Rechtliche Impulse. Carl von Ossietzky
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Carl von Ossietzky
Rechtliche Impulse
Impressum
Texte: © Copyright by Carl von Ossietzky
Umschlag: © Copyright by Gunter Pirntke
Verlag:
Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag
Gunter Pirntke
Mühlsdorfer Weg 25
01257 Dresden
Inhalt
Die Zinne der Partei und andere Rechtsfragen
Das lädierte Sakrament und andere Entscheidungen
Das Ende der Pressefreiheit und weitere Fälle
Einführung
Anhand des Buches „Ein Lesebuch für unsere Zeit“- Artikel, Rezensionen, Feuilletons aus der Gerichtswelt 1911–1933 von Carl von Ossietzky haben wir aus den umfangreichen Berichten, Aufsätzen und Pressemeldungen sowie Notizen des Autors die Beiträge herausgesucht, die sich um die hier genannte Thematik ranken.
Carl von Ossietzky, geboren am 3. Oktober 1889 in Hamburg und gestorben am 4. Mai 1938 in Berlin, war einer der fähigsten deutscher Journalisten, ein Schriftsteller Pazifist und Friedensnobelpreisträger.
Als Herausgeber der Zeitschrift Die Weltbühne wurde Ossietzky häufiger wegen Artikeln, die illegale Zustände in der Weimarer Republik und auch den Aufstieg des Nationalsozialismus zum Thema hatten, vor die Justiz gezerrt. Im international aufsehenerregenden Weltbühne-Prozess wurde er 1931 wegen Spionage verurteilt, weil seine Zeitschrift auf die verbotene Aufrüstung der Reichswehr aufmerksam gemacht hatte. Kurz nach seiner Entlassung kamen die Nazis an die Macht. Ossietzky wurde am 28. Februar 1933 widerrechtlich in Haft gesetzt. Als einer der prominentesten politischen Häftlinge wurde Ossietzky unter anderem im KZ Esterwegen besonderes Opfer nationalsozialistischer Willkür. Er wurde häufig misshandelt und gefoltert. 1936 erhielt Ossietzky in einer internationalen Hilfskampagne den Friedensnobelpreis. Im gleichen Jahr wurde er, durch die Torturen schwer erkrankt, unter Polizeiüberwachung in ein Berliner Krankenhaus verlegt. Dort starb er unter Bewachung zwei Jahre später.
1911 sandte Ossietzky seinen ersten Beitrag bei der Wochenzeitung Das freie Volk ein, dem Publikationsorgan der Demokratischen Vereinigung. Aus dieser Initiative entwickelte sich in den Folgejahren eine regelmäßige Mitarbeiterschaft. Ossietzky wurde erstmals Leitartikler einer Zeitschrift. Auch für die Blätter des Deutschen Monistenbundes schrieb er regelmäßig.
1914 machte er auf eine für ihn ungewohnte Weise Bekanntschaft mit der Justiz: Aufgrund des Artikels „Das Erfurter Urteil“ wurde er wegen „öffentlicher Beleidigung“ angeklagt, weil er die preußische Militärjustiz stark kritisiert hatte. Die 200 Mark Geldbuße, zu der er verurteilt wurde, beglich seine Ehefrau Maud, die er am 19. August 1913 geheiratet hatte. Sie war damals in der englischen Frauenrechtsbewegung aktiv. Nach der Heirat unterstützte sie die Pläne ihres Mannes, den Justizdienst zugunsten einer journalistischen Karriere aufzugeben. Im Januar 1914 reichte Ossietzky seine Kündigung ein.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde Carl von Ossietzky zunächst als untauglich gemustert. Die kriegsbedingten Veränderungen innerhalb der Medien machten es ihm jedoch unmöglich, seinen Lebensunterhalt weiterhin als militärkritischer und später sogar pazifistischer Journalist zu verdienen. Daher kehrte er im Januar 1915 wieder in den Justizdienst zurück. Im Sommer 1916 wurde er schließlich doch noch eingezogen und als Armierungssoldat an die Westfront geschickt.
Zu diesem Zeitpunkt hatte er sich wieder von seiner anfänglichen Kriegsbegeisterung gelöst und hielt pazifistische Vorträge in Hamburg, wo er in den Vorstand der dortigen Ortsgruppe der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) gewählt worden war. Ebenfalls attackierte er im Laufe des Krieges verschiedene Führer des Monistenbundes wie Ernst Haeckel und Wilhelm Ostwald, die in dem Krieg ein Instrument zur weltweiten Durchsetzung der von ihnen als höherstehend angesehenen deutschen Kultur sahen. In seinem 1917 verfassten Manuskript Monismus und Pazifismus wandte sich Ossietzky entschieden gegen eine derartige Auslegung des darwinistischen Entwicklungsgedankens und warf Haeckel und Ostwald „pangermanische Phantastereien auf Kosten der humanistischen Vernunft vor“. Nach Ende des Krieges kehrte Ossietzky nach Hamburg zurück, wo er ein weiteres Mal seinen Dienst bei der Justiz quittierte.
Auf Anregung Tucholskys hatte sich Siegfried Jacobsohn, Herausgeber der Berliner Wochenzeitschrift Die Weltbühne, von Sommer 1924 an um die Mitarbeit Ossietzkys bemüht. Es sollte noch bis zum April 1926 dauern, bis zum ersten Mal ein politischer Leitartikel von ihm in dem Blatt erschien. Nach Jacobsohns Tod ernannte die Witwe Edith Jacobsohn — nach einem kurzen Interregnum Kurt Tucholskys — Ossietzky zum Herausgeber und Chefredakteur der Weltbühne.
Unter Leitung Ossietzkys behielt die Weltbühne ihre Bedeutung als undogmatisches Forum der radikaldemokratischen, bürgerlichen Linken bei. Dass sich Ossietzky in dieser Funktion großes Renommee erwarb, zeigt auch die Tatsache, dass er nach dem Berliner Blutmai im Mai 1929 den Vorsitz des Ausschusses übernahm, der die Hintergründe für den gewalttätigen Polizeieinsatz klären sollte. Trotzdem war Ossietzky für die Kommunisten „verachtetes und bekämpftes Symbol“ der bürgerlichen Opposition. Die Sozialdemokraten griffen ihn an und belächelten ihn als „Idealisten“. Die Liberalen sahen ihn als „Republikzerstörer“.
Ossietzky behandelte auch in der „Weltbühne“ den Polizistenmord an Bülowplatz. Die NS-Justiz hatte 1934 ein Strafverfahren gegen Erich Mielke wegen des Doppelmords eingeleitet. Das Landgericht Berlin stellte es zunächst ein, weil Mielke flüchtig war. In einem groß angelegten Prozess wurde nach Wiederaufnahme der Ermittlungen im Juni 1934 unter anderem Max Matern wegen seiner Beteiligung am Doppelmord zum Tode verurteilt und hingerichtet und der ebenfalls angeklagte Mittäter und spätere Generalmajor des MfS Erich Wichert zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erließ die Staatsanwaltschaft der Viersektorenstadt Berlin erneut und aus demselben Grund Haftbefehl gegen Mielke, doch beschlagnahmte die sowjetische Besatzungsmacht die Verfahrensakten. Nach der Auflösung der DDR eröffnete das Landgericht Berlin im November 1991 das Hauptverfahren gegen Mielke wegen der „Bülowplatzsache“. Mielke wurde des Mordes angeklagt. Die vom 10. Februar 1992 bis zum 26. Oktober 1993 geführte Verhandlung endete mit seiner Verurteilung wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Die für einen Mord geringe Strafe erklärte sich aus der Besonderheit, dass zwischen Tat und Urteil mehr als 60 Jahre lagen. Ende 1995 wurde Mielke, nachdem er insgesamt mehr als zwei Drittel der sechs Jahre verbüßt hatte, im Alter von 88 Jahren auf Bewährung entlassen.
Walter Brendel
Erfurter Urteil
»Fedja: Und Sie, der Sie an jedem Ersten mit einigen Groschen für Ihre Gemeinheit bezahlt werden, Sie ziehen sich Ihren Uniformrock an und tun sich nun groß über jene Leute, deren kleiner Finger mehr wert ist als Sie im Ganzen und die Sie nicht einmal ins Vorzimmer hineinlassen würden. Sie haben sich hinaufgeschustert und freuen sich nun.
Der Richter: Ich lasse Sie abführen.«
Tolstoi,