Verschiedene Texte. Martin Luther

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Verschiedene Texte - Martin Luther


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Dadurch weist er darauf hin, daß der Glaube beim Sakrament so notwendig ist, daß er auch ohne das Sakrament selig machen kann. Deshalb wollte er nicht hinzufügen: Wer nicht glaubt und nicht getauft wird.

      So bedeutet nun die Taufe zweierlei: den Tod und die Auferstehung, d.h. eine vollständige und vollkommene Rechtfertigung. Denn daß der Geistliche das Kind in das Wasser taucht, bedeutet den Tod; daß er es aber wieder herausnimmt, bedeutet das Leben, So legt es Paulus, Röm. 6, 4 aus: ›Wir sind mit Christus begraben durch die Taufe in den Tod, damit gleich wie Christus ist auferweckt von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.‹ Diesen Tod und diese Auferstehung nennen wir ›neue Kreatur‹, ›Wiedergeburt‹ und ›geistliche Geburt‹, die man nicht allegorisch von dem Tod der Sünde und von dem Leben der Gnade, wie es viele zu tun pflegen, sondern von dem wahren Tod und von der wahren Auferstehung verstehen muß. Denn die Taufe ist nicht eine Erdichtung. Die Sünde stirbt auch nicht ganz, und die Gnade wird nicht eher voll sichtbar, bis der Leib der Sünde, den wir in diesem Leben tragen, zerstört wird, wie Paulus (Röm. 6, 6) sagt. Denn solange wir im Fleisch sind, regen sich und werden erregt die Begierden des Fleisches. Darum beginnen wir auch zugleich dieser Welt zu sterben und Gott im zukünftigen Leben zu leben, sobald wir zu glauben anfangen, so daß der Glaube wirklich ein Tod und eine Auferstehung ist, d. h. die geistliche Taufe, in welcher wir eingetaucht werden und wieder hervorkommen.

      Wenn nun der Taufe die Abwaschung von Sünden zugeeignet wird, so geschieht das völlig zu Recht. Aber diese Bedeutung ist zu matt und zu schwach, als daß sie das Wesen der Taufe zum Ausdruck brächte. Sie ist vielmehr ein Symbol des Todes und der Auferstehung. Aus diesem Grunde möchte ich, daß die Täuflinge ganz in das Wasser eingetaucht werden, wie es das Wort besagt und worauf die geheimnisvolle Handlung hindeutet. Nicht daß ich es für notwendig erachte, aber es wäre schön, wenn einer so tiefen und vollkommenen Sache auch ein tiefes und vollkommenes Zeichen beigegeben würde, wie es ohne Zweifel auch von Christus gestiftet ist. Denn es geht nicht so sehr darum, daß der Sünder abgewaschen wird, als vielmehr darum, daß er stirbt, auf daß er ganz erneuert werde zu einer anderen Kreatur und daß er dem Tod und dem Auferstehen Christi entspreche, mit dem er durch die Taufe stirbt und wieder aufersteht Denn wenn man gleich sagen kann, Christus sei von der Sterblichkeit abgewaschen worden, als er starb und wieder auferstand, wäre das doch weniger als wenn man sagte, er wäre ganz verändert und erneuert. So ist es besser zu sagen, die Taufe bedeutet für uns ganz sterben und zum ewigen Leben auferstehen, als von Sünden abgewaschen werden.

      Hier siehst du abermals, daß das Sakrament der Taufe, auch soweit es sich auf das Zeichen bezieht, nicht eine Sache des Augenblicks, sondern von Dauer ist. Denn wenn auch der Taufakt schnell vorbei ist, so dauert doch die in ihm dargestellte Sache bis in den Tod, ja bis zur Auferstehung am Jüngsten Tage. Denn solange wir leben, tun wir stets das, was die Taufe bedeutet, d. h. wir sterben und stehen wieder auf. Wir sterben, sage ich, nicht nur innerlich und geistlich, indem wir der Sünde und den Eitelkeiten der Welt absagen, sondern wir fangen tatsächlich an, dieses leibliche Leben zu verlassen und das zukünftige zu ergreifen, so daß es sich also um einen richtigen und leiblichen Übergang aus dieser Welt zum Vater handelt.

      Darum sollen wir uns vor denen hüten, welche die Kraft der Taufe so klein und so gering machen, daß sie sagen, die Gnade werde zwar in der Taufe eingegossen, aber nachher durch die Sünde fahrengelassen; dann müßte man auf einem anderen Weg, gleich als wenn die Taufe jetzt ganz ungültig gemacht wäre, zum Himmel gehen. So sollst du nicht urteilen, sondern die Bedeutung der Taufe so verstehen, daß du durch sie stirbst und lebst; deswegen kannst du weder durch die Buße noch auf sonst einem anderen Weg zurückkehren als allein zur Kraft der Taufe, und wiederum das tun, was zu tun du getauft worden bist und was deine Taufe bedeutet. Die Taufe wird niemals ungültig, du verzweifelst denn und willst nicht zu deinem Heile zurückkehren. Du kannst wohl eine Zeitlang vom Zeichen (der Taufe) abirren, aber darum ist das Zeichen nicht ungültig. Du bist also einmal mit dem Sakrament getauft, aber du mußt immer durch den Glauben getauft werden, allezeit sterben und wieder leben. Die Taufe hat den ganzen Leib gleichsam verschlungen und wieder herausgegeben; so soll auch die Kraft der Taufe dein ganzes Leben mit Leib und Seele verschlingen und wieder herausgeben am Jüngsten Tage, angetan mit dem Kleide der Verklärung und der Unsterblichkeit. Deshalb sind wir niemals ohne die Kraft und ohne das Zeichen der Taufe, sondern müssen allezeit mehr und mehr getauft werden, bis wir das Zeichen am Jüngsten Tage vollkommen erfüllen.

      Du verstehst nun, daß alles, was wir in diesem Leben tun und was dazu dient, das Fleisch zu töten und den Geist lebendig zu machen, zu der Taufe gehört. Je kürzer wir vom Leben befreit werden, um so schneller erfüllen wir unsere Taufe, je Schwereres wir leiden, um so vollkommener werden wir unserer Taufe gleichförmig. Deshalb war die Kirche auch zu der Zeit im besten Stand, als täglich Märtyrer getötet und wie Schlachtschafe geachtet wurden. Denn damals herrschte in der Kirche mit allem Nachdruck die Kraft der Taufe, die wir jetzt vor der Unzahl der Werke und Menschenlehren gar nicht mehr kennen. Denn alles, was wir leben, soll Taufe sein und das Zeichen oder Sakrament der Taufe erfüllen, wenn wir von allem anderen befreit allein der Taufe geweiht sind, d. h. dem Tode und der Auferstehung.

      Vielleicht wird man meinen Worten die Kindertaufe entgegenhalten: die Kinder verstünden die Verheißung Gottes nicht, könnten auch den Glauben der Taufe nicht haben; deshalb würde entweder der Glaube nicht gefordert oder die Kinder würden vergebens getauft. Hier sage ich, was alle sagen, daß den Kindern mit dem fremden Glauben derer zu Hilfe gekommen werde, die sie zur Taufe bringen. Denn wie das Wort Gottes, wenn es erschallt, fähig ist, auch eines Gottlosen Herz zu verändern, das doch nicht weniger taub und unempfänglich ist als irgendein kleines Kind, so wird durch das Gebet der Kirche, welche das Kind darbringt und den Glauben hat, dem alle Dinge möglich sind, auch das kleine Kind durch den eingegossenen Glauben verändert, gereinigt und erneuert. Ich möchte auch nicht daran zweifeln, daß selbst ein erwachsener Ungläubiger, wenn diese Kirche (für ihn) betete und ihn Gott darbrächte, durch ein jedes Sakrament verändert werden könnte, wie wir es von dem Gichtbrüchigen im Evangelium (Matth. 9, 1 ff.) lesen, der durch den Glauben anderer gesund gemacht worden ist. Und aus diesem Grunde will ich gern zugeben, daß die Sakramente des neuen Gesetzes kräftig sind, die Gnade nicht allein denen zu geben, die dem keinen Riegel vorschieben, sondern auch denen, die das aufs hartnäckigste tun. Denn was sollte wohl der Glaube der Kirche und das Gebet des Glaubens nicht hinwegnehmen, da man doch glaubt, daß Stephanus den Apostel Paulus mit dieser Kraft bekehrt habe? Aber dann wirken die Sakramente solches nicht aus eigener, sondern durch die Kraft des Glaubens, was sie wirken, ohne den sie, wie ich gesagt habe, gar nichts wirken.

      Eins füge ich hier noch hinzu, und wollte Gott, ich könnte alle dazu überreden: daß alle Gelübde sämtlich aufgehoben oder vermieden würden, mag es sich dabei um Klostergelübde, um Gelübde zu einer Wallfahrt oder zu anderen Werken handeln, und daß wir in der allergeistlichsten und überaus wirksamen Freiheit der Taufe blieben. Es ist nicht zu sagen, wieviel dieser mehr als zuviel verbreitete Gelübdewahn der Taufe Eintrag tut und das Wissen um die christliche Freiheit verdunkelt, ganz zu schweigen von den unsagbaren, unzähligen Gefahren für die Seele, welche diese Sucht Gelübde abzulegen und die unbedachte Unbesonnenheit täglich mehr und mehr häuft. O ihr ruchlosen Bischöfe und ihr unseligen Hirten, die ihr in falscher Sicherheit schnarcht und eure Leidenschaften pflegt und euch nicht um den großen und sehr gefährlichen ›Schaden Josephs‹ kümmert (Amos 6, 6),

      Hier sollte man mit einer allgemeinen Anordnung entweder alle Gelübde aufheben, insbesondere die auf Lebenszeit und jedermann wieder zum Taufgelübde zurückrufen oder fleißig dazu ermahnen, daß niemand unbesonnen etwas gelobte, niemanden dazu auffordern, ja schwer zugänglich und langsam sein, Gelübde zuzulassen. Denn wir haben in der Taufe genug gelobt – mehr als wir erfüllen können – und werden genug zu schaffen haben, wenn wir nur dieses einzige Gelübde halten wollen. Aber jetzt ›durchziehen wir Wasser und Land, damit wir viele Proselyten gewinnen‹ (Matth. 23, 15), wir füllen die Welt mit Pfaffen, Mönchen und Nonnen, und alle diese kerkern wir mit ewigen Gelübden ein. Hier findet man Leute, die disputieren und behaupten, ein Werk innerhalb eines Gelübdes sei besser als ein Werk, das außerhalb eines und ohne ein Gelübde getan wird, und sei – ich weiß nicht, um wie großer Belohnungen im Himmel willen – anderen vorzuziehen. O diese blinden und gottlosen Pharisäer, die an der Größe, an der


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