Klinische Hypnose und Hypnotherapie. Agnes Kaiser Rekkas

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Klinische Hypnose und Hypnotherapie - Agnes Kaiser Rekkas


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und trotzdem immer offen hinhören, ob nicht doch dieses oder jenes unser Spektrum bereichern könnte.

      Gehen wir vom bewußten zum unbewußten Sprachgebrauch über, können wir dagegen sehr wohl viel übernehmen, und zwar was den selbstverständlichen Gebrauch von Fingerzeichen anbelangt. Die Nutzung ideomotorischer Signale, die hier manchmal fast noch als anrüchig gilt, weil nicht weit entfernt vom Pendel und damit wieder nicht weit von Esoterik und allem, was dazugehört, ist ‚drüben‘ ein fester Bestandteil der Therapie und in der Anwendung selbstverständlich. Diese Methode wird einfach immer benutzt, und dann merkt man schon von alleine, wo sie sich erschöpft oder ihre Grenzen hat. Aufgrund meiner Erfahrung in der Arbeit mit ideomotorischen Signalen möchte ich dringend diese hervorragende, die Therapie intensivierende, den Patienten stimulierende und den Therapeuten entlastende Methode empfehlen.

      Die Hypnose hatte nach dem 2. Weltkrieg in den USA einen ganz anderen Nährboden als bei uns in Europa. Große therapeutische Schulen wuchsen unter den Händen befähigter Menschen heran. Die einzelnen Disziplinen, wie die Psychoanalyse, die Verhaltenstherapie, die sich neu formierenden Therapierichtungen wie die Gestalttherapie, die systemische Therapie, die Bioenergetik und die Körpertherapien, sind nun aber nicht im Alleingang, sondern in der Konfrontation und der Begegnung miteinander gewachsen. So auch die Hypnose. Und da in Amerika nun sowieso immer ein bißchen mehr möglich ist, hat die Hypnose auch nicht so um ihr Image kämpfen müssen, sondern wurde einfach mehr und mehr, erfolgreicher und erfolgreicher angewendet. Befruchtet im Zusammenspiel mit den anderen Therapieverfahren, erwuchsen viele schöne neue und griffige Methoden, wobei Milton H. Erickson wohl ohne Zweifel ‚den Vogel abschoß‘. Aber auch seine Hypnotherapie ist zweifellos das Ergebnis äußerst produktiver Kooperation der ganzen Therapeutengeneration, die unentwegt experimentierte und nichts unprobiert ließ. Aber man tut Erickson unrecht, würde man ihn nicht als den begabtesten und intuitivsten aller Hypnotherapeuten mit großem Charisma einschätzen. Er ist auch nicht nachzuahmen. Er war und bleibt ‚unique‘. Und trotzdem können und sollten wir sowohl die Anregung zu neuen Einfällen beherzigen als auch die Grundannahmen des Ericksonschen Ansatzes in unser Therapiekonzept aufnehmen. Diese lauten:

       Hypnose ist ein natürliches Phänomen.

       Hypnose ist ein erlebnishafter Prozeß, bei dem innere Ideen und Bilder ausgetauscht werden.

       Jede Person ist einzigartig, und diese Einzigartigkeit ist zu schätzen.

       Jede Person hat Entwicklungsressourcen im geistigen und psychischen Bereich.

       Die Hypnose stärkt und erweitert diese Ressourcen.

       Die Hypnotherapie korrigiert nicht Fehler, sondern unterstützt neue Lernerfahrungen auf der Basis vorhandener Fähigkeiten.

      Diese Ansicht über den anderen Menschen, der zufällig unser Patient ist, ist in der Seele humanistisch und im Herzen amerikanisch. Sie hätte hier in Europa nicht so formuliert werden können. Lassen wir uns trotzdem von diesen Prinzipien leiten und inspirieren von Experimentierfreude, Spaß, Humor und der Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit in der Intervention und dem unendlichen Pioniergeist, Hypnose immer wieder neu und für alle Bereiche nutzbringend einzusetzen!

      Teil zwei

      Methodik ◀

      ▶ Exkurs:

      Das Unbewußte – ein geheimnisvoller Begriff

      Schon lange vor Erfindung der Psychoanalyse ahnten Dichter und Denker von der Kraft des Unbewußten. In den letzten hundert Jahren haben sich dann viele Theorien und Modellvorstellungen vom Unbewußten (Freud und Jung) bzw. Unterbewußten (Adler) gebildet, ohne letztendlich die zugrundeliegenden Phänomene erklären zu können. Gerade die Vielfalt und Verschiedenartigkeit der Definitionen weisen auf einen unerschöpflichen Strom in den Tiefen der menschlichen Existenz hin.

      Im Englischen spricht man von „inner mind“, von „the unconscious“ oder „deeper self“. Im Deutschen finden wir ähnlich viel- und somit nichtssagende Begriffe, die oft unbeholfen klingen, da sie nur gequält in Worten konstruieren, was wir eigentlich gar nicht benennen und definieren können. Gleichfalls ist uns ein Rätsel, was unser Unbewußtes nun tun und lassen kann. Aber wir erleben, daß wir mithilfe dieses ganz besonderen Bereiches in uns in der Therapie produktiv arbeiten können. Wir bauen darauf, auch wenn wir ihn nicht einmal vage zu beschreiben vermögen. Gestehen wir, daß wir – wie so oft in der Therapie – etwas benutzen, wovon wir im Grunde nicht so recht wissen, was es ist und wie es wirkt. Bei M. H. Erickson (1981) können wir nachlesen, wie er so herrlich intuitiv arbeitend, die Veränderung des Patienten auch nicht immer gleich erklären konnte. War das wieder eine von diesen „unfaßbaren unbewußten Leistungen“? Wahrscheinlich schon. Und meistens läßt sie sich im Rückblick doch noch nachvollziehen, diese nicht logische, sondern psycho-logische Entwicklung mit all ihrer tiefen Sinnhaftigkeit. Nehmen wir uns die Freiheit, zu dem zu greifen, was sich passend anfühlt! Gehen wir pragmatisch vor! Benutzen wir die Worte, die den jeweiligen Patienten ansprechen und verzichten auf Anspruch vollständiger Erklärung. Sagen wir einfach:

      „Ein Teil in Ihnen weiß zu dieser Frage vielleicht schon eine Antwort.“

      „Der Bereich in uns, der auch für unser Traumleben sorgt, kann uns oft weiterhelfen.“

      „Der Körper kann sich erinnern, wie es sich anfühlt, wenn die Sonne wärmend auf die Haut scheint.“

      „Auf tieferer Ebene verfügen wir ja über so viel mehr Fähigkeiten!“

      „Während Sie sich bewußt vielleicht gerade fragen, was die Hypnose Ihnen heute bringen wird, kann Ihr Unbewußtes schon angefangen haben, an dem Therapieziel weiterzuarbeiten.“

      Unterstützen wir den Patienten, sich an seine unbewußten Vorgänge zu halten und sie zu schützen!

      Eine meiner Patientinnen mit primär chronischer Polyarthritis behandelt mit Selbsthypnose erfolgreich ihre starken Beschwerden. Direkt nach der Hypnose sind die Schmerzen wesentlich verringert, einige Stunden danach ist eine objektive Verminderung der Schwellung zu beobachten. Ihr Leitspruch lautet: „Der Glaube versetzt Berge.“ Die Fähigkeit zu glauben hat mit unserer Lebensgeschichte zu tun. Diese schließt unsere Zweifel ein und wirkt, aber nicht über bewußte Kanäle.

      Kapitel 1

      ▶ Planung

       1.1 Das Aufklärungsgespräch

      Aufdecken von Mythen und Vorurteilen und Vermittlung klarer Information am Anfang der Therapie!

      Typische Patientenfragen: Bin ich für Hypnose geeignet? Können Sie mich überhaupt hypnotisieren? Was wird mit mir geschehen? Verliere ich die Kontrolle? Bekommen Sie Macht über mich? Verhalte ich mich dann komisch? Weiß ich nachher noch was davon? Kann ich in meine Kindheit/mein früheres Leben gehen? Wie komme ich aus der Hypnose wieder zurück?

      1. Gehen Sie davon aus, daß der Patient irrige Vorstellungen über Hypnose hat!

      2. Lassen Sie den Patienten seine Vorstellungen (knapp) schildern.

      3. Gehen Sie nicht auf die (oft abstrusen) Vorurteile über Hypnose ein, sondern stellen Sie sachlich die Falschheit dieser Ansichten fest und bieten dem Patienten fachlich kompetente Information an.

      4. Vermeiden Sie weitere Negativbeispiele, welche in diesem Kontext schon wie Suggestionen wirken können. Erklären Sie dagegen in positiven Aussagen,

       was Hypnose ist und wie sie wirkt:

      1. Der hypnotische Zustand ist etwas ganz Natürliches.

      2. Normalerweise wird angenehme Entspannung empfunden,


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