PLATON - Gesammelte Werke. Platon

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PLATON - Gesammelte Werke - Platon


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mich hieher foderst. Weiter, sage uns doch beim Zeus Melitos, ob es besser ist unter guten Bürgern wohnen oder unter schlechten? Freund, lieber, antworte doch! ich frage dich ja nichts schweres. Tun die schlechten nicht allemal, denen etwas Übles, die ihnen jedesmal am nächsten sind, die Guten aber etwas Gutes? – Allerdings. – Ist also wohl Jemand, der von denen mit welchen er umgeht lieber will beschädigt sein als geholfen? Antworte mir du Guter. Denn das Gesetz befiehlt dir zu antworten. Will wohl Jemand beschädigt werden? – Wohl nicht. – Wohlan denn, foderst du mich hieher als Verderber und Verschlimmerer der Jugend so daß ich es vorsätzlich sein soll oder unvorsätzlich? – Vorsätzlich, meine ich. – Wie doch, o Melitos, soviel bist du weiser in deinem Alter als ich in dem meinigen, daß du zwar einsiehst wie die schlechten allemal denen übles zufügen die ihnen am nächsten sind, die Guten aber Gutes; ich aber es so weit gebracht habe im Unverstande, daß ich auch das nicht einmal weiß, wie ich wenn ich einen von meinen Nächsten schlecht mache, selbst Gefahr laufe Übles von ihm zu erdulden? so daß ich mir dieses große Übel vorsätzlich anrichte, wie du sagst? Das glaube ich dir nicht, Melitos, ich meine aber auch kein anderer Mensch glaubt es dir; sondern entweder ich verderbe sie gar nicht, oder ich verderbe sie unvorsätzlich, so daß du (26) doch in beiden Fällen lügst. Verderbe ich sie aber unvorsätzlich; so ist solcher und zwar unvorsätzlicher Vergehungen wegen nicht gesetzlich, Jemand hieher zu fodern, sondern ihn für sich allein zu nehmen und so zu belehren und zu ermahnen. Denn offenbar ist, daß wenn ich belehrt bin, ich aufhören werde mit dem was ich unvorsätzlich tue. Dich aber mit mir einzulassen und mich zu belehren, das hast du vermieden und nicht gewollt, sondern hieher foderst du mich, wohin gesetzlich ist nur die zu fodern, welche der Züchtigung bedürfen und nicht der Belehrung. Doch, ihr Athener, das ist wohl schon offenbar, was ich sagte, daß sich Melitos um diese Sache nie weder viel noch wenig bekümmert hat! Indes aber sage uns Melitos, auf welche Art du denn behauptest daß ich die Jugend verderbe? Oder offenbar nach deiner Klage die du eingegeben, indem ich lehre die Götter nicht zu glauben, welche der Staat glaubt, sondern allerlei neues daimonisches. Ist das nicht deine Meinung, daß ich sie durch solche Lehre verderbe? – Freilich gar sehr ist das meine Meinung. – Nun dann, bei eben diesen Göttern, o Melitos, von denen itzt die Rede ist, sprich noch deutlicher mit mir und mit diesen Männern hier. Denn ich kann nicht verstehen ob du meinst ich lehre zu glauben daß es gewisse Götter gäbe, so daß ich also doch selbst Götter glaube und nicht ganz und gar gottlos bin, noch also hiedurch frevele, nur jedoch die nicht, welche der Staat, und ob du mich deshalb verklagst, daß ich Andere glaube; oder ob du meinst, ich selbst glaube überall gar keine Götter, und lehre dies auch Andere? – Dieses meine ich, daß du überall gar keine Götter glaubst. – O wunderlicher Melitos? wie kömmst du doch darauf dies zu meinen? halte ich also auch weder Sonne noch Mond für Götter, wie die übrigen Menschen? – Nein, beim Zeus ihr Richter! denn die Sonne, behauptet er, sei ein Stein, und der Mond sei Erde. – Du glaubst wohl den Anaxagoras anzuklagen, lieber Melitos? und denkst so geringe von diesen, und hältst sie für so unerfahren in Schriften, daß sie nicht wüßten, wie des Klazomenier Anaxagoras Schriften voll sind von dergleichen Sätzen? Und also auch die jungen Leute lernen wohl das von mir, was sie sich manchmal für höchstens eine Drachme in der Orchestre kaufen, und dann den Sokrates auslachen können, wenn er für sein ausgibt, was überdies noch so sehr ungereimt ist? Also, beim Zeus, so ganz dünke ich dich gar keinen Gott zu glauben? – Nein eben, beim Zeus, auch nicht im mindesten. – Du glaubst wenig genug, o Melitos, jedoch, wie mich dünkt, auch dir selbst. Denn mich dünkt dieser Mann, ihr Athener, ungemein übermütig und ausgelassen, und ordentlich aus Übermut und Ausgelassenheit diese Klage wie einen Jugendstreich angestellt zu haben. Denn es sieht aus, als habe er ein Rätsel ausgesonnen, und wollte nun versuchen, ob (27) wohl der weise Sokrates nicht merken wird, wie ich Scherz treibe und mir selbst widerspreche in meinen Reden, oder ob ich ihn, und die Andern welche zuhören, hintergehen werde. Denn dieser scheint mir ganz offenbar sich selbst zu widersprechen in seiner Anklage, als ob er sagte, Sokrates frevelt indem er keine Götter glaubt, sondern Götter glaubt, wiewohl einer das doch nur im Scherz sagen kann! Erwägt aber mit mir, ihr Männer, warum ich finde, daß er dies sagt. Du aber antworte uns, o Melitos. Ihr aber, was ich euch von Anfang an gebeten habe, denkt wohl daran, mir kein Getümmel zu erregen, wenn ich auf meine gewohnte Weise die Sache führe. Gibt es wohl einen Menschen, o Melitos, welcher, daß es menschliche Dinge gebe, zwar glaubt, Menschen aber nicht glaubt? Er soll antworten, ihr Männer, und nicht anderes und anderes Getümmel treiben! Gibt es einen, der zwar keine Pferde glaubt, aber doch Dinge von Pferden? oder zwar keine Flötenspieler glaubt, aber doch Dinge von Flötenspielern? Nein es gibt keinen, bester Mann; wenn du doch nicht antworten willst, will ich es dir und den übrigen hier sagen. Aber das nächste beantworte: Gibt es einen, welcher zwar, daß es daimonische Dinge gebe glaubt, Daimonen aber nicht glaubt? – Es gibt keinen. – Wie bin ich dir verbunden, daß du endlich, von diesen gezwungen; geantwortet hast. Daimonisches nun behauptest du, daß ich glaube und lehre, sei es nun neues oder altes, also Daimonisches glaube ich doch immer nach deiner Rede? Und das hast du ja selbst beschworen in der Anklageschrift. Wenn ich aber Daimonisches glaube, so muß ich doch ganz notwendig auch Daimonen glauben. Ist es nicht so? Wohl ist es so! Denn ich nehme an, daß du einstimmst, da du ja nicht antwortest. Und die Daimonen halten wir die nicht für Götter entweder, oder doch für Söhne von Göttern? Sagst du ja oder nein? – Ja, freilich. – Wenn ich also Daimonen glaube, wie du sagst, und die Daimonen sind selbst Götter, das wäre ja ganz das, was ich sage, daß du Rätsel vorbringst und scherzest, wenn du mich, der ich keine Götter glauben soll, hernach doch wieder Götter glauben läßt, da ich ja Daimonen glaube. Wenn aber wiederum die Daimonen Kinder der Götter sind, unächte von Nymphen oder andern denen sie ja auch zugeschrieben werden: welcher Mensch könnte dann wohl glauben daß es Kinder der Götter gäbe, Götter aber nicht? Eben so ungereimt wäre das ja, als wenn Jemand glauben wollte, Kinder gebe es wohl von Pferden und Eseln, Maulesel nämlich, Esel aber und Pferde wollte er nicht glauben, daß es gäbe. Also Melitos, es kann nicht anders sein, als daß du entweder um uns zu versuchen diese Klage angestellt hast, oder in gänzlicher Verlegenheit was für ein wahres Verbrechen du mir wohl anschuldigen könntest. Wie du aber irgend einen Menschen, der auch nur ganz wenig Verstand hat, überreden willst, daß ein und derselbe Mensch Daimonisches und Göttliches glaubt, und wiederum derselbe doch auch weder Daimonen noch Götter noch Heroen, das ist doch auf keine Weise zu ersinnen.

      (28) Jedoch, ihr Athener, daß ich nicht strafbar bin in Beziehung auf die Anklage des Melitos, darüber scheint mir keine große Verteidigung nötig zu sein, sondern schon dieses ist genug. Was ich aber bereits im vorigen sagte, daß ich bei Vielen gar viel verhaßt bin, wißt nur, das ist wahr. Und das ist es auch, dem ich unterliegen werde, wenn ich unterliege, nicht dem Melitos, nicht dem Anytos, sondern dem üblen Ruf und dem Haß der Menge, dem auch schon viele andere treffliche Männer unterliegen mußten und glaube ich noch ferner unterliegen werden, und ist wohl nicht zu besorgen daß er bei mir sollte stehen bleiben. Vielleicht aber möchte einer sagen: Aber schämst du dich denn nicht, Sokrates, daß du dich mit solchen Dingen befaßt hast, die dich nun in Gefahr bringen zu sterben? Ich nun würde diesem die billige Rede entgegnen, Nicht gut sprichst du, lieber Mensch, wenn du glaubst Gefahr um Leben und Tod müsse in Anschlag bringen, wer auch nur ein weniges nutz ist, und müsse nicht vielmehr allein darauf sehn, wenn er etwas tut, ob es recht getan ist oder unrecht, ob eines rechtschaffenen Mannes Tat oder eines schlechten. Denn Elende wären ja nach deiner Rede die Halbgötter gewesen, welche vor Troja geendet haben und vorzüglich vor andern der Sohn der Thetis, welcher ehe er etwas schändliches ertragen wollte, die Gefahr so sehr verachtete, daß obgleich seine Mutter, die Göttin, als er sich aufmachte den Hektor zur töten, ihm so ohngefähr wie ich glaube zuredete, Wenn du, Sohn, den Tod deines Freundes Patroklos rächest und den Hektor tötest, so mußt du selbst sterben; denn, sagt sie, alsbald nach Hektor ist dir dein Ende geordnet, er dennoch dieses hörend den Tod und die Gefahr gering achtete, und weit mehr das fürchtend, als ein schlechter Mann zu leben und die Freunde nicht zu rächen, ihr antwortete, Möcht' ich sogleich hinsterben nachdem ich den Beleidiger gestraft, und nicht verlacht hier sitzen an den Schiffen, umsonst die Erde belastend. Meinst du etwa der habe sich um Tod und Gefahr bekümmert? Denn so, ihr Athener, verhält es sich in der Tat. Wohin Jemand sich selbst stellt in der Meinung es sei da am besten, oder wohin einer von seinen Obern gestellt wird, da muß er wie mich dünkt jede Gefahr aushalten, und weder den Tod noch selbst irgend etwas in Anschlag bringen gegen die Schande. Ich also


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