Toxikologie für alle. Helmut Greim
Читать онлайн книгу.und ihrer Regulation notwendig. Diese Reaktionen werden sowohl durch Phase-I- als auch durch Phase-II-Enzyme katalysiert. Oft ist die metabolische Aktivierung von Fremdstoffen durch körpereigene Enzyme die Voraussetzung für ihre toxische Wirkung, die allerdings durch inaktivierende Phase-II-Reaktionen abgeschwächt oder aufgehoben werden kann.
Die meisten aus dem Darm resorbierten oder über die Haut und die Atemwege in den Organismus gelangten Fremdstoffe sind nicht ausreichend wasserlöslich, um über die Nieren in den Urin oder über die Galle in den Darm ausgeschieden werden zu können. Sie müssen daher durch Enzyme in wasserlösliche Folgeprodukte umgewandelt, d. h. biotransformiert werden. Nur in Einzelfällen können Substanzen wie TCDD wegen ihrer schlecht angreifbaren Struktur von den Enzymen nicht verändert werden, und, weil sie fettlöslich sind, reichern sie sich im Körperfett an. Daher steigen ihre Konzentrationen im Fettgewebe im Laufe des Lebens kontinuierlich an.
Biotransformation, d. h. die Umwandlung von nicht wasserlöslichen (lipophilen) Fremdstoffen in wasserlösliche Folgeprodukte findet vor allem in der Leber statt. Sie ist die erste Station für die aus dem Darm über die Pfortader aufgenommenen Substanzen und daher das wichtigste Organ für die Biotransformation. Wie die meisten übrigen Organe, die allerdings zumeist geringere Enzymkapazitäten aufweisen, ist sie mit den Phase-I- und Phase-II-Enzymen ausgestattet. Dabei verändern die Phase-I-Enzyme die Substanzen so, dass sie von den Phase-II-Enzymen zumeist durch Anhängen größerer Moleküle wasserlöslicher werden und damit über die Nieren oder über die Galle in den Darm ausgeschieden werden können.
Phase-I-Enzyme sind für die Oxidation, Reduktion oder Hydrolyse wenig wasserlöslicher Fremdstoffe zuständig, indem sie funktionelle Gruppen einfügen oder diese freilegen. Enzyme der Phase II hängen an die funktionellen Gruppen ein weiteres Molekül an, wodurch eine gute Wasserlöslichkeit und damit eine schnelle Ausscheidung erreicht wird. Da die Ausscheidung vieler Phase-II-Metaboliten noch weiter beschleunigt werden kann, indem sie durch Transportmechanismen durch biologische Membranen geschleust werden, wird der aktive Transport von Stoffen z. B. über die Nieren in den Harn als Phase III der Biotransformation bezeichnet.
Abb. 13.1 Metabolisierung von Benzol zu Phenol durch Einfügen einer Hydroxylgruppe (Phase-I-Reaktion) und Konjugation mit der gut wasserlöslichen Glucuronsäure (Phase-II-Reaktion). Aus den pKa Werten ist zu entnehmen, dass das Glucuronid unter physiologischen pH-Werten stärker dissoziiert und damit wasserlöslicher ist als das Phenol (aus Kapitel Biotransformation von Fremdstoffen von W. Dekant in Das Toxikologiebuch, 978-3-527-33973-0, Wiley-VCH 2017).
Tab. 13.1 Die wichtigsten Enzyme der Phase-I- und Phase-II-Metabolisierung.
Phase I | Phase II |
---|---|
Cytochrom P450 | Glucuronyltransferasen |
Flavinabhängige Monooxygenasen | Sulfotransferasen |
Alkoholdehydrogenasen | Glutathion-S-Transferasen |
Aldehyddehydrogenasen | N-Acetyl-Transferasen |
Esterasen | Epoxidhydrolase |
Aminosäurekonjugation |
(aus Kapitel Biotransformation von Fremdstoffen von W. Dekant in Das Toxikologiebuch, 978-3-527-33973-0, Wiley-VCH 2017)
Ein Beispiel für die Umwandlung einer nicht ausscheidbaren fettlöslichen Substanz in ein wasserlösliches und damit ausscheidbares Folgeprodukt ist Benzol. Wie die Abb. 13.1 zeigt, wird Benzol zunächst in einer Phase-I-Reaktion hydroxyliert und anschließend in einer Phase-II-Reaktion glucuronidiert und damit zu einem wasserlöslichen Folgeprodukt umgewandelt.
Die wichtigsten Phase-I- und Phase-II-Enzyme sind in der Tab. 13.1 dargestellt.
13.1 Phase-I-Enzyme
Zu den Phase-I-Enzymen gehören die Cytochrom-P450-Monooxygenasen (CYP-450), die flavinabhängigen Monooxygenasen (FMOs), Esterasen und Amidasen, verschiedene Reduktasen und die Epoxidhydrolase.
Beispielhaft für das Zusammenwirken von Phase-I- und Phase-II-Enzymen ist die Metabolisierung von Paracetamol, die im Kapitel über die Leber (Teil B, Kap. 17) beschrieben ist. Zunächst wird die Substanz durch CYP der Phase I aktiviert und durch die Glucuronidierung der Phase II inaktiviert, wasserlöslich gemacht und damit ausgeschieden. Ist bei höherer Konzentration die Kapazität der Glucuronidierung erschöpft, wird der reaktive Metabolit zusätzlich sulfatiert. Ist auch dieser Phase-II-Metabolismus erschöpft, führt der weiterhin durch Phase I gebildete und nicht mehr inaktivierte reaktive Metabolit zur Toxizität.
13.2 Cytochrom-P450-Monooxygenasen (CYPs)
CYPs bestehen aus der NADPH-abhängigen Cytochrom-P450-Reduktase und dem Häm und Eisen enthaltenden Enzym Cytochrom P450. Wie die flavinabhängigen Monooxygenasen sind sie die wichtigsten Enzyme für die Oxidation von Fremdstoffen. Dabei wird ein aus der Spaltung von molekularem Sauerstoff (O2) gebildetes Sauerstoffatom auf den Fremdstoff übertragen, das andere Sauerstoffatom mittels NADPH als Co-Faktor zu Wasser reduziert. Das für die Oxidation genutzte Sauerstoffatom wird entweder in C–H-Bindungen eingeschoben oder an Doppelbindungen und freie Elektronenpaare addiert. Von den etwa 50 beim Menschen bekannten CYPs katalysieren etwa 20 die Oxidation von Fremdstoffen, die übrigen sind an der Synthese wichtiger körpereigener (endogener) Substanzen wie Steroide, Gallensäuren oder Vitamin D beteiligt. Sie sind in fast allen Geweben vorhanden, die höchsten Aktivitäten finden sich jedoch in der Leber.
13.3 Flavinabhängigen Monooxygenasen (FMOs)
Wie die CYPs katalysieren die FMOs die Oxidation von Fremdstoffen, allerdings weniger in der Leber, sondern in extrahepatischen Geweben wie der Niere und Lunge.
13.4 Esterasen und Amidasen
Esterasen und Amidasen finden sich in allen Geweben. Sie sind unspezifisch, d. h., sie können die unterschiedlichsten Substanzen metabolisieren, indem sie Ester- und Amidfunktionen sowohl in Fremdstoffen als auch in körpereigenen (endogenen) Substanzen hydrolysieren. Dabei entstehen Carbonsäuren und Alkohole bzw. Amine oder Ammoniumionen. Normalerweise werden Ester schneller als Amide hydrolysiert. Ein Beispiel für eine körpereigene Substanz ist der Neurotransmitter Acetylcholin, der zu Cholin und Essigsäure hydrolysiert und damit inaktiviert wird.
13.5 Zusammenwirken verschiedener Enzyme
Fremdstoffe und ihre Metabolite enthalten oft Alkohol-, Aldehyd- und Ketongruppen, die über verschiedene Enzymsysteme oxidiert oder reduziert werden müssen. Die wichtigsten dieser Enzyme sind Alkoholdehydrogenase, Aldehydreduktasen, Ketonreduktasen und Aldehydoxidasen.
Ein Beispiel für dieses Zusammenwirken ist der Abbau von Ethanol und Methanol. Beide Alkohole werden in einem ersten Schritt durch die Alkoholdehydrogenase (ADH) oxidiert. Beim Ethanol entsteht Acetaldehyd, der durch eine Aldehyddehydrogenase (ALDH) zur Essigsäure oxidiert wird, die dann im allgemeinen Stoffwechsel