Politisch motivierte Morde . Walter Brendel
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Walter Brendel
Politisch motivierte Morde
Impressum
Texte: © Copyright by Walter Brendel
Umschlag: © Copyright by Gunter Pirntke
Verlag:
Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag
Gunter Pirntke
Mühlsdorfer Weg 25
01257 Dresden
Inhalt
Die Ermordung Ernst Eduard vom Rath und die schrecklichen Folgen
Das Attentat auf den „guten König“ Henri IV.
Jeanne d'Arc, eine Stimme aus dem Scheiterhaufen
Der Mord an Prinzessin Elisabeth Tarakanowa
Vorwort
Macht und Gewalt - zwei Begriffe, die offenbar untrennbar miteinander verbunden sind, im öffentlichen wie im privaten Bereich, in der Politik wie in der Familie, quer durch alle sozialen Schichten, quer durch die Jahrhunderte hindurch. Der Blick m die Geschichte zeigt: Wenn die Macht ruft, verstummt sogar die berühmte Stimme des Blutes. Für eine Krone, für einen Thron, für Einfluss und persönlichen Vorteil wurde intrigiert, verraten, misshandelt und gemordet. Bei der Durchsetzung der eigenen Interessen kannte man keinerlei Rücksicht. Wer im Wege stand, behinderte oder gar Widerstand zu leisten wagte, wurde beseitigt.
Ein politischer Mord ist die vorsätzliche, ungesetzliche oder illegitime Tötung einer Person aus politischen Motiven. Das Opfer hat in der Regel einen aus Sicht des Urhebers der Tat unerwünschten politischen Einfluss, oder der Urheber erwartet sich von der Ermordung eine für ihn vorteilhafte politische Entwicklung.
Historisch gesehen bezieht sich der Begriff fast ausschließlich auf das Attentat auf einzelne, hochgestellte Persönlichkeiten. Der Tatbestand des politischen Mords lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Unterschiede zu einem gewöhnlichen Mord sind die politisch motivierten Interessen bzw. ideologischen Implikationen, sowie die Tatsache, dass der Auftraggeber und der Ausführende (Auftragsmörder) meist verschiedene Personen sind.
Politik mit anderen Mitteln, das ist nach Clausewitz der Krieg. Auch Mord ist ein "anderes Mittel der Politik" - oft gebraucht, selten bewiesen! Wir widmen uns bekannten Mordfällen und vor allem deren Hintergründe. Mord kann den Lauf der Geschichte beeinflussen, diese Weisheit ist so alt wie die Menschheit. Seit den ägyptischen Pharaonen und römischen Kaisern gehören Morde zu den Möglichkeiten seinen Willen durchzusetzen. Mordanschläge sollen die sozialen Entwicklungen stoppen, die den Auftraggebern nicht genehm sind und die Sympathisanten abschrecken.
Tatmotive können zum Beispiel sein:
das Ausschalten eines Konkurrenten, Kritikers oder Andersdenkenden
das Ausschalten eines möglichen Belastungszeugen/Mitwissers (ist über illegale und/oder politisch heikle Aktivitäten des Auftraggebers informiert und könnte dieses Wissen kundtun oder veröffentlichen)
Rache für ein Tun oder Unterlassen
Abschreckung/Einschüchterung Dritter (Politiker, politische Aktivisten)
Ist der Urheber eine Regierung oder regierungsnahe Institution, wird den Morden zuweilen eine Scheinlegalität verliehen oder die Tat komplett geheim gehalten, zum Beispiel beim Verschwindenlassen politischer Gegner. Schauprozesse können Macht demonstrieren oder Dritte abschrecken.
Morde können autokratischen Machthabern Vorwände bieten, ihre Repressions- und Terrormaßnahmen zu verschärfen. Beispiele:
Im Jahre 1819 folgten auf die Ermordung August von Kotzebues durch Karl Ludwig Sand unmittelbar die Karlsbader Beschlüsse zur Bekämpfung und Überwachung liberaler und nationaler Tendenzen in Deutschland.
Die Ermordung des Legationssekretärs Ernst vom Rath durch Herschel Grynszpan lieferte 1938 dem NS-Regime den willkommenen Anlass zur „Reichskristallnacht“.
Vielfach schaffen sie sich ihre Vorwände selber. Zum Beispiel behauptete das NS-Regime im Sommer 1934 wahrheitswidrig, man habe auf einen unmittelbar bevorstehenden Putsch des SA-Führers Ernst Röhm reagiert (Röhm-Putsch) als Rechtfertigung für die Ermordung von etwa 200 Menschen.
Mord am Hochaltar
Als der Priester die Hostie hebt, bricht Giuliano de' Medici blutüberströmt zusammen. Mehr als ein Dutzend Dolchstiche haben ihn unter der prächtigen Kuppel des Doms tödlich getroffen. An diesem Apriltag 1478 rütteln Verschwörer an der Macht der Medici über Florenz. Doch das Komplott endet grausam für die Mörder- die entscheidende Person haben sie verfehlt!
Es ist Sonntagmorgen und die Herren sind in Eile: Lorenzo de' Medici geht mit großen Schritten die Via Martelli entlang, die Straße zwischen dem gewaltigen Palazzo seiner Familie und der Domkirche Santa Maria del Fiore. Begleitet wird er von Francesco Salviati, dem Erzbischof von Pisa, und seinem Gefolge. Eigentlich hätte die Heilige Messe an diesem fünften Sonntag nach Ostern längst beginnen sollen. Auf einen Lorenzo de' Medici jedoch warten in Florenz selbst die Priester. Lorenzo den Prächtigen nennen sie ihn, den „Gran maestro“, den ungekrönten König von Florenz.
„Mag sein, dass wir unsere Eisen gebrauchen müssen, um ihm klarzumachen, dass er ein Bürger ist und Wir der Papst sind.“ (Papst Sixtus IV. 1475 über Lorenzo de Medici) |
Doch etwas stimmt nicht an diesem Tag. Lorenzo weiß schon lange: Der Erzbischof ist kein Freund der Medici. Salviati ist der Neffe Papst Sixtus' IV. und wurde von diesem auf den Hirtenstuhl der Hafenstadt Pisa gesetzt - als Nachfolger eines Medici und gegen den Willen der Florentiner.