Compliance. Markus Böttcher
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XI. Compliance der österreichischen Kreditwirtschaft und Versicherungsunternehmen
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Die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften für die Compliance der österreichischen Kreditwirtschaft und Versicherungsunternehmen finden sich im BörseG (§ 82 Abs. 5), im WAG (§ 18 Einhaltung der Vorschriften „Compliance“) und mittelbar im Bankwesengesetz (BWG) sowie Versicherungsaufsichtsgesetz. Wichtige Ergänzungen zu diesen gesetzlichen Grundlagen finden sich in Verhaltenskodices, dem Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft (SCC) und dem Standard Compliance Code der Österreichischen Versicherungswirtschaft (SCCV) – die auf eine Empfehlung der Interessensvertretung zurückgehen. Der SCC wird, bestätigt durch den VwGH, als Handelsbrauch betrachtet.[1] Sämtliche Kreditinstitutssektoren haben sich jedoch schriftlich zur Einhaltung der Bestimmungen des SCC verpflichtet.
1. Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG)
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Die Compliance Regelungen des WAG betreffen insbesondere die Aufklärungspflichten bzw. Wohlverhaltensregeln (§ 40f WAG) und Organisationspflichten (§ 15f WAG).
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Mit 1.11.2007 ist in Umsetzung der EG-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) das neue WAG 2007 in Kraft getreten, welches zwecks Harmonisierung von Wertpapierdienstleistungen und Gewährleistung eines besseren Schutzes der Anleger insbesondere detaillierte Wohlverhaltensregeln, Vorschriften über die bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen und erweiterte Transparenzbestimmungen enthält. Das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 wurde zuletzt durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 118/2016 geändert.
1.1 Organisatorische Anforderungen
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Die Rechtsträger i.S.d. § 15 haben im Allgemeinen gem. § 17 WAG
– | Entscheidungsprozesse und eine Organisationsstruktur, durch die Berichtspflichten und zugewiesene Funktionen und Aufgaben klar dokumentiert sind, einzurichten und laufend anzuwenden; |
– | dafür zu sorgen, dass alle relevanten Personen die Verfahren, die für eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben einzuhalten sind, kennen; |
– | angemessene interne Kontrollmechanismen, die die Einhaltung von Beschlüssen und Verfahren auf allen Ebenen sicherstellen, einzurichten und laufend aufrecht zu erhalten; |
– | dafür zu sorgen, dass die Aufgaben von Mitarbeitern erfüllt werden, die über die notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen verfügen; |
– | auf allen maßgeblichen Ebenen eine reibungslos funktionierende interne Berichterstattung und Weitergabe von Informationen einzurichten und laufend sicherzustellen; |
– | angemessene und systematische Aufzeichnungen über seine Geschäftstätigkeit und interne Organisation zu führen und |
– | dafür zu sorgen, dass die ordentliche, redliche und professionelle Erfüllung der einzelnen Funktionen auch dann gewährleistet ist, wenn relevante Personen mehrere Funktionen ausüben. |
Dabei ist der Art, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten Rechnung zu tragen.
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Weiterhin hat der Rechtsträger gem. § 18 WAG durch Festlegung angemessener Strategien und Verfahren insbesondere dafür zu sorgen, dass er selbst, seine Geschäftsleitung, Beschäftigte und vertraglich gebundene Vermittler den Verpflichtungen dieses Bundesgesetzes sowie den Vorkehrungen für persönliche Geschäfte gem. § 24 WAG dieser Personen nachkommen.
Daneben regeln § 16 WAG die Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen, § 19 WAG das Risikomanagement, § 20 WAG die Interne Revision, § 22 WAG die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen, § 23 und 24 WAG die persönlichen Geschäfte.
1.2 Wohlverhaltensregeln § 40f WAG
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Das Ausmaß der Wohlverhaltensregeln hängt nach dem WAG 2007 von der Geschäftserfahrenheit des Kunden und der vom Kunden jeweils in Anspruch genommenen Dienstleistung ab. Bei Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltungsdienstleistungen ist eine Eignungsprüfung (suitability test) durchzuführen. Die bereits aus dem WAG a.F. bekannte Erhebungspflicht hat durch den WAG 2007 einen höheren Detaillierungsgrad erfahren (insbesondere §§ 43, 44 WAG). Erst auf Grundlage der ermittelten Daten darf die Wertpapierfirma geeignete Wertpapierdienstleistungen oder Finanzinstrumente empfehlen.
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Bei den in § 45 WAG erfassten Wertpapierdienstleistungen muss lediglich eine Angemessenheitsprüfung durchgeführt werden. Dieser „appropriateness test“ ist im Vergleich zur Eignungsprüfung kundenspezifischer und weniger umfassend. Der Kunde muss nur zu seinen Erfahrungen und Kenntnissen befragt werden.
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§ 46 WAG regelt den sog. „Execution only Business“ der lediglich in der Ausführung oder Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen besteht. Hier entfallen sowohl die Eignungs- als auch die Angemessenheitsprüfung. Aus diesem Grund sind aber diese Geschäfte nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen erlaubt. So können z.B. nur nicht-komplexe Finanzinstrumente, bei denen es sich im Wesentlichen um marktgängige und derivatefreie Finanzinstrumente handelt, Gegenstand eines „Execution only Business“ sein.[2]
2. Aufsichtsreform 2007[3]
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Im Rahmen der Aufsichtsreform 2007 hat der Gesetzgeber die Professionalisierung der kreditwirtschaftlichen[4] Aufsichtsmechanismen festgeschrieben.
2.1 Aufsichtsratsvorsitzende
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Es wurden die Voraussetzungen an Unabhängigkeit und Eignung des Vorsitzenden des Aufsichtsrates verschärft.[5]
Es wurde eine sog. „Cooling off“-Periode eingeführt (§ 28a Abs. 1 BWG; § 11a Abs. 1 VAG), wonach die Geschäftsleiter frühestens nach Ablauf einer Periode von 2 Jahren nach Beendigung ihrer Funktion eine Tätigkeit als Vorsitzender des Aufsichtsrats innerhalb desselben Unternehmens aufnehmen können. Die Funktion eines einfachen Aufsichtratsmitgliedes oder stellvertretenden Vorsitzenden ist ihnen nicht verwehrt.[6]
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Weiterhin wurde ein sog. „Fit and Proper“-Test eingeführt (§ 28a Abs. 3 und 4 BWG; § 11a Abs. 3 VAG). Das ist ein gesetzlich festgelegter Katalog von Anforderungen, die der Vorsitzende dauerhaft erfüllen muss. Daneben sind weiterhin die sondergesetzliche Bestimmungen sowie weitergehende satzungsmäßige Vorgaben zu beachten.
Es geht um folgende Anforderungen:[7]
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Nichtvorliegen gewerberechtlicher Ausschließungsgründe i.S.d. §§ 13 Abs. 1–3, 5 und 6 GewO bzw. Konkurs,
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