlichen und kulturellen Heterogenität der Lernenden Rechnung tragen, sondern gezielt die Fähigkeit junger Menschen entwickeln, selbstbestimmt mit Sprachen und Kulturen umzugehen, sich kritisch in Diskurse einzuschalten und sie zu gestalten.
Diese Aufgabe, als Kernbestand einer zeitgemäßen und zukunftsfähigen allgemeinen Bildung, beinhaltet die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen, die die Mehrsprachigkeit, die Fähigkeit zur Sprachmittlung und die interkulturelle Kompetenz einschließen (KMK/BMZ 2016: 156–191). Dem Fremdsprachenunterricht kommt dabei sicher eine ganz besondere Bedeutung zu. Er muss sich zudem den Herausforderungen und Möglichkeiten stellen, die die technologischen Umwälzungen mit sich bringen. Legen doch letztere nahe, das fremdsprachliche Klassenzimmer als institutionellen Ort des Lehrens und Lernens von Sprachen neu zu bestimmen, nämlich als ein Ensemble vernetzter Lernorte. In diesem nimmt das Klassenzimmer, so wie wir es kennen, nach wie vor eine zentrale Stelle ein. Aber es ist zugleich in vielfacher Weise mit der Lebenswelt und anderen Lernorten verknüpft. Es schafft das Umfeld für virtuelle und direkte Begegnungen, fungiert als Produktionsort multimodaler Texte und stellt den Reflexionsraum für individuelles und kooperatives Lernen bereit. Didaktische Arrangements sind gefragt, die diese neuen Möglichkeiten produktiv nutzen und die Herausforderungen zu meistern helfen (vgl. Legutke 2015).
Dass es dabei in einem erheblichen Maße auf die Lehrkraft ankommt, haben die Diskussionen um Hatties Metastudie (Hattie 2008, 2011; Terhart 2014) eindrücklich bestätigt. Gefragt sind fremdsprachlich, fachdidaktisch und pädagogisch qualifizierte Lehrkräfte, denen es gelingt, zusammen mit den Lernenden einen lebendigen (Fremd)Sprachenunterricht zu gestalten, in dem genau jene oben angesprochenen Schlüsselkompetenzen zur Entfaltung kommen können. Die Frage, wann, wo und wie zukünftige und bereits praktizierende Lehrkräfte entsprechend qualifiziert werden, scheint leicht beantwortet: in den im europäischen Vergleich höchst komplexen und anspruchsvollen Lehrerbildungsprogrammen der Bundesländer, die auch dort, wo die Umstellung auf BA und MA erfolgte, für die erste Ausbildungsphase an einem breit angelegten Zweifachstudium festhalten, das fachwissenschaftliche, fachdidaktische, bildungswissenschaftliche wie unterrrichtspraktische Anteile vorhält. Trotz aller Reformen hat sich die fremdsprachliche Lehrerbildung in seiner Grundstruktur kaum verändert. Sucht man jedoch nach Studien, die die Bildungsprozesse dieser komplexen Programme oder ihre Effekte für die Ausbildung der Kompetenzen der Lehrkräfte erforschen, wird man bis heute kaum fündig: Die fremdsprachendidaktische